Niccolòs Aufstieg
»Was sind das für Geschäfte?«
»Geldgeschäfte«, antwortete Nicholas. »Wenn Ihr nicht mit Astorre gezogen wärt, hätte ich Euch dabeihaben wollen. Wir handeln für Charetty, aber die Sache liegt mehr in meiner Hand. Ich habe der Demoiselle übrigens einen Rechtskonsulenten besorgt. Gregorio d’Asti.«
»Ja, das hat Felix mir schon erzählt. Ich kenne ihn. Weiß denn Felix, worum es geht?« Julius schien erstaunt.
Nicholas lachte ein wenig. »Es ist, soviel ich weiß, das erste Geheimnis überhaupt, das er für sich behalten hat. Ich habe ihm aber auch gesagt, daß das ganze Geld verlorengeht, wenn er auch nur mit einer Menschenseele darüber spricht.«
»Das hört sich nicht an, als würdest du mich brauchen. Ihr habt diesen geheimnisvollen Handel wohl schon abgeschlossen?«
»Nun ja, Ihr wart in Neapel und habt Kriege gewonnen. Jetzt muß der Handel ins Rollen gebracht werden, und ich bitte Euch, uns zu helfen. Wenn Ihr kein Interesse habt, gut, dann werde ich Euch nicht mit Einzelheiten belasten. Wenn doch, dann sagt mir Bescheid. Aber nehmt Euch Zeit. Tobias muß den Grafen zusammenflicken, bevor wir aufbrechen können.«
Er war froh, ins Zelt zu kommen. Das Fieber hatte ihn mehr geschwächt als gedacht. Julius ging. Er war recht schweigsam gewesen und hatte sich nicht festgelegt, aber Nicholas glaubte, daß er mit nach Brügge zurückkehren würde. Still auf seinem Bett liegend, begann er, über Astorre und seine Söldner nachzudenken, schlief darüber aber beinahe unverzüglich ein.
Als er erwachte, war es dunkel. Im anderen Bett lag Tobias und las bei Kerzenlicht. Nicholas drehte sich herum, und Tobias sagte, ohne aufzublicken: »Hast du Julius bekehrt? Du hast es doch sicher versucht?«
»Ich habe erst mal eine Spur gelegt. Wir haben noch genug Zeit, ihn zu fragen, wie gut sein Türkisch ist. Wie geht's dem Grafen?«
»Er wird es überleben.« Tobias legte die Papiere aus der Hand, »Ein Auge verloren, die Nase gebrochen, der Rücken geschwächt und achtunddreißig Jahre auf dem Buckel. Er hat sich den Rücken gestaucht und kann sich keinen Zoll bewegen, aber er wird mit dem Leben davonkommen. In zwei Wochen ist er wieder auf den Beinen.«
»Julius sagte vorhin, daß Alessandro ganz scharf auf einen Kampf ist.«
»Alessandro möchte gern losziehen, solange Urbino außer Gefecht ist, und einen Sieg nach Hause tragen. Gerade haben sie am Krankenlager des Grafen Kriegsrat gehalten. Hirn und Zunge Federigos haben zum Glück nicht gelitten. Er hat eine halbe Stunde lang mit allem Nachdruck daraufhingewiesen, daß wir für einen Angriff nicht genug Leute haben. Wir sollten Geduld haben und warten.«
»Aber?« fragte Nicholas.
»Aber er ist mit Alessandros Tochter verheiratet. Er mußte ein Zugeständnis machen. In zwei Tagen darf Sforza einen begrenzten Angriff auf einen feindlichen Flügel reiten. Allerdings mit nur drei Schwadronen. Vielleicht kann er dem Gegner Verluste an Proviant und Leuten beibringen. Und wenn er wirklich verliert, ist nicht gleich alles verloren.«
»Astorre?« fragte Nicholas.
»Nein. Zum Glück nicht. Die Männer von Sarno haben genug getan. Er setzt die frischen Einheiten ein, die noch auf ihre Feuertaufe warten.«
»Ich möchte so bald wie möglich nach Brügge zurück.«
»Das kannst du ja. Schon in wenigen Tagen. Wenn du noch ein wenig wartest, komme ich mit. Sonst verschwindest du womöglich mit dem ganzen Geld. Weiß Julius, daß ich beteiligt bin?«
»Er hat nicht protestiert, als ich es ihm sagte«, erwiderte Nicholas. »Und um das Geld braucht Ihr Euch nicht zu sorgen, das wird Felix nicht aus den Augen lassen.«
»Natürlich. Er hat ja nun seine Bewährungsprobe abgeliefert, nicht wahr? Ich kann mir nicht vorstellen, daß er Lust hat, sein Leben lang von Schlachtfeld zu Schlachtfeld zu ziehen. Man kann dir eine gewisse Genialität nicht absprechen. Felix einzureden, daß sein Zuhause in Brügge ist, daß in Wirklichkeit er das Unternehmen leitet und du bloß der Handlanger seiner Mutter bist, das ist schon ein kleines Meisterstück. Er kann dich nicht einmal entlassen.«
»Nein. Aber ich kann Leute entlassen«, versetzte Nicholas.
»Du läßt dich nicht gern sezieren, wie? Aber das gehört nun einmal zu meinem Beruf. Und. du wirst dich daran gewöhnen müssen. Ich weiß zuviel.«
»Ihr wißt das, was ich Euch anvertraut habe. Wenn es Euch ums Geld geht, habt Ihr nur profitiert. Wenn es Euch aber ums Amüsement geht, solltet Ihr das Messer nicht zu oft
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