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Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst

Titel: Nibelungen 08 - Der Ketzerfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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dann mochte ihm auf dieser Reise Schlimmeres widerfahren, als nur sein L e ben zu verlieren.

    Blinzelnd erhob sich Volker und sog den Geruch des Feuers ein. Die Pferdedecke lag schwer und klamm auf seinen Schultern. Keinen halben Schritt entfernt schwelte ein kleines Feuer. J e mand hatte ein wenig Reisig in die Glut vom Vorabend g e schüttet und darüber kunstvoll dünne Äste aufgeschichtet. Zu seiner Linken lag sein zusammengeknüllter Umhang. Mech t hild hatte die kleine Schutzhütte verlassen. Vermutlich suchte sie nach Holz für das Feuer oder ein paar Waldbeeren zum Frühstück.
    Gähnend streckte Volker seine steifen Glieder und rutschte ein Stück näher zum Feuer. Die Narbe von dem Pfeil, der ihn letztes Jahr in den Sümpfen Aquitaniens erwischt hatte, schmerzte. Wenn der Rauch und das Feuer erst einmal die Feuchtigkeit aus seinen Kleidern vertrieben hatten, würde es besser werden. Er rieb seine schwieligen Hände über den Flammen und blickte zu Golo. Sein Gefährte hatte im Schlaf seinen Umhang zur Seite gestreift. Der Mund des jungen Ritters stand halb offen, und er atmete schwer. Was er jetzt wohl träumte? Ob es gut war, ihn auf diese Reise mitgenommen zu haben? Am Hof zu Worms fühlte er sich nicht wohl. Die Adl i gen und Ritter dort duldeten ihn mehr, als daß sie ihn als ihre s gleichen akzeptierten. Als ehemaliger Bauernsohn würde er dort immer ein Außenseiter bleiben. Ihm war es allemal lieber, an der Seite Volkers in irgendwelche verrückten Abenteuer zu reiten. Der Spielmann lächelte melancholisch. Dennoch würde er Golo vielleicht bald zurücklassen müssen … und auch das Mädchen. Gestern nacht, als die Kleine schon geschlafen hatte, waren sie auf die Lichtung hinausgegangen und hatten darüber gesprochen, wie es weitergehen sollte, und Golo hatte recht. Es wäre verantwortungslos, Mechthild einem Winter hier in den Bergen auszusetzen.
    Wieder blickte Volker zu seinem schlafenden Gefährten. Vie l leicht sollte er sich eines Nachts einfach davonschleichen. Er konnte sich auf Golo verlassen. Der junge Ritter würde sich um das Mädchen kümmern. Gewiß würde er nicht eher ruhen, bis er ein gutes Heim für die Kleine gefunden hatte. Auch wenn er gestern noch darüber geflucht hatte, daß sie Mechthild übe r haupt mitgenommen hatten, war sich der Spielmann sicher, daß Golo sie nicht in Stich lassen würde. Das Grollen und sein brummiges Wesen waren halt seine Art, seinen Sorgen Au s druck zu geben.
    Volker seufzte. Heute mußte er noch keine Entscheidung tre f fen. Er würde noch ein paar Tage warten. Langsam wurde ihm wärmer. Sie hatten Glück gehabt, daß sie gestern abend noch kurz vor Einbruch der Dämmerung die verlassene Köhlerhütte entdeckt hatten. Sie lag keine zehn Schritt von der Straße unter ein paar hohe Kiefern geduckt am Rand eines weiten Kah l schlags. Es war nur eine schlichte Unterkunft mit Wänden aus ineinandergeflochtenen Zweigen und einem Dach aus dicken Grassoden, doch es war allemal besser, hier zu schlafen, als vö l lig ungeschützt unter einem Baum zu liegen. Die Hütte hatte nur drei Wände. Die ganze Vorderseite war offen. Man sah auf die Lichtung, die die Köhler in den Wald geschlagen hatten. Die Sonne war noch nicht aufgegangen, doch war der Wald schon in jenes graublaue Zwielicht getaucht, das den kommenden Tag ankündigt. Zerrissene Nebelschleier lagen über der Lichtung und wogten zwischen den schwarzen Wurzelstümpfen. Überall aus den Bäumen und Büschen ringsherum erklang das Zirpen und Zwitschern von Vögeln. Der Spielmann grinste. Jetzt feh l ten nur noch eine schöne Jungfer und ein munter plätscherndes Bächlein, dann hätte man alle Bestandteile des locus amoenus aus der Theorie der Minnedichtung beisammen. Er hatte nie sehr viel von den ehernen Regeln der Dichtkunst gehalten. Ließ Schönheit sich in Gesetzmäßigkeiten fassen? Nein! Solche R e geln waren etwas für jene Dichter, denen wahre Kunst auf i m mer verschlossen blieb …
    Ein Schrei riß Volker aus seinen Gedanken. Mechthild! Mit e i nem Satz war er auf den Beinen und griff nach seinem Schwert, das gegen die Wand der Hütte lehnte. Mit einem Schlag waren alle Vogelstimmen ringsherum verstummt. Der Wald wirkte jetzt dunkel und unheimlich. Immer wieder den Namen des Mädchens rufend, hastete Volker durch das dichte Unterholz. Wie die Hände von Kobolden griffen Dornenranken und ve r schlungene Wurzeln nach seinen Beinen und Füßen. Rechts von ihm war plötzlich das Geräusch

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