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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Fürsten und ließen sich so selbstverstän d lich auf den Klinen nieder, als seien sie es schon lange gewohnt, auf diese ungewöhnliche Art zu tafeln. Volker dachte an den Hof zu Worms und daran, was Königin Ute wohl dazu sagen würde, wenn er ihr vorschlagen würde, ein solches Festmahl nach römischem Vorbild abzuhalten. Der Spielmann grinste. Vermutlich würde sie noch wesentlich drastischere Worte für diese heidnischen Verrücktheiten finden, als Golo es getan ha t te.
    Volker griff nach seinem Pokal und nahm einen tiefen Schluck. Dabei fiel sein Blick auf das Mosaik unter dem Tisch. Es zeigte einen Krieger mit Schwert, der einen mächtigen Stier niederstach.
    Kretischer Wein, Stiermosaiken … War er wirklich noch in e i ner kleinen, halb verfallenen Stadt am Rhein? Der Spielmann dachte an die Reiter mit den eisernen Masken und die Tru p penparade auf dem Platz vor dem Palast. Alles hier war fremd, so als sei er in eine andere Welt hineingeraten. Doch war dies nicht ein gutes Omen für die Suche nach einem wunderbaren Vogel, von dem jeder vernünftige Mensch behauptete, daß er nur in den Geschichten der Märchenerzähler existierte.

    »Wir sollten hier so schnell wie möglich verschwinden«, flüste r te Golo heiser.
    »Warum? Das war doch ein wunderbares Fest!« Volker stüt z te sich an der Wand des langen Flurs ab. Er hatte Mühe, sich noch auf den Beinen zu halten. Soweit Golo gesehen hatte, mußte sein Freund mindestens zwei Krüge von dem schweren, kretischen Wein getrunken haben.
    »Leise!« zischte der junge Ritter ärgerlich. Der Diener, der sie zu ihren Gemächern bringen sollte, hatte sich bereits nach ihnen umgedreht. Es war ein kleiner untersetzter Mann, der ihnen mit einer Öllampe, auf der drei Flammen brannten, in dem dunklen Gang voranging.
    »Warum sollte ich leise sein?« grölte der Spielmann. »Die ganze Welt darf wissen, was ich von diesem Fest halte! Es war … « Volker hob seine Arme in großer Geste zur Decke hin. »Es war … großartig. Bacchos selbst hätte kein prächtigeres Fest ausrichten können, obwohl ich sagen muß … , daß ich Mänaden und Flötenspielerinnen … vermißt habe. Ein wenig Tanz wäre auch … « Der Spielmann versuchte, auf einem Bein den Gang hinaufzuhüpfen, verlor das Gleichgewicht und torkelte kr a chend gegen eine Tür.
    Golo fing ihn auf, bevor Volker zu Boden stürzte. »Wir reden morgen weiter, du Stolz der christlichen Ritterschaft.«
    »Stolz … Jawohl, das bin ich.« Volker rollte mit den Augen und fing dann an zu lachen. »Weißt du, was das Problem mit dir ist? Du kannst dich einfach nicht amüsieren, Golo. Den ga n zen Abend hast du ein Gesicht gemacht, als würdest du am T o tenbett deiner Mutter sitzen … Du beleidigst unseren Gastg e ber … «
    »Dafür hast du meine Verfehlungen dann ja mehr als ausg e glichen. Hast du die Frau an der Weide vergessen? Ricchar mag dich vielleicht mit gelehrten Reden umgarnen, aber in meinen Augen ist er immer noch ein blutdürstiger Barbar. Wir sollten diese Stadt so schnell wie möglich verlassen. Ist dir aufgefallen, daß nicht ein einziger Geistlicher bei dem Fest zugegen war? Das ist kein gutes Zeichen!«
    Volker kicherte. »Das war ja auch nicht gerade ein Kirche n fest. Stell dir vor, der Bischof zu Worms hätte so einem Fest am Hof von Gunther beiwohnen müssen … Dem wären die Perlen aus seiner Mitra gefallen vor Entsetzen. Der gute Fredegar … Jeder weiß, daß er ein Säufer ist, aber von der Kanzel predigt er so ergreifend gegen dieses Laster, als habe er noch niemals e i nen Weinpokal in Händen gehalten. Dabei läßt er sich den Meßwein mit Schnaps versetzen, weil er ihm sonst zu fade ist. Ricchar hat solche doppelzüngigen Kleingeister von seinem Hof verbannt. Ich kann darin nichts Falsches sehen.«
    »Hier ist das Gemach für den erlauchten Barden«, murmelte der Diener, öffnete eine Tür und wies mit dem Licht in eine große Kammer, in der ein Bett, ein mit prächtigen Intarsien ve r zierter Tisch und zwei hochbeinige Stühle standen. »Für den Herrn Ritter gibt es ein zweites Gemach, das an dieses hier a n grenzt.«
    Golo musterte den kleinen Kerl. Er hatte den Eindruck, daß etwas Heimtückisches in der Stimme des Dieners lag. Oder amüsierte der Kerl sich nur über den Zustand Volkers?
    Der junge Ritter hatte sich Volkers rechten Arm um die Schu l ter geschlungen und brachte den Spielmann bis zum Bett. »Laß mich in Morpheus Schoß ruhen«, lallte der Barde. »Morgen werden

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