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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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Euch zu Eurem eleganten Hut beglückwünsche. In Genf bekommt man eine so außergewöhnliche Form selten zu sehen. Und der bemerkenswerte Schnitt Eurer Jacke!«
    Hinter Felix bewegte sich unruhig einer seiner Diener. Ihm war heiß. Er fragte sich, warum der Mann ihn vor dem Tor stehen ließ und sich über Modeangelegenheiten unterhielt. »Danke, Monsieur«, sagte Felix. »Ich war zur Jagd auf Genappe.«
    Ein scharfer Blick. Ein Hauch von einer Pause. Dann lag ein echtes Lächeln auf dem kleinen Mund. »Auf Genappe!« sagte Jaak de Fleury. »Mein junger Verwandter war mit dem Dauphin auf der Jagd! Und nun soll ein Abglanz des Ruhms auf den armen Verwandten in Genf fallen! Sagt mir, wie Ihr heißt, mein Junge.«
    »Das habe ich bereits Eurem Verwalter gesagt. Ich bin Felix de Charetty aus Brügge und komme, weil ich erwarte, meine Mutter hier anzutreffen.«
    »Eure Mutter!« rief immer noch überwältigt de Fleury. »Das wird schwierig. Ihr seid Felix de Charetty - sicher, da besteht irgendwo eine Verwandtschaft durch Heirat. Da habt Ihr recht. Und Ihr erwartet, Eure Mutter in diesem Haus anzutreffen?«
    »Ist sie denn nicht hier?« Felix war jetzt nicht mehr nur heiß, er begann auch ärgerlich zu werden. Der Mann war vielleicht reich und, nach außen hin, freundlich, aber er stand noch immer im Hof, eine beringte Hand am geöffneten Torflügel, und Felix de Charetty stand noch immer mit Leuten und Pferden draußen auf der Straße.
    »Nein«, sagte de Fleury. »Und hat auch ihr Kommen nicht angekündigt. Sie braucht gewiß Hilfe, die Arme.«
    »Da irrt Ihr Euch. Sie braucht keine Hilfe. Sie wollte nur mit ihrem - Sie wollte Euch nur einen Besuch machen.«
    »Mein lieber Junge.« De Fleurys Stimme klang plötzlich so anders, daß Felix seinen Ärger vergaß und ihn erstaunt anstarrte. »Da Ihr einige Tage auf Genappe wart - ist es möglich, daß Ihr nichts aus Brügge gehört habt? Daß Ihr nicht nach Brügge zurückgekehrt seid vor Eurer Reise nach Süden? Und die entsetzliche Nachricht tatsächlich nicht gehört habt?«
    »Was?« rief Felix. Die Diener zu seinen beiden Seiten traten vor. Zu dritt starrten sie wie Schwachköpfe die prächtige Gestalt an.
    »Mein armer Junge«, sagte Jaak de Fleury. »Das Unternehmen Charetty gibt es nicht mehr. Es ist letzten Monat abgebrannt, am Tag vor dem Turnier der Gesellschaft Weißer Bär.«
    Nun endlich wurden sie hereingebeten. Diener und Pferde verschwanden mitsamt Gepäck, und Felix folgte mit pochendem Herzen Jaak de Fleury eine Treppe hinauf, durch Flure, prallte gegen ihn, wenn der Mann stehenblieb, um Fragen zu beantworten, und blieb zurück, wenn er vor lauter Nachdenken weiterzugehen vergaß.
    Seine liebe Mutter sei am Leben, ebenso seine Schwestern. Es sei niemand umgekommen. Aber das Haus, die Werkstatt, das Lager, alles sei dahin. Eine Tragödie. Zumal seine Mutter dem Vernehmen nach bereits wegen einiger unvorsichtiger Geschäfte tief in Schulden gesteckt habe. Außerdem gebe es Gerüchte anderer Art, aber es falle ihm nicht ein, den Sohn der guten Dame mit einem Bericht darüber zu beleidigen. Es gehe um die Heirat mit einem Küchenjungen. Natürlich sei das blanker Unsinn, trotzdem schadeten solche Geschichten dem Ruf eines Unternehmens. »Aber ein Unternehmen Charetty gibt es ja nun leider nicht mehr«, sagte de Fleury, als er endlich in ein Empfangszimmer trat und seinen verwirrten Gast zu einer Polsterbank wies. »Die Gerüchte sind also bedeutungslos. Wein?«
    »Ich muß sofort zurück«, sagte Felix.
    »Ja, natürlich. Aber erst nach einem Glas Wein und etwas Ruhe. Esota! Esota! Hier ist Felix de Charetty, dem neulich in Brügge das Geschäft abgebrannt ist. Meine Frau«, sagte de Fleury und wandte sich Felix teilnahmsvoll zu, »hegt große Zuneigung für Eure Mutter. Hier ist sie.«
    In Gedanken in Brügge stand Felix auf und blieb geistesabwesend stehen. Eine Frau trat ins Zimmer, rund wie ein Pfannkuchen und blaß wie Pudding, den Leib in einen Schlauch aus Seide gequetscht, die überall spannte, die gefärbten Locken von Bändern durchwirkt. Sie ging ihm entgegen, hob zwei von Seide umhüllte, gepuderte Arme und umschlang ihn. Seine Nase stieß auf üppiges Fleisch. Nach Luft schnappend befreite er sich.
    »Felix!« sagte Esota de Fleury, die Hände auf seinen Schultern. »Mutterloses Kind.«
    Neue Angst im Blick, drehte Felix den Kopf. Jaak de Fleurys Lächeln war beruhigend. »Esota! Der Junge wird glauben, seine Mutter sei tot, dabei ist sie

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