Niccolòs Aufstieg
was wurde nun aus ihrem Vergnügen und Stolz, mit dem sie beim Turnier in der Menge gestanden und gerufen hätten: »Da! Da ist unser junger Herr!«
Einer, der früher seine Kohlsuppe mit ihm teilte, sagte:
»Warum trittst nicht du an seine Stelle, Claes? Die Rüstung ist doch da.«
»Das ist eine Idee«, antwortete Nicholas. »Ich würde jeden Kampf gewinnen und Forestier werden. Ich werde es euch zeigen. Kommt mit. Wollen wir es nicht alle mal probieren?«
Als seine Herrin aus dem Fenster sah, um dem allgemeinen Gejohle und Gelächter auf den Grund zu gehen, hatten sie ein Seil als Schranke gespannt, jeweils einen huckepack genommen und rannten paarweise gegeneinander an; als Helme dienten Kochtöpfe und als Lanzen Rührhölzer. Sie zerbrachen einen Stock, und Hennings schimpfende Stimme hallte über den Hof. Dann nahm einer der Kämpfer seinen Helm ab, und Henning sah sich dem Ehemann seiner Herrin gegenüber und wurde still.
Nicholas sprang herunter. »Ich werde den Stock bezahlen. Nein. Es war nicht richtig, alle von der Arbeit abzuhalten. Aber wir hatten uns einfach so sehr über die Ehre für Jongeheer Felix gefreut.«
Grinsend räumten sie rasch auf und verzogen sich. Sie würden abends notfalls länger arbeiten, um den Zeitverlust wettzumachen. Marian sah, daß die Leute bester Stimmung waren, und auch Henning hatte Verstand genug, das einzusehen. Er lächelte ebenfalls, wenn auch etwas gezwungen, und sagte: »Schade um das Turnier, aber immerhin eine Ehre, wie Ihr sagt, Freund Nicholas.«
Dann kam Nicholas die Treppe herauf, klopfte an ihre Tür und machte sie auf. »Belohnung?« fragte er. Sie rümpfte die Nase. »Ich weiß. Aber diesmal stinkt es wohl nach Erleichterung. Ich fürchtete schon, mein schlauer Plan sei fehlgeschlagen.«
»Aber für den Fall hattest du sicher andere Pläne.«
»O ja. Drei Hundeführer und Gregorios Geliebte. Gregorio hatte ich allerdings noch gar nicht gefragt.« Er lächelte geradezu überschwenglich. »Habe ich nicht einen besonders guten, schweren Wein verdient? Felix ist also fort?«
Ihr Kinn zitterte, als sie ihn anlächelte. Dann wurde sie ernst. »Werden sie ihn gut behandeln?«
»Natürlich. In Wirklichkeit wird er den Dauphin treffen. Wohl zum letzten Mal. Und sie sind alle gut erzogen und werden nicht knausrig sein.« Er hielt inne. »Von Nachteil ist nur, daß Ihr weg seid, wenn er zurückkommt. Habt Ihr ihm davon erzählt?«
»Von unserem Triumphzug? Ja.« Mit dem Rücken zu ihm schenkte sie freigebig Wein ein.
»Wenn er darüber nachdenkt, wird er froh sein. Er wird Herr im Haus sein, bis Ihr zurückkommt. Und er muß meine Abreise nicht mit ansehen.«
Sie gab ihm seinen Becher Wein und blieb eine Weile stehen, den ihren in der Hand. »Ich weiß nicht. Er ist kein sehr schwieriger Mensch, eher ein wenig wie Tilde. Sie sehen es beide gern, wenn du hier für sie schuftest.«
Er war wirklich erleichtert. Die albernen Grübchen, die ein oder zwei Tage nicht zu sehen gewesen waren, erschienen wieder. »Wenn ich schon nicht weiß, wann ich zu weit gehe, sollte ich gefälligst hier meine Strafe dafür absitzen und mir nicht irgendwo ein schönes Leben machen? Er sollte dieses schöne Leben mal sehen! Vor allem diesmal. Er hätte mir seine Rüstung für Genf leihen sollen. Mir ist da eine Idee gekommen.«
Sie ging zu ihrem Stuhl und setzte sich. »Jetzt kann ich es ertragen. Worum geht es?«
»Wollen wir nicht schon Sonntag während des Turniers aufbrechen? Dann sind die Straßen frei. Es sei denn, Ihr wollt doch dabeisein?«
Sie erschauerte. »Nein.«
»Also?«
»Wir hätten niemanden, der uns hilft. Alle werden zuschauen. Du findest vielleicht nicht einmal eine Leibgarde, die mitgeht.«
Schon als er begann, sie zu überreden, wußte sie, daß er bereits Pläne gemacht hatte. Noch eine Alternative. Die vorgesehene Leibgarde war abbestellt. Er hatte eine andere gefunden sowie eine Eskorte für sie, und zwar bei dem früheren Waffenmeister, der jetzt die Metallgießerei leitete. Ihre persönlichen Dienerinnen waren bereit mitzukommen und auch die Köchin aus der Spanjaardstraat; Gregorio würde sich einen Ersatz suchen müssen. Morgen sollte gepackt werden.
Sie beobachtete ihn. »Und wann kommt Simon?« fragte sie schließlich.
Er grinste. »Morgen. Aber so früh können wir auch wieder nicht aufbrechen. Da sind die Straßen verstopft.«
»Er wird noch hier sein, wenn ich zurückkomme. Und de Ribérac womöglich auch.«
Er lächelte sie weiter
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