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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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freundlich an. »Sie mögen Euch gedroht haben, aber ihr wahres Interesse gilt mir. Sie werden sowieso nicht zusammen kommen. Sie können sich nicht ausstehen. Jedenfalls habe ich Gregorio Bescheid gesagt. Während ich weg bin, zieht er wieder in Julius’ Kabinett. Abends laßt Ihr niemanden herein.«
    »Niemanden?«
    »Außer auf Einladung natürlich. Es gibt überall Rosenpfade, oder es sollte sie geben.«
    Sein strahlendes Lächeln untersagte ihr, ihn ernst zu nehmen. Sie fragte sich amüsiert, wer mit ihr auf den erwähnten Pfaden wandeln sollte. Gregorio hatte seine Geliebte. Metteneye war versorgt. Alle ihre Kunden hatten Ehefrauen. Da blieb wohl nur Oudenin. Oder womöglich sogar Henning. Sie machte sich Vorwürfe. Nicholas hatte an ihre Sicherheit auf dem Rückweg gedacht. Daß er sich um das sorgte, was sie nach ihrer Rückkehr tat, war zuviel verlangt.
    An der Seite einer überaus hübschen jungen Frau und gefolgt von einer großen Anzahl Diener ritt Simon von Kilmirren am Samstag durch die lärmerfüllten Straßen von Brügge. Hinter ihm trugen Knappen seinen Schild und seine Waffen, und Reitknechte führten seine prächtigen Pferde. Berittene in der Kilmirren-Tracht lenkten die Packesel und trugen die mit Goldquasten geschmückten Banner, die auf dem ganzen Weg von Calais geweht und geflattert hatten.
    Simon selbst hatte seine Turnierrüstung angelegt und trug in der einen Hand seinen Helm, dessen grüner Federbusch ihm bis über den Arm herabhing. Sein feingeschnittenes, hellhäutiges Gesicht drückte höfliche Langeweile aus. Leute drehten sich nach ihm um. So etwas wie den goldenen Glanz seines unbedeckten Haars und den silbernen Schimmer des Panzers sah man nicht alle Tage, nicht einmal bei den großen Rittern. Gerade bei den großen Rittern nicht, die oft bereits ein Auge oder ein paar gesunde Zähne dem Gott des Schaukampfs geopfert hatten.
    Als Simon vorbeigeritten war, begann das geschäftige Treiben wieder. Teilnehmer am Turnier, Diener und Pferde, Damen und Begleiter, Zuschauer, die meilenweit aus der Umgebung nach Brügge kamen - all das bedeutete Jahr für Jahr schwere Arbeit, blühenden Handel und natürlich Geld. Auch Ansehen für die einflußreiche Stadt Brügge und ihre Bedeutung als Gastgeberin. Stolz und auch Eigennutz beflügelten die Zimmerleute. Sie hämmerten Tag und Nacht und errichteten auf dem Markt die Tribünen und Schranken des Kampfplatzes, die Maler stellten die Banner und Wappen fertig, die städtischen Beamten eilten mit Vertretern der Kämpfer des Weißen Bären überallhin, sorgten für das Schmücken der Straßen, für Festvorbereitungen, den Ablauf von Prozessionen, Zeremonien und Darbietungen sowie für die Unterbringung und Bewirtung der über die ganze Stadt verstreuten Gesellschaft der Herausforderer.
    Morgen würden die Turnierkämpfer, jeder mit seinem Gefolge, in einer feierlichen Prozession von der hinter dem Stadthaus Louis von Gruuthuses gelegenen Abtei Eckhout zum Turniergelände auf dem Marktplatz ziehen. Heute abend stieg Simon von Kilmirren wie gewöhnlich im Hause Jehan Metteneyes ab, und sein Banner, Wappenschild und Helmbusch wurden, wie es Brauch war, auf dem Fensterbrett seines Zimmers zur Schau gestellt.
    Zunächst hatte er Muriella und ihre Damen im Haus ihrer Gastgeberin abgesetzt. Er war recht zufrieden mit ihr. Sie war reich: ihr Bruder, ein Schotte, der Engländer geworden war, gehörte zu den Staple-Kaufleuten in Calais; dunkelhaarig: ein schöner Kontrast zu seinen blonden Locken; und eine eindrucksvolle Erscheinung in ihrem karmesinroten Kleid mit der extravaganten Kopfbedeckung in Schmetterlingsform. Obwohl sich natürlich nichts von alldem, dessen war er sich bewußt, mit goldblondem Haar und grünem Federbusch und silberner Rüstung messen konnte.
    Der Bruder, John Reid, hatte sich an einem Ehevertrag nicht uninteressiert gezeigt, obwohl deutlich wurde, daß ihm ein Titel für die junge Frau lieber gewesen wäre. Doch Simons adeliger Onkel in Schottland war alt, wie er beiläufig erwähnt hatte, und sein adeliger Vater in Frankreich, leider durch Auseinandersetzungen seinem einzigen Sohn und Erben entfremdet, besaß ertragreichen Landbesitz. Das war natürlich ein zweischneidiges Schwert. Das Vermögen seines Vaters war vermutlich schon auf irgendwelche Mönche oder eine Geliebte überschrieben, damit der ungeliebte Sohn es nicht bekam. Und wenn sein Vater seinem Erben das Land wahrscheinlich auch nicht vorenthalten konnte, so vermochte

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