Niccolòs Aufstieg
Dennoch hielt er sich nicht mit Anziehen auf, sondern begann sofort aufzuräumen. Schließlich sah alles wieder aus wie zuvor, fand er, als Katelina ihn vom Garten aus hereingebracht hatte. Daß Brühe fehlte, würde wohl nicht auffallen. Oder daß ein Handtuch fehlte, das aus guten Gründen oben war. Er sah sich um, nahm seine Kleider auf und zögerte. Er könnte sich hier anziehen und Weggehen, wie er es getan hätte, wenn er nicht eingeschlafen wäre. Denn dann hätte er sich von ihr verabschiedet gehabt, wie es sich gehörte.
So wie die Dinge lagen, wußte er nicht, was er tun sollte. Sie schien glücklich zu sein. Zumindest war sie glücklich gewesen, das wußte er. Beim Höhepunkt hatte sie sich an ihn geklammert, als würde die Himmelstür verschlossen. Danach hatte sie wenig gesprochen, nur dagelegen und ihn gestreichelt, wieder und wieder, als wäre er ein neuer Besitz. Und er war eingeschlafen.
Doch darüber war er froh. Mit den Bettgewohnheiten vornehmer Frauen war er durchaus vertraut. Einige machten kein Hehl daraus, was sie wollten, und waren aufgeschlossen und freundschaftlich, ob sie nun in seinen Armen lagen oder nicht. Andere wollten keuchende Liebhaber, die im Bett ihre Lust antrieben sonst aber vor ihnen kuschten. Katelina gehörte weder zur einen noch zur anderen Sorte. Er fragte sich, was er ihr angetan hatte. Vielleicht würde sie nach diesem ersten Schritt gar nicht mehr heiraten, sondern sich einen Liebhaber nach dem anderen zulegen. Bis sie mit der Zeit aufhörte, auf das Alter oder die Gepflogenheiten zu achten und Unglück und Verderben die Folge wären.
Vielleicht würde es gut ausgehen. Vielleicht wäre sie jetzt wie ein überängstliches Kind bereit, sich bis zu einer geeigneten Heirat zu gedulden. Oder sich sogar darauf zu freuen. Er lächelte sanft, als er an die Art Männer dachte, die ihre Familie ihr vorschlug. Vielleicht hätte er sich lieber etwas zurückhalten sollen. Doch sie war ein herrliches Mädchen, gutgebaut und beherzt. Was sie sonst noch war, wußte er nicht, ebensowenig wie sie ihn kannte. Seit sie sich zum ersten Mal begegnet waren, hatten sie kaum mehr als ein paar Worte miteinander gewechselt. Es war nicht sein Verstand, weswegen sie oder andere ihn begehrten. Damit hatte er sich durchaus abgefunden.
Er beschloß, noch einmal zum Schlafzimmer zu gehen. Sie brauchte sich nur schlafend zu stellen, wenn sie ihn nicht mehr sehen wollte. Falls sie noch schlief, würde er sie nicht wecken. Und sie konnte sich darauf verlassen, daß er sie bei ihrer nächsten Begegnung begrüßen würde, wie ein Diener eine Dame begrüßen sollte.
Der Lichtschimmer unter ihrer Tür verriet, daß sie aufgestanden war und eine neue Kerze angezündet hatte. Vielleicht hatte sie sich auch bereits angezogen. Anstandshalber hielt er seine Kleider mit den Händen vor sich: er wollte die Sache beenden, auf die ein oder andere Weise. Er öffnete die Tür.
Sie war wirklich aufgestanden, hatte eine neue Kerze angezündet und das Laken vom Boden aufgehoben, war aber nicht angezogen. Jetzt lag sie halb auf dem Bett, und er betrachtete die lange Linie von Schienbein, Knie und Oberschenkel und all jene Stellen, die seine Hände und Lippen berührt hatten. Und dann die weiße Haut der Arme und den zarten Oberkörper und die kleinen Brüste, rund wie Orangen. Und ihre leicht geöffneten Lippen. Sie lächelte. Sie stand auf, und er bemerkte die kleine Unregelmäßigkeit ihrer Atemzüge. Dann ging sie ihm entgegen, den Blick auf seine Hand und das schützende Kleiderbündel gerichtet. »Die müssen zusammengelegt werden«, sagte sie. »Und außerdem sind sie im Weg.« Und mit diesen Worten riß sie sie ihm aus der Hand, ließ sie zu Boden fallen und nahm deren Platz ein.
Diesmal hielten sie sich nicht mit einem Vorspiel auf. Beim zweiten Mal dafür um so länger. Beim dritten Mal, als es bereits langsam hell wurde, war es ein geradezu verzweifeltes Aufbäumen, das Claes vergeblich abzuschwächen und zu zügeln versuchte.
Mittendrin knallte unten eine Tür. Katelina rang mit ihm und zwang ihn weiterzumachen. Die folgende Explosion lähmte sie beide eine ganze Weile. Sie lagen da, mit bebenden Herzen, und hätten sich nicht rühren können, selbst wenn sich die Tür geöffnet hätte.
Sie öffnete sich nicht. Schlurfende Schritte von unten ließen erkennen, daß ein Diener für die bald zurückerwartete Herrin Wasser holte und Feuer machte. »Geh nicht«, sagte Katelina. »Es gibt einen Weg in den
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