Niccolòs Aufstieg
müssen einen Gesandten mit Vollmachten hinschicken.«
»Aber wollen wir, daß der Herzog von unseren Schwierigkeiten erfährt?« wandte Nicholas ein. »Vergeßt nicht, das Haus Medici wollte dem Herzog den Vogel Strauß zum Geschenk machen, und Ihr habt Euch verpflichtet …« Er brach ab. »Man hat Euch für den Vogel bezahlt, und Ihr habt das Geld ausgegeben?«
Mit bitterem Blick sah Lorenzo Strozzi ihn an. »Wofür sollte ich es hier ausgeben? Ich habe es meiner Mutter nach Florenz geschickt, damit sie es für das Geschäft auf die Seite legt, das Filippo und ich in Italien gründen wollen. Mit unserem eigenen Geld. Nicht durch Heirat mit einer alten Frau.«
»Ich kenne niemanden, der so etwas getan hat«, entgegnete Nicholas. »Und eine vernünftige Frau würde ganz gewiß nichts von dem Geld, das ihr und ihrer Familie gehört, einem neuen Ehemann übertragen. Macht Euch nicht lächerlich. Soll ich nun herausfinden, was in der Bretagne geschieht, oder wollt Ihr es selbst tun? Wenn Ihr kein anderes Schiff bekommen könnt, wird der Vogel wohl laufen müssen. Es sei denn, er wird jemandem vor Ort zugesprochen. Der würde ihn Euch dann vielleicht verkaufen.«
Lorenzo riß die Augen auf. »Straußen laufen?«
»Fliegen können sie jedenfalls nicht, soviel ich weiß. Aber in ein, zwei Wochen würde er es vielleicht lernen. Der englische Krieg wäre schlagartig zu Ende, wenn er über Calais hinwegfliegen würde. Sämtliche Schiffe würden zusammenstoßen.«
»Für dich mag die Sache nicht so ernst sein -«
»Also gut«, unterbrach Nicholas. »Eine Botschaft in die Bretagne. Wo ist er, wer hat ihn, wird er gefüttert und kann er laufen? Sie werden glauben, wir sprechen über den jüngsten Bastard des Herzogs … Lorenzo, nehmt es Euch nicht so zu Herzen. Ich finde alles für Euch heraus und sorge dafür, daß die Medici Euch nicht belästigen. Was ist mit Caterina und Eurer Mutter? Ich reise am Montag, falls ich Briefe mitnehmen soll. Ohne Entgelt. Zahlt mich in Straußeneiern.«
Er war nicht sicher, ob er Lorenzo weniger sorgenvoll zurückließ, als er ihn angetroffen hatte, aber er glaubte es.
KAPITEL 30
Es waren noch vier Tage bis Sonntag. Als Nicholas Gregorio von der Alaunmine berichtete, wurde dieser blaß. Erst nach einer halben Stunde kam wieder etwas Farbe in sein Gesicht, und er fing an, einiges niederzuschreiben. Danach, bemerkte Nicholas, runzelte Gregorio jedesmal die Stirn, wenn er ihn ansah. Sobald Marian de Charetty erfuhr, daß Gregorio jetzt für beide Unternehmen tätig war, bat sie ihn in ihr Schreibzimmer, unterhielt sich mit ihm darüber, und als er wieder herauskam, wirkte er ein wenig ruhiger. Allerdings runzelte er immer noch die Stirn, wenn ihm Nicholas über den Weg lief.
Am Donnerstag entdeckte Felix’ Mutter die endgültige Teilnehmerliste für das Turnier der Gesellschaft Weißer Bär und darauf den Namen Kilmirren. Und ärgerte sich, als sie außerdem herausfand, daß alle anderen Mitglieder des Haushalts es schon wußten. Absichtlich vermied sie bei den wenigen Gelegenheiten zu einem Gespräch jede weitere besorgte Bitte an Nicholas. Und nach dem Sonntag (was immer am Sonntag geschah) würde sie Nicholas sowieso verlieren. Wenn sie nicht an Felix dachte, dann dachte sie daran.
Nicholas mußte aufbrechen, das wußte sie. Die beachtlichen Summen, die er erhalten hatte, und die noch höheren in Aussicht gestellten waren zugesagt für Nachrichten aller Art, die er nach Mailand zu bringen hatte. Er mußte die Medici aufsuchen wegen des Geldes, das sie Tobias für den Kauf von Faustfeuerwaffen und Thomas für die Anwerbung weiterer fünfzig Schützen vorgestreckt hatten. Und er mußte die geänderte condotta abholen und das so erworbene Geld erneut anlegen.
Er mußte die von Tobias, Thomas, Julius und Astorre hinterlassenen Nachrichten prüfen, um zu sehen, wo das Unternehmen stand, was es benötigte und wie die Zukunftsaussichten waren.
Er mußte sich bei seinen neuen Bekannten auf offiziellem oder inoffiziellem Weg die Informationen beschaffen, die er zusammen mit neuen Briefschaften nach Hause mitbringen würde. Manche waren raffiniert verschlüsselt und von größter Bedeutung; manche bestanden nur aus Preisangaben, die dem eigenen Unternehmen und anderen nutzten; und einige, von den Acciajuoli und den anderen, betrafen das Vorhaben, das Marian nicht geheuer war.
Er würde eine gute, starke Leibgarde mitnehmen, wenn auch nicht eine so geübte Kampftruppe wie die von Astorre.
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