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Nibelungenmord

Nibelungenmord

Titel: Nibelungenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Merchant
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sich. Sie mögen doch Grüntee? Er macht wach, zumindest hoffe ich das immer.« Ihr Lachen klang beinahe verzweifelt.
    Auf dem freien Stuhl lag eine kleine hellblaue Strickjacke. Nach kurzem Zögern setzte Elena sich darauf.
    »Ein Mord. So etwas liest man sonst immer nur in der Zeitung und denkt, es wäre ganz weit weg und würde auch weit weg bleiben.« Anita Lärch ließ den Teebeutel in ihrer Tasse hüpfen und presste die farblosen Lippen zusammen. Ihr Gesicht war ungeschminkt, und sie hatte die Haare mit einem Küchengummi im Nacken zusammengebunden.
    »Ich habe sie an dem Morgen noch gesprochen. Eine meiner Schülerinnen aus der Sieben hat bei ihr im Biotest geschummelt und dafür einen Eintrag bekommen. Ich bin Klassenlehrerin.«
    Elena nickte, bemüht, der sprunghaften Erzählung zu folgen. »Und was wollte Frau Koller von Ihnen?«
    »Nichts!« Die Augen der Lehrerin wurden rund. »Ich hatte sie nur gebeten, dass sie dem Mädchen keinen Tadel gibt. Josephine war schon öfter auffällig gewesen, und sie hatte wohl die Faxen dicke, wie man so sagt.«
    Lautes Kinderlachen drang durch das geschlossene Küchenfenster. Es zeigte einen winzigen, von kahlen Sträuchern begrenzten Garten, der ganz von einem riesigen Trampolin eingenommen wurde. Etwa ein halbes Dutzend eingemummelter Kinder tollte darauf herum.
    »Alles in Ordnung, den Kindern kann nichts passieren. Das Trampolin hat ein Netz«, beschwichtigte Frau Lärch, die Elenas Blick offenbar missverstanden hatte.
    Elena nickte der Einfachheit halber.
    »Wenn sie den Tadel tatsächlich geben würde, bekäme Josephine eine Klassenkonferenz«, erklärte Lärch. Ein Lächeln erhellte jetzt ihre fahlen Züge, aber das lag vermutlich nicht an der Klassenkonferenz, die nicht stattfinden würde, sondern an dem anhaltenden Kinderlachen.
    »Gegeben hätte«, korrigierte Elena.
    »Bitte?«
    »Gegeben hätte. Sie wird keinen Tadel mehr geben können.«
    »Oh.« Schlagartig wurde das Gesicht der Lehrerin wieder ernst.
    »Sie wollten dem Mädchen eine Konferenz ersparen?«
    »Eher mir selbst.« Ein Schulterzucken. »Ich bin ja die Klassenlehrerin, und da … So kurz vor Weihnachten muss das wirklich nicht sein.«
    »Wir haben Anfang November.«
    »Ich weiß.« Die Frau seufzte. »Aber ich habe eine Fünfte, mit der ich basteln muss und noch dazu ein Krippenspiel einübe, und …« Ihr Blick wanderte zum Küchenfenster.
    »Verstehe«, sagte Elena. »Ist sicher viel Arbeit mit der Schule und den eigenen Kindern. Wie viele sind es denn?«
    »Vier. Zweimal Zwillinge.«
    »Oh.«
    »Alles Jungs.« Anita Lärch strahlte jetzt, womit sich Elena die Überlegung sparen konnte, ob man in so einem Fall bedauerte oder gratulierte.
    »Verstehe«, wiederholte sie und räusperte sich. »Wie war Ihre Kollegin denn?«
    Das Gesicht der Lehrerin wurde sofort wieder ernst. »Wie sie war«, wiederholte sie. »Nett war sie. Kollegial. Tüchtig. Sie hat mir oft geholfen, wenn ich, Sie wissen schon.« Eine verlegene Handbewegung zu dem Chaos auf dem Küchentisch. »Frau Koller wusste immer genau, was zu tun war. Sie war bestens organisiert. So ein Durcheinander wie hier gab es bei ihr nicht. Aber natürlich hat sie auch nur die eine Tochter.«
    Etwas irritierte Elena an der Antwort. »Sie nennen sie beim Nachnamen. Haben Sie einander gesiezt?«
    »Aber ja! Frau Koller hat jeden gesiezt.«
    »Ist das üblich im Kollegium?«
    Lärch zuckte die Achseln und nippte am Tee.
    »Ihre Direktorin sagt, Sie beide seien befreundet gewesen.«
    Wieder wurden die Augen der Lehrerin rund. »Befreundet? So würde ich es nicht nennen.«
    »Wie kam Frau Gerb-Ferber denn dann darauf?«
    »Tja.« Lärch stellte den Becher ab und überlegte. »Wir sitzen im Lehrerzimmer nebeneinander. Vielleicht deshalb?«
    »Vielleicht. Wissen Sie, ob Frau Koller Familie Sippmeyer kennt?«
    »Sippmeyer. Ich hatte mal einen Schüler, der so hieß.«
    »Sven? «
    »Genau.«
    »Er ist der Sohn einer Frau, die seit dem Tod von Frau Koller verschwunden ist. Wir vermuten einen Zusammenhang.«
    »Oh. An die Mutter kann ich mich nicht erinnern. Aber der Vater … Warten Sie. So ein großer blonder Sportler?«
    »Genau.«
    Ein versonnener Ausdruck stahl sich in das blasse Gesicht der Lehrerin, und ihre Wangen färbten sich rosa. Ihre Hand griff hilfesuchend nach dem Becher, und Elena hörte, wie sie die Luft einsog.
    »Und?«, fragte Elena.
    »Bitte was?«
    »Ob Ihre Kollegin die Sippmeyers kannte.«
    »Oh«, sagte Lärch. »Nein. Nein, ich

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