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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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brechender Äste zu hören. Er riß das Schwert aus der Scheide und warf sich herum. Er hatte ein Rudel Rehe aufgescheucht, das mit weiten Sprüngen in Richtung der Rodung davoneilte. Dann wechselten sie abrupt die Richtung, als Golo mit dem Schwert in der Hand aus dem Morgendunst trat.
    »Was ist passiert?«
    »Mechthild. Sie hat geschrien. Sie muß hier irgendwo ganz in der Nähe sein.« Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wandte Volker sich ab. Warum antwortete das Mädchen nicht? Was mochte ihr nur geschehen sein? Wenn sie ein wildes Tier ang e fallen hätte, würde man Schreie oder das Knurren der Bestie hören. Diese Stille … Volker schluckte und beschleunigte seine Schritte. Das Unterholz wurde lichter. Der Wald bestand hier fast ausschließlich aus Buchen. Ihre schlanken Stämme wirkten fast wie die Säulen eines Tempels. Die Dunstschwaden waren hier dichter. Einen Moment lang glaubte Volker, ein leises Wimmern zu hören. Dann war es wieder still.
    Der Barde gab Golo ein Handzeichen, sich etwas links von ihm zu halten. Das Schwert bereit zur Verteidigung gehoben, trat Volker weiter in den Buchenforst. Seine Nackenhaare ric h teten sich auf. Ein Schauer lief ihm über Rücken und Arme. Er hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Sein Mund war wie ausgetrocknet. Vorsichtig drehte er sich einmal um die eigene Achse. Das graue Licht und der Nebel erlaubten kaum weiter als zwanzig Schritt zu sehen.
    Jetzt konnte er ein Stück voraus eine Gruppe seltsam ve r wachsener junger Bäume erkennen. Wieder ertönte das leise Wimmern.
    »Mechthild?«
    Das Jammern wurde lauter. Volker hastete vorwärts. Ein g e stürzter Baumriese versperrte den Weg. Die dichten erdve r krusteten Wurzeln der Buche hatten ein klaffendes Loch im Waldboden zurückgelassen. Dort kauerte Mechthild. Sie hatte sich zusammengerollt und verbarg den Kopf zwischen den Knien.
    »Was ist gesch … « Dem Spielmann blieb das Wort im Halse stecken. Jetzt erkannte er, was das Mädchen erschreckt hatte. Die seltsam verwachsenen Bäume … Ein Stück voraus hatte j e mand die Kronen von einigen jungen Buchen gekappt und auf den dünnen Stämmen die Leichen von sieben Kriegern g e pfählt.
    Volker stieg in die Grube hinab und nahm das Mädchen in die Arme. »Ist gut, meine Kleine. Ich bin jetzt bei dir und werde dich beschützen … «
    Mechthild war verstummt. Sie krallte ihre Hände in seine Arme, so, als hinge ihr Leben davon ab, ihn nie wieder losz u lassen. Eine ganze Weile verging, bis ein leises Räuspern Volker aufblicken ließ. Golo stand neben dem entwurzelten Baum und blickte zum ihm herab. »Da ist etwas, das du dir ansehen sol l test.«
    »Was denn … «
    »Mir scheint, es sind Sachsen und … Es ist besser, wenn du das Mädchen nicht mitnimmst, weil … « Golo schluckte. »Ich glaube, einer von den Kerlen lebt noch.«
    Der Spielmann löste sich sanft aus dem Griff des Mädchen. Noch immer gab Mechthild keinen Laut von sich. Ihre Zöpfe hatten sich gelöst, und ihr langes, braunes Haar hing ihr in bre i ten Strähnen ins Gesicht. Mit angstweiten grünen Augen blickte sie Volker an. Der Spielmann schluckte. Er fühlte sich elend. Wie hatte er darüber nachdenken können, sie und Golo im Stich zu lassen.
    »Mein Freund wird bei dir bleiben … Ich komme gleich wi e der.«
    Mechthilds Blick war ein stummes Flehen, zu bleiben.
    »Es dauert nicht lange.« Volkers Stimme klang heiser. Er kle t terte aus der flachen Grube und trat zu den Toten. Mitten zw i schen ihnen lag auf einem Baumstumpf ein abgetrennter Wil d schweinkopf. Der Eber! Diese Morde waren sein Werk.
    Die meisten der Männer mußten schon tot gewesen sein, als man sie auf die jungen Baumstämme gespießt hatte. Sie trugen Wunden von Pfeilen. Man hatte die Geschosse wieder aus ihren Körpern gezogen, um die kostbaren eisernen Pfeilspitzen z u rückzugewinnen. Nur einem der Krieger steckte noch ein abg e brochener Schaft in der Brust. Die Kleider der Toten waren ze r rissen. Man hatte ihnen alles geraubt, was von Wert gewesen sein mochte. Waffen, Gürtel, Gewandfibeln und Ringe. Mit Ausnahme eines Rothaarigen waren sie alle blond. Sie trugen nach sächsischer Manier die langen Haare zu Zöpfen gefloc h ten. Die Wickelgamaschen aus ungegerbtem Leder, die kurzen Umhänge aus grauem Wolfspelz, all dies verriet, daß sie keine Franken sein konnten.
    Volker dachte an das Gespräch, das Golo belauscht hatte. Der Bote hatte Ricchar gesagt, er habe ein Rudel Wölfe auf die Spur des Ebers

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