Niccolòs Aufstieg
Hauses Charetty, sondern in satte Braun- und Grüntöne gekleidet, mit einer ärmellosen Schecke über dem Wams, soliden Reitschuhen und einem ledernen Kreuzbandelier mit einem Schwert in schlichter Scheide. Ein breitkrempiges Barett über den lockigen Spitzen seines braunen Haars, sah Nicholas sich mit weit offenen Augen im Zimmer um, musterte die Frau und ließ endlich den Blick auf Felix ruhen. Neben vielem anderen las Felix vor allem Besorgnis darin.
»Bist du nicht überrascht?« fragte Felix.
»Nicht wenn du direkt aus Genappe kommst«, antwortete Nicholas. »Deine Mutter ist noch in Brügge.«
»Das habe ich gehört. Das Haus ist abgebrannt. Was tust du dann hier?«
»Schulden eintreiben. Tuch verkaufen.« Er ahmte niemanden nach, schnitt keine Grimasse, scherzte nicht, lachte nicht einmal. Er sprach so, wie er es sich angewöhnt hatte, seit Felix’ Mutter ihn ins Unternehmen geholt hatte. Er sprach genau wie die langweiligen Pfeffersäcke, über die er und Felix und (manchmal) Julius sich früher lustig gemacht hatten.
»Schulden eintreiben? Bei wem?« fragte Felix. Er hatte Jaak de Fleury und seine Frau vergessen.
»Bei Thibault und Jaak de Fleury, hoffe ich.«
»Mein lieber Claes«, sagte Jaak de Fleury aus dem Hintergrund. »Ich verstehe die Notwendigkeit. Aber wir schulden deiner Herrin nichts.«
Nicholas schaute an Felix vorbei. »Ich habe eben mit Eurem Verwalter gesprochen, Monsieur de Fleury. Er wird Euren Schreiber bitten, eine Liste der ausstehenden Beträge aufzustellen. Für das, was Ihr nicht sofort begleichen könnt, brauche ich ein beglaubigtes Schuldanerkenntnis. Ich habe im übrigen das Tuch mitgebracht, das Ihr bestellt habt, Monsieur. Auch hier wäre die Demoiselle für sofortige Bezahlung verbunden. Ihr werdet ihr gewiß in jeder erdenklichen Weise helfen wollen.«
Jaak de Fleury lächelte mit glänzenden hohen Wangenknochen unter den Blicken seiner Frau, seines Wein einschenkenden Dieners und der beiden jungen Männer vor ihm. »Kommt, wir wollen uns setzen. Solche Dinge sollte man nicht ohne Überlegung regeln. Das Geld ist im Augenblick knapp in Genf. Es wundert mich wirklich, daß du euer Tuch so weit nach Süden herunterbringst. Auf der Brügger Messe hättest du sicher einen besseren Preis erzielt. Es kommt natürlich darauf an, wofür du das Geld verwenden willst. Oder die Schuldscheine.«
»Ich dachte, das läge auf der Hand«, antwortete Nicholas. »Das Unternehmen muß wieder aufgebaut werden.«
»Natürlich. Du wirst also nach Brügge zurückkehren mit dem Geld, das du eingetrieben hast - von mir und, wahrscheinlich, von den Medici. Und was ist mit den noch ausstehenden Summen? Wirst du für die wieder herkommen?«
»Monsieur, Ihr werdet darüber unterrichtet werden, wo und wie Eure Verpflichtungen abzuleisten sind.«
»Wie ich höre«, sagte Jaak de Fleury, »liegt dir Venedig besonders am Herzen. Geht dorthin das Geld für das Tuch?«
»Es geht nach Brügge«, sagte Felix. »Wenn uns Geld zusteht, werde ich es mitnehmen.«
»Ohne Schutz?« fragte Jaak de Fleury. »Ihr werdet ohne Euren tüchtigen Nicholas und seine bewaffneten Männer reisen müssen. Ihr habt von Rückkehr nach Brügge gesprochen, er hat nichts davon gesagt. Von den Medici höre ich, daß er ganz im Gegenteil auf dem Weg nach Süden ist, nach Mailand. Und wer weiß, wo er und das Geld danach zu finden sein werden.«
Nicholas wurde unruhig, machte jedoch keine Anstalten, sich zu setzen. Plötzlich aber zog er ein Gesicht, wie Felix es aus Situationen in Erinnerung hatte, in denen seine Entschlüsse eigentlich nicht seinem Willen entsprachen. »Hat er dir erzählt, ich hätte den Brand gelegt?«
»Hast du’s getan?« fragte Felix zurück. Gut möglich, daß de Fleury recht hatte. Nicholas hatte seine Mutter geheiratet, ihr Vermögen, soweit möglich, zu Geld gemacht, das Geld irgendwo versteckt und danach sowohl das Geschäft als auch alle Beweise vernichtet. Das würde er kaum zugeben, wenn er vorhatte, nach Brügge zu kommen. Aber die Flucht im Auge, würde er vielleicht gestehen. Und dann würde Felix ihn umbringen.
»Nein, da gibt es andere Anwärter. Deine Mutter kennt sie. Da ich es nicht beweisen kann, kehrst du am besten sofort mit dem Geld nach Brügge zurück. Nimm meine Leute zum Schutz mit. Sie sind alle aus Brügge. Ich heuere andere an.«
»Das tust du nicht«, widersprach Felix. »Du kommst mit nach Brügge. Jetzt. Und wenn ich dich auf dem Sattel festbinden muß. Monsieur de
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