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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Volker war sich nicht im klaren darüber, was seinen Freund an Ricchar störte, doch würde es noch ein schlimmes Ende nehmen, wenn er sich weiterhin derart im Ton vergriff. Die meisten burgund i schen Adeligen, die Volker kannte, hätten angesichts solcher Frechheiten schon längst die Gesetze der Gastfreundschaft ve r gessen.
    »Wenn der Burgundenkönig dir zuwenig Sold zahlen sollte, wärest du mir stets unter meinen Reitern willkommen. Ich brauche Männer wie dich, die frei denken und sich vor nichts fürchten. Ich würde dich im Rang eines Decurios in meine Truppen aufnehmen und eine Turma deinem Kommando u n terstellen. Glaubst du, du könntest zweiunddreißig Reiter kommandieren?«
    Golo räusperte sich verlegen. »Ich habe Gunther die Treue g e schworen! Ich kann seinen Dienst ohne seine Zustimmung nicht verlassen. Willst du meine Treue auf die Probe stellen? Warum machst du mir ein solches Angebot?«
    »Weil ich einen Mann unter meinen Offizieren haben möchte, der die Rechte der Bauern achtet. Ich weiß, daß du mich nicht magst, Golo, aber es ist mir gleichgültig, was du denkst. Deine Dienste können mir nützlich sein, und das ist alles, was zählt. Ich will kein neuer Alexander oder Cäsar sein, so wie es mir meine Feinde am Königshof vorwerfen. Was heißt es schon, ein großer Eroberer zu sein … Es geht um mehr! Das Reich der R ö mer ist zerschlagen, die germanischen Stämme untereinander zerstritten. Wir haben vieles falsch gemacht, als wir die Römer vertrieben haben. Sieh dir nur diese Stadt an. Hier haben einst viele tausend Menschen gelebt. Jetzt sind es nur noch ein paar hundert. So sieht es überall im Land aus. Wir brauchen eine starke Armee, sie ist der Schlüssel dazu, uns eine bessere Z u kunft zu schaffen. Doch es geht nicht darum, irgendwelche Städte zu brandschatzen und mit reicher Beute hierher in die Ruinen zurückzukehren. Wir müssen wieder aufbauen, was unsere Ahnen zerstört haben. Merowech ist ein starker König. Mit der richtigen Armee könnten wir ein Frankenreich erric h ten, das sich, so wie einst das Reich der Römer, über die ganze Welt erstreckt. Nur wenn wir es wagen, groß zu denken, kö n nen wir auch große Dinge erreichen!
    Jeder Bauer aber, der getötet wird, ist eine Niederlage. Jede Ähre, die auf dem Feld verdorrt, eine verlorene Schlacht. Es sind die Bauern und Handwerker, die letzten Endes darüber entscheiden, ob meine Vision von einem Reich, wie es einst b e standen hat, Wirklichkeit werden kann. Deshalb brauche ich Männer wie dich, Golo. Anführer, die stets auch das Wohl der Bauern im Auge haben und dafür Sorge tragen, daß nicht ein Gehöft geplündert wird, wo meine Soldaten ihre Schlachten schlagen. Wenn dies gelingt, dann werden auch wir eines Tages wieder Wasser über hundert Meilen aus den Bergen in die Stä d te leiten. Wir werden Theater haben, in denen Tausende den Werken unserer Dichter lauschen, und, was das wichtigste ist, kein Bauer in diesem Reich müßte sich fürchten, daß eines T a ges die Hunnen oder irgendwelche anderen Plünderer den r o ten Hahn auf den Giebel seines Gehöfts setzen. Was ich will, ist eine Pax Germanica, die uns allen Frieden und Wohlstand bringt.«
    Volker traute seinen Ohren kaum. Jeden anderen, der ihm so l che Pläne dargelegt hätte, hätte er für wahnsinnig gehalten. Doch Ricchar machte den Eindruck, als wisse er, wovon er sprach. Er war kein Irrer, der irgendwelchen Phantasien nac h hing. Der Frankenfürst galt als Merowechs bester Kriegsherr, und wenn er tausend Reiter haben wollte, dann würde der K ö nig sie ihm sicherlich überlassen. Welches Risiko ging Merowech dabei auch ein! Ricchar war noch niemals besiegt worden! Er hatte die Macht, seine kühnen Ideen zu verwirkl i chen! Ein Reich des Friedens zu errichten … Welch eine Vision! Doch was würde mit den anderen germanischen Königreichen geschehen? Sicherlich wäre Burgund eines der ersten Opfer des fränkischen Eroberungszuges.
    »Du sagtest, du willst ein Königreich wie das der Römer e r richten«, meldete sich Golo zu Wort. »Und du willst so wie sie Wasser über fast hundert Meilen auf Brücken aus den Bergen hierherbringen, weil dies in deinen Augen eine große Tat war. Ich frage dich, Ricchar, was machte das für einen Sinn? Castra Bonna liegt an einem Fluß, der niemals versiegt. Wozu muß man solchen Aufwand treiben, Wasser hierher zu bringen, wenn es einem vor den Füßen fließt? Was war das für ein Volk, das so viel Kraft in so

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