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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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Wellen zu ihrem Schoß herabfiel, schimmerte kurz auf. Sie schaute hinunter und strich darüber.
    Ich bin eine Närrin, dachte sie. Gregorio ist der ideale Verwalter. Julius ist treu, fleißig und achtsam. Nicholas aber habe ich dazu bewogen, mich zu heiraten. Und dann wurde ich das Kind, und er wurde der Vater.
    Nun habe ich kein Kind mehr, dachte sie. Und er hat niemanden, der versteht, was für ein Tag das für ihn war.
    Die Tür war immer noch offen, als sie, die kleine Flamme ihrer Kerze mit der Hand schützend, durch den Flur ging. Wie sie vorhin saß auch er am Fenster, drehte aber, als er ihren Schritt hörte, den Kopf zur Tür.
    Die ganze ruhelose Kraft des Tages hatte sich gelegt, unterdrückt, um den Gedanken Raum zu lassen, die Aufmerksamkeit verlangten.
    Sie wußte, was für Gedanken das waren. Sie ging zum Fenster und schaute ihn an. Er sollte ihre trockenen Augen sehen, ihre Beherrschung.
    Er stand nicht auf, das rührte sie. Aber sein Gesicht entspannte sich ein wenig.
    Sie hatte Kinder, und sie hatte einen Ehemann gehabt. Sie konnte trösten und selbst Trost annehmen. Kurz bevor sie die Kerze ausblies, sah sie, daß er erriet, was sie vorhatte. Sie stellte die Kerze weg, raffte ihren Hausmantel und setzte sich zu ihm ans Fenster.
    Es war noch hell genug, daß sie erkennen konnte, wo seine Hand lag, und sie umschloß sie mit leichten Händen.
    »Ich habe nicht gewußt, was du möchtest«, sagte er.
    »Ich brauche jemanden, der mich braucht.«
    Sie wußte mehr, als ihr selbst bewußt war. Und sie war, wie sich zeigte, hier die Stärkere. Wie ein Arzt erschütterte sie zunächst seine Selbstbeherrschung und nahm ihn dann tröstend in die Arme, wie sie es mit Tilde und Catherine tat.
    Aber er war nicht Tilde oder Catherine, und sie selbst war verwirrt und schmerzgequält. In seiner Umarmung, die so zart war wie ihre, schwang noch etwas anderes mit, sie spürte es, obwohl er es schweigend in Schach hielt. Sie hob seine Hände, die sie immer noch umschlossen hielt, und zog sie langsam durch ihr warmes, weiches Haar. Dann drückte sie sie an ihre Brust, in die schmale Mulde, wo die Spange des Mantels saß. »Nicholas?«
    Er entzog ihr seine Hände, aber er ließ sie auf dem Stoff des Hausmantels liegen. In seiner ängstlichen Unsicherheit sprach er französisch. »Denk nach!«
    »Nein«, entgegnete Marian de Charetty. »Denk nicht nach!«

KAPITEL 39
    Es blieb nicht unbemerkt, wo und wie Marian de Charetty die erste Nacht nach der Nachricht vom Verlust ihres Sohnes verbracht hatte. Tilde, die von einem kleinen Geräusch geweckt wurde und vor Tagesanbruch aufstand, fand das Zimmer ihrer Mutter leer. Die Tür zu Nicholas’ Zimmer war geschlossen. Tilde blieb nur einen Augenblick davor stehen, da begann drinnen ihre Mutter zu sprechen. Aber sie brach gleich wieder ab, als müßte sie um Atem ringen wie Catherine, wenn sie weinte. Doch ein Aufschluchzen des Schmerzes war das nicht gewesen. Tilde schlich in ihr Zimmer zurück und schluchzte, in ihrem Bett zusammengerollt, nicht wie ihre Mutter, sondern wie Catherine.
    In den folgenden Tagen merkten bald alle im Haus, was geschehen war, zumal weder Marian noch Nicholas etwas anderes vorzutäuschen suchten. Tagsüber herrschte Trauer, und Schneider mit schwarzem Tuch gingen ein und aus. Nachts erlaubte sich Marian den Trost, der ihr vor Recht und Gesetz zustand. Früher einmal hätten ihre Leute mit Unbehagen oder Groll reagiert und sich in zotige Witze, vielleicht sogar Feindseligkeit geflüchtet; jetzt entschuldigten und verziehen sie. Felix’ Tod hatte alles verändert.
    Julius beobachtete die Entwicklungen voll Neugier, Nicht nur Henning und die Leute, die früher mit Claes an den Bottichen gestanden hatten, akzeptierten die Ehe; auch die Bürger, mit denen sie geschäftlich zu tun hatten, schienen sich mit den neuen Verhältnissen angefreundet zu haben, sogar schon vor den jüngsten Ereignissen. Er unterhielt sich mit Gregorio und erfuhr von diesem einiges über das Zustandekommen dieser Verbindung. Er war ihm gegenüber immer noch ein wenig mißtrauisch, wie man das beim eigenen Nachfolger sein durfte, aber es hatte ihm gefallen, wie der andere sich bei Jaak de Fleurys Tod verhalten hatte, und bei den unangenehmen Pflichten, die danach erledigt werden mußten, hatte er sich als zurückhaltender, aber energisch zupackender Helfer erwiesen. Als sie später über den Büchern saßen, mußte er einräumen, daß der Mann sein Handwerk verstand. Anfangs schien

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