Niccolòs Aufstieg
dann verpassen wir die Seiltänzer, das Feuerwerk und das Karnevalsfeuer. Und dir wurde noch nicht mal wahrgesagt.«
»Ich will mir wahrsagen lassen«, erklärte Catherine.
»Aber kann ich dir vertrauen?« fragte Claes. »Ich werde wohl dafür sorgen müssen, daß du nicht wieder wegläufst.« Und während er sie am Arm festhielt, befestigte er seinen Gürtel an ihrem, so daß sie locker an ihn gefesselt war.
Das war genau das, was sie wollte. Die Tränen versiegten, sie nahm seinen Arm und zog ihn hinüber zum Astrologen. Tilde sah beleidigt drein. »Mutter hätte sie auch geschlagen«, sagte sie.
Sie war nicht mehr seine unangefochtene Begleiterin. Catherine hüpfte an seiner anderen Seite. »Natürlich muß man schlagen«, sagte Claes, »wenn alles andere versagt und Gefahr besteht. Aber es ist besser, es zuerst mit anderen Mitteln zu versuchen.«
»Felix schlägt dich«, erwiderte Tilde, hielt inne und fuhr dann fort, ehe er antworten konnte. »Aber meine Mutter natürlich nicht.«
Leute johlten. Die Seiltänzer waren oben auf dem Belfried erschienen. Die Köpfe von Marie, Katelijne, Catherine, Pater Bertouche und sogar von Mathilde drehten sich unwillkürlich nach oben. Verstohlen blies Claes die Wangen auf und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, was seine Wunde wieder aufplatzen ließ. Dann sagte eine herrische, schrille Stimme: »Ah, da bist du ja! Wo warst du denn? Dir wurde doch befohlen, nach mir Ausschau zu halten. Du hast es nicht mal versucht!«
Ein pummeliges Mädchen, das er schon mal gesehen hatte, zwängte sich in ihren teuren Pelzen an seine Seite … Ach, Gelis, die jüngere Tochter der van Borselens, mit der er Schlittschuh gelaufen war und die versucht hatte, ihn für heute abend in Dienst zu nehmen. Zum Glück drängelten sich ein livrierter Diener und eine Zofe mit Umhang und weißer Haube durch die Menge und stellten sich hinter Gelis. Tilde drehte den Kopf herum und einen Augenblick später auch der Kaplan.
Die junge van Borselen sah streng zu ihm auf. »Ich habe einen Umhang und eine Maske mitgebracht«, sagte Gelis, »falls du sie dir nicht leisten kannst. Hier.« Der Diener sah niemanden an und reichte Gelis ein zusammengerolltes Kleidungsstück, das mit einer Vielzahl von Federn besetzt war. Sie streckte Claes das Ganze hin.
»Demoiselle, wir freuen uns, wenn Ihr Euch uns anschließt. Aber wir sind zu viele für eine Maskerade. Kennt Ihr die Demoisellen de Charetty? Und natürlich die Demoisellen Adorne. Und Pater Bertouche .,.«
Pater Bertouche hatte die entzündete Nase in sein Taschentuch vergraben und starrte den drohenden Zuwachs feindselig an. »Wir machen bestimmt nicht mit bei einer Maskerade. Ganz im Gegenteil, wir überlegen, ob wir am Ende dieser Darbietung nicht nach Hause gehen sollten.«
»Ich würde gern nach Hause gehen«, erklärte Tilde rundweg. Catherine sah Claes mißmutig aus. Die beiden Adorne-Mädchen neben dem Kaplan tuschelten miteinander. Marie, die ältere, errötete und murmelte etwas.
»Was?« fragte Pater Bertouche.
Gelis van Borselen sah ihn verärgert an. »Sie sagt, ihre Schwester müsse nach Hause. Habt Ihr keine Dienerin bei Euch?«
Der Kaplan zog das Taschentuch von seiner Nase, und seine Oberlippe schimmerte ockerfarben im Lampenlicht. Er sah leidend aus. Claes lächelte. »So etwas kommt häufiger vor. Ich bringe sie gern nach Hause, wenn sie das möchte. Ich kenne viele Mädchen hier.«
Das arme Adorne-Kind sah jetzt genauso leidend aus wie der Kaplan. »Ich will nach Hause.« Ihre Stimme klang erstickt.
»Na schön«, sagte Gelis van Borselen, »nimm meine Dienerin. Matten, geh mit ihnen. Hilf der Demoiselle, wenn nötig. Du brauchst nicht zurückzukommen.«
»Dann gehen wir alle zum Hotel Jerusalem«, sagte Claes erleichtert.
Das pummelige Mädchen starrte ihn an. »Ich gehe hier nicht weg. Und ich habe meinen Diener nach Hause geschickt. Ich werde allein hierbleiben, wenn du dein Versprechen nicht hältst.«
Mit unerfreulicher, wenn auch verständlicher Hast löste sich die Gruppe auf. Während Claes Catherine losband, Tilde und dem sich zurückziehenden Kaplan ein paar Worte mit auf den Weg gab, hörte er den entscheidenden Satz und konnte gerade noch rechtzeitig dem entschwindenden Diener nachlaufen, ihn beim Arm packen und zurückholen. Der Mann machte ein ängstliches Gesicht.
Aus gutem Grund, »Ich habe ihm befohlen zu gehen«, sagte das Mädchen. »Sonst wird er von meinem Vater etwas zu hören bekommen.«
»Und
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