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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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ein Windstoß durch die Äste der Buchen, und das Trugbild war verschwunden.
    Plötzlich war dem Barden kalt. Ein Trugbild! Die alten Götter gab es nicht wirklich … Allein der Christengott regierte in di e ser Welt.
    Der Ausdruck des Schmerzes war vom Gesicht des Sachsen gewichen. Seine Züge hatten sich entspannt, und um seine Li p pen spielte sogar der Hauch eines Lächelns. Hatte auch Aelfre das bärtige Gesicht gesehen?
    Volker legte dem jungen Krieger vorsichtig die Hand auf die Brust. Das Herz des Sachsen schlug nicht mehr. Er war als He i de gestorben, und seine Seele würde nun den langen Weg der Verdammnis antreten. Ob es wohl jemals jemanden gegeben hatte, der versuchte, Aelfres Seelenheil zu retten? Jemanden, der von der Güte des Christengottes zu ihm gesprochen hatte. Volker neigte sein Haupt und faltete die Hände zum Gebet.

5. KAPITEL

    rei Tage lang hatte ihr Weg sie in die Berge g e führt, und mit ihnen war der Regen nach Westen gezogen. Kaum einer Me n schenseele waren sie unterwegs begegnet. Da waren ein Köhler und seine Familie, ein Waldbauer und ein Jäger gew e sen und ein paar Reisende … Keiner von ihnen hatte vom Fe u ervogel gehört. Zumindest behaupteten sie das. Die Leute in den Bergen waren ein verschlossener Menschenschlag. Sie bli e ben den Gefährten gegenüber mißtrauisch, und Golo war sich sicher, selbst wenn der Feuervogel noch in der Nacht zuvor auf dem Giebel ihrer armseligen Hütten gesessen hätte, daß sie es Fre m den gegenüber leugnen würden. Doch vielleicht gab es die Kr e atur ja auch wirklich nicht …
    Nach dem Buchenhain mit den Gepfählten waren sie auf ke i ne weiteren Spuren des Ebers gestoßen. Offenbar hatten sich der Räuber und seine Gefolgschaft in irgendein unzugängliches Tal zurückgezogen. Noch immer lastete dieser schreckliche Morgen auf ihnen. Mechthild hatte seitdem kein Wort mehr gesprochen. Es war ganz so, als habe der Anblick der geschu n denen Toten ihr die Zunge im Mund verdorren lassen. Volker hatte sich alle Mühe gegeben, sie den Schrecken vergessen zu lassen. Er hatte für sie gesungen und ihr stundenlang Geschic h ten erzählt, doch nichts vermochte ihr Schweigen zu brechen. Und so hatte sich schließlich die Stille wie ein böser Fluch auf die Gruppe gelegt. Jeder hing seinen Gedanken nach, und es waren allein der monotone Hufschlag auf der gepflasterten Straße und der tausendstimmige Gesang der Waldvögel zu h ö ren.
    Vor ihnen auf einer langgezogenen Hügelkuppe erhob sich eine kleine Stadt, Icorigium. Sie war von einer graubraunen Mauer umgeben, der man deutlich die Narben noch nicht allz u lange zurückliegender Belagerungen ansah. An zwei Stellen, wo Breschen in die Mauer geschlagen worden waren, hatte man hölzerne Palisaden errichtet. Massive halbrunde Türme verstärkten in Abständen von vielleicht zwanzig Schritt die Verteidigungsanlagen. Der Köhler, bei dem sie die letzte Nacht verbrachten, hatte ein wenig über Icorigium erzählt. Es war e i ne Stadt der Schmiede und Bergleute. Eisenminen hatten die Siedlung reich gemacht, und Graf Ricchar ließ hier einen gr o ßen Teil der Waffen und Rüstungen für seine Krieger schmi e den.
    Dunkle Rauchfahnen stiegen hinter den hohen Mauern auf und wurden vom rauhen Wind zerpflückt. Auf den Hügelfla n ken schimmerten golden die Stoppeln abgeernteter Weizenfe l der. Golo stutzte. Irgend etwas stimmte hier nicht. Er drehte sich im Sattel um und ließ den Blick über die dunklen Wal d ränder und die abgeholzten Hügelflanken schweifen. Keine Menschenseele zeigte sich. Und das, obwohl die Stadt Hunde r te von Einwohnern haben mußte.
    Unter dem Torbogen am Ende der Straße blinkte fahles So n nenlicht auf poliertem Stahl. Der junge Ritter schirmte die A u gen ab. Das Stadttor war geöffnet. Zwei Wachen standen dort.
    Mit leichtem Schenkeldruck brachte der junge Ritter seine St u te näher zu Volkers Grauem hinüber.
    »Wollen wir dort wirklich hinauf? Ich hab ’ kein gutes Gefühl bei der Sache.«
    Der Spielmann zuckte mit den Schultern. »Dort wird es wa r me Quartiere geben … Außerdem werden wir in der Stadt s i cherlich jemanden finden, der den Feuervogel gesehen … oder zumindest von ihm gehört hat.«
    Golo räusperte sich. Einen Augenblick lang überlegte er, ob es möglich wäre, seinen Kameraden doch noch zu überzeugen. Dann verwarf er den Gedanken. Volker war ein Dickkopf. Er hatte beschlossen, in Icorigium Quartier zu nehmen, und er würde es tun …
    Sie hatten das

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