Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst
wir weiterreden.«
»Schon gut.« Golo setzte Volker auf den Rand des Bettes und zog ihm die Stiefel aus.
»Brauchen die erlauchten Herren noch meine Dienste?«
»Bring einen Eimer und einen Krug mit frischem Wasser her! Ich glaube, mein Freund wird das diese Nacht noch brauchen. Und dann stell ein Licht auf den Tisch dort drüben, das bis zum Morgengrauen brennt. Er soll sehen können, wo er sich befi n det, wenn er wach wird.«
»Wie Ihr befehlt, Herr!« Der Diener verbeugte sich knapp und verschwand auf den dunklen Gang. Seine Öllampe hatte er auf dem Tisch stehen lassen.
Volker war nach hinten auf das Bett gesunken und schnarchte leise. Golo betrachtete ihn eine Weile. Im weichen Licht der Ö l lampe waren die Falten in den Mundwinkeln des Spielmanns verschwunden. Er konnte Volker nicht lange böse sein. Seit den Ereignissen in den Sümpfen Aquitaniens hatte sich der Spie l mann von Grund auf verändert. Golo wünschte ihm, daß er den Feuervogel finden würde, damit er endlich Gewißheit über das Schicksal der Morrigan erlangte. In der letzten Nacht, als sie am Ufer des Rheins schliefen, hatte er Volker den Namen der heidnischen Priesterin im Schlaf flüstern hören. Sie ließ ihn nicht mehr los … Vielleicht hatte sie ihn ja verflucht?
Vor der Tür erklangen Schritte. Der Diener kehrte zurück. Ohne ein Wort stellte er einen hölzernen Eimer und einen Wa s serkrug neben das Bett. Dann trat er einen Schritt zurück und blickte Golo erwartungsvoll an.
»Du kannst gehen. Ich werde alleine den Weg in meine Kammer finden. Danke.«
Der kleine Mann verneigte sich knapp. »Wie Ihr meint, Herr.« In der Tür blieb er noch einmal stehen und blickte zurück.
»Ja?« fragte Golo ärgerlich. Er wollte allein sein.
Der Diener räusperte sich verlegen. »Es geht mich ja nichts an, aber ich habe Euch eben über einen Bischof reden hören. Nicht, daß ich lauschen wollte, Herr … Ihr spracht so laut, daß es mir unmöglich war, das Gesagte zu überhören.«
»Und?«
»Es wäre klüger, wenn Ihr in Gegenwart des Grafen und se i ner Gefolgsleute nicht von Kirchenmännern sprecht.«
Golo richtete sich auf und musterte den kleinen Kerl mißtra u isch. Der Mann hatte flachsblondes Haar und ein breites, ehrl i ches Gesicht. »Was willst du damit sagen?«
»Nichts. Nur, daß man hier Kirchenmänner nicht sonderlich zu schätzen weiß und … Hütet Euch, daß Ihr in diesen Mauern Euer Seelenheil nicht verliert.« Der Diener blickte ängstlich auf den Gang hinaus.
Einen Moment lang glaubte Golo, ein Geräusch wie von leisen Schritten zu hören. Dann war es wieder still. »Wie meinst du das? Ein Gelage wie an diesem Abend ist zwar gewiß nicht gottgefällig, doch warum sollte unser Seelenheil in Gefahr sein?«
»Ich habe schon zu viel gesagt«, flüsterte der Mann ängstlich. »Ich muß nun gehen.« Er verneigte sich ein wenig linkisch und eilte dann mit langen Schritten den Gang hinab.
Golo deckte den Spielmann zu und ging zu seiner Kammer. Dabei klangen ihm immer wieder die Worte des Dieners in den Ohren. Hütet Euch, daß Ihr in diesen Mauern Euer Seelenheil nicht verliert. Was mochte der Kerl damit nur gemeint haben?
2. KAPITEL
eht Euch das nur an!« Der Frankenfürst zeigte auf ein paar g e mauerte Bögen, die im rechten Winkel auf die Stadtmauer tr a fen. »Sie haben meilenlange Brücken gebaut, auf denen sie das Wasser aus den Bergen in die Städte leiteten. Hunderte von Mä n nern müssen ein Leben lang daran gearbeitet haben. Für sie war nichts unmöglich … «
»Und dennoch haben unsere Ahnen sie von hier vertrieben.« Volker kannte die Bauwerke der Römer. Auch seine Heima t stadt Alzey war einst eine ihrer Garnisonen gewesen, und auch dort gab es noch viele Ruinen, die an die Pracht der vergang e nen Zeiten erinnerten.
»Du hast recht, mein Freund. Sie sind schwach geworden. Deshalb konnten wir sie besiegen. Die ganze Welt hatte sich gegen sie erhoben. Und doch dauert selbst ihr Untergang schon mehr als ein Jahrhundert, und noch sind sie nicht endgültig besiegt.«
Golo schnaubte verächtlich. »Was ist von ihrer Größe schon geblieben? Heute winseln ihre Gesandten am Hof des Hunne n königs um Gnade, damit er Italien verschont. Was nutzt es, wenn man die Kunst beherrscht, Wasser viele Meilen über Br ü cken laufen zu lassen, aber nicht mehr in der Lage ist, seine Städte zu verteidigen.«
Ricchar lachte. »Du hast recht, Golo. Viele meiner Reiter de n ken ähnlich. Für das, was von ihnen
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