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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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wenn er zu ihr in die Dachkammer ging, die beiden anderen Dienstmädchen bestochen, damit sie anderswo schliefen. Gelegentlich bot Brügge solche Verlockungen, daß der Schlaftrakt die ganze Nacht über leer blieb und sie es sich dort bequem machen konnten. Es war die einzige Möglichkeit für ihn, solch eine Nacht zu verbringen, ohne das Haus zu verlassen. Zu den Herbergen und Zunfthäusern der Kaufleute hatten Frauen keinen Zutritt.
    Als Mabelie nach einer Viertelstunde immer noch nicht gekommen war, wurde er ungeduldig und öffnete die Tür, schloß sie aber sogleich wieder, als einer der männlichen Bediensteten vorbeikam. Fünf Minuten später versuchte er es erneut und hätte beinahe Demoiselle Metteneye umgestoßen, die seinen Wein brachte und gerade klopfen wollte. Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, plauderte mit ihr und fragte nebenbei nach Mabelie. Hin und wieder, meinte sie, sei das Mädchen eine wahre Heimsuchung, wie alle Dienstboten, doch meistens arbeite sie fleißig und verdiene sich ihren Lebensunterhalt in Zeiten wie diesen, da jedermann bedient werden wolle und den meisten egal sei, wen sie herumscheuchten. Vielleicht bereite sie gerade die Betten für jene vor, die heute neu eingetroffen seien. Sie könne es nicht sagen. Doch Lord Simon werde sie bestimmt zu Gesicht bekommen, wenn nicht heute abend, dann spätestens morgen.
    Zehn Minuten später versuchte er es noch einmal, und diesmal traf er auf eine Dienerin, die er kannte und der er wegen des anzüglichen Blicks, mit dem sie sein Bestechungsgeld annahm normalerweise aus dem Weg ging. Sie kicherte und erklärte, natürlich werde sie Mabelie sagen, daß der Herr vorhabe, lange zu arbeiten. Genaugenommen, gnädiger Herr, arbeite auch Mabelie bis spät in die Nacht. Anzüglicher Blick.
    Die dumme Gans! Der Blick, den er Mabelie am Ufer in Damme zugeworfen hatte, war eindeutig gewesen, und ebenso, daß sie dort auf ihn gewartet hatte. Er ließ die Dienerin gehen und streifte, die Flasche Wein in der Hand, ziellos durchs Haus, vom Dienstbotentrakt bis in die Küche, war allen gegenüber freundlich und wurde immer ärgerlicher. Im Gemeinschaftsraum wurde Karten gespielt. Er blieb stehen und sah plaudernd und trinkend zu. Dienstboten kamen und gingen, Mabelie kam nicht. Er mußte also wohl oder übel aus dem Haus. Fast hatte er sich dazu entschlossen, als es am Tor zum Hof ungestüm läutete. Das Kartenspiel war vergessen, und alle drehten die Köpfe.
    Stimmen. Hundegebell. Man hatte seinen Jagdhund aufgestört. Metteneyes Stimme, dann Metteneye selbst an der Tür. »Kein Grund zur Aufregung, meine Herren. Irgend jemand hat den Stoffhändlern hinterbracht, hier lägen offene Ballen, und sie durchsuchen den Lagerraum. Lange wird es nicht dauern, bis sie ihren Irrtum bemerken. Es ist alles in Ordnung.«
    Man seufzte. Das passierte hin und wieder. Fremde Kaufleute mußten sich an strenge Regeln halten. In ihrer Unterkunft durften sie nur an bestimmten Tagen und zu festgelegten Uhrzeiten Waren verkaufen, die anschließend wieder verpackt werden mußten. Geöffnete Waren bedeuteten Bußgelder und Beschlagnahmung. Die einheimischen Händler wußten sich zu schützen. Man war höflich zu den Wachleuten in Riemenhauben und schweren Jacken, die gefolgt von breitschultrigen Helfern eintraten. Und willigte selbstverständlich ein, mit in die Kellerräume hinunterzusteigen, wo die großen Ballen gelagert waren und aus denen, so hatte ein Spaziergänger gemeldet, durch sämtliche Falltüren Licht drang.
    Das Getrampel machte Simons Hund ganz wild, daher ließ er ihn frei und nahm ihn, die Hand fest um sein Halsband, mit in den Keller. Er schnüffelte und zerrte, obwohl die Kellerräume sich, abgesehen von ordnungsgemäß verschnürten Waren, als leer erwiesen. Metteneye ging hinüber und löschte die Laterne, die irgendein Dummkopf hatte brennen lassen.
    Fast hätte der Hund ihn umgerannt. Er riß sich von Simon los, setzte in großen Sprüngen an Metteneye vorbei, um einen Pfeiler herum und durch einen Torbogen, und verschwand schließlich scharrend hinter einem großen Stapel Fässer. Sie folgten ihm. Vor fünf Ballen grüner und brauner Wolle mittlerer Güte und einem Sack Felle, die man gerade begutachtet hatte, war er stehengeblieben und bellte, als stellten sie eine Gefahr für seinen Seelenfrieden dar oder als sei sein Futter in ihnen versteckt.
    Simon trat näher. Zwischen den Ballen und der Wand klaffte ein Spalt, in dem sich jemand aus Fuchs-,

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