Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
Vom Netzwerk:
einem richtigen Mann hatte, kam er an diesem Nachmittag allein nach Hause. Als er über den Hof ins Haus ging, trat ihm Gregorio in den Weg, der nach ihm Ausschau gehalten hatte.
    »Jongeheere!«
    Die Anrede erstaunte ihn. Dann begriff er, daß das, was so heimlich stattgefunden hatte, wahrscheinlich selbst hier nicht bekannt war. Den Hut in der Hand wartete er unbeteiligt, was der andere sagen würde. Das zerrissene Wams und der übrige Schaden waren von dem Umhang verdeckt, den Sersanders ihm geliehen hatte. Anselm hatte sich als guter Freund erwiesen, obwohl sein Onkel zu den Verrätern gehörte. Alle hatten sie sich, als es darauf ankam, als gute Freunde erwiesen. Jeder von ihnen hätte ihn für die Nacht aufgenommen. Aber das hätte ihm den nächsten Morgen nicht erspart. Und auch nicht die Gesichter ihrer Eltern.
    Gregorio, der ausgesehen hatte, als wollte er ihm etwas mitteilen, hatte es sich offenbar anders überlegt. Er zögerte. »Verzeiht, Jongeheere«, sagte er schließlich, »ich nehme an, Euch sind gewisse Dinge zu Ohren gekommen.«
    Felix richtete sich kerzengerade auf. »Ihr wißt davon.«
    Das kantige Gesicht des Mannes wurde nicht weicher. »Nur weil ich den Vertrag aufsetzen mußte, mit dem Eure Interessen gewahrt werden. Eure Mutter hoffte, Euch bei ihrer Heimkehr vorzufinden. Sie läßt Euch bitten, zu ihr zu kommen, sobald Ihr mit Nicholas gesprochen habt.« Er hielt inne. »Sie hat einen harten Tag hinter sich.«
    »Claes«, sagte Felix.
    »Es kümmert ihn sicher nicht, welchen Namen Ihr gebraucht.
    Ich soll Euch ausrichten, daß er bereit ist, jederzeit zu Euch zu kommen, wenn Ihr ihn rufen laßt.«
    Wenn Ihr ihn rufen laßt. Claes, der mit bloßem Rücken stets geduldig seine Strafe erwartete. Claes, der Demütige, der nie klagte, wenn seine Pläne scheiterten oder ihm von anderen das Spiel verdorben wurde. Bis heute, da ihn das Klagen auf eine Weise gelehrt werden würde, die er bis an sein Lebensende nicht vergaß. Felix wollte schon sprechen, als ihm einfiel, daß für diesen Mann Claes der Ehemann seiner Mutter war. »Seid so freundlich und bittet Nicholas, in zehn Minuten in mein Zimmer zu kommen. Ich möchte vorher noch die Kleider wechseln. Danach gehe ich zu meiner Mutter.«
    Der Mann nickte und ging.
    Als er in sein Zimmer kam, fand er dort Tilde, die mit verweintem Gesicht schlafend in seinem Bett lag. Er mußte sie wecken, sie im Arm halten und ihr über das Haar streichen, während sie unter erneuten Tränen zu sprechen versuchte. Sie war noch bei ihm, als Claes anklopfte. Felix behielt sie im Arm. »Du bist zu früh dran. Geh in das Zimmer, das du dir ausgesucht hast.«
    Tilde, die vor Schreck zu schluchzen aufgehört hatte, sah ihn an.
    »Es wird alles gut«, versicherte er. »Ich bringe es wieder in Ordnung. Wasch dir das Gesicht und geh in dein Zimmer. Ist Catherine dort?«
    »Ich glaube nicht. Nicholas hat gesagt, sie soll heute nacht bei Mutter bleiben. Sie ist unten beim Essen.«
    »Geh jetzt, Tilde«, sagte Felix. »Ich komme nachher zu dir.«
    Als sie weg war, zog er ein frisches Hemd, eine frische Hose und ein Wams über. Dann öffnete er die Tür. Claes stand an der holzgetäfelten Wand im Flur. »Du weißt, welches mein Zimmer ist«, sagte er. »Da können wir nicht ungestört reden.«
    Felix ließ ihn hereinkommen und schloß die Tür. Er hatte das dunkle Wams, das Claes trug, nie gesehen. Das Hemd allerdings war nicht so neu. »Ich habe es in der Poorterslogie zwischen Tür und Angel erfahren«, sagte er. »Vielleicht hast du sogar das so eingerichtet.«
    »Deine Mutter dachte, sie würde dich hier antreffen«, entgegnete Claes. »Ich muß dir etwas sagen, dann mußt du gleich zu ihr gehen. Sie braucht dich.«
    »Wie hast du sie dazu gebracht?« fragte Felix, obwohl die Frage eigentlich überflüssig war. Claes hatte immer auf alles eine Antwort. Felix hatte nie zugeben wollen, wie schlau Claes war. Und Julius auch nicht.
    »Ich habe das Unternehmen zu schnell erweitert«, erklärte Claes. »Du wirst bald die Leitung übernehmen können, aber bis dahin hat deine Mutter keinen Menschen, dem sie vertrauen kann. Sie hat mir die Teilnahme an der Führung des Unternehmens in Form einer Ehe angeboten. Das ist alles. Am Unternehmen selbst bin ich nicht beteiligt. Es gehört allein ihr oder dir. Ich achte und ehre deine Mutter, aber ich werde ihr Bett nicht teilen, und das ist auch allgemein bekannt. Das Unternehmen gehört der Familie. Ich bin der Kompagnon und Verwalter im

Weitere Kostenlose Bücher