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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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jeder seiner Wangen ein Grübchen.
    Simon, mit Vasquez auf dem Weg zu der kleinen Gruppe, blieb stehen. Ungläubig, fassungslos, von einer Wut gepackt, die ihm für einen Moment die Sprache verschlug, starrte er den anderen an.
    Genau da schaute der andere zu ihm herüber. Und auch seine Miene veränderte sich drastisch. João Vasquez, der Simon gerade hatte vorstellen wollen, hielt inne. Gruuthuse drehte sich mit fragendem Blick herum. Simon sah ihn an. »Monsieur de Gruuthuse«, sagte er, »ich frage mich, ob Ihr wißt, was Ihr tut. Wir sind hier, um den Tod unseres Königs zu beklagen. Und Ihr beleidigt uns, indem Ihr den Mann einladet, der diesen Tod verschuldet hat.«
    Ludwig von Gruuthuse war wie Anselm Adorne ein Meister im Umgang mit heiklen Situationen. Mit einem Lächeln und einem kleinen Schritt vorwärts drängte er Zorzi aus dem unmittelbaren Kreis hinaus, und Marian de Charetty, die sogleich nachrückte, konnte den Kommodore ablenken. Vasquez blieb.
    »Also wirklich«, sagte Gruuthuse, »wenn Ihr Nicholas angreifen wollt, könntet Ihr ebensogut die braven Leute in Mons beschuldigen, die diese Kanone gegossen haben! Und ich möchte meinen, der Name Gruuthuse ist Gewähr genug für Sitte und Anstand. Niemals würde ich einen meiner Gäste beleidigen. Kommt. Es gibt noch andere, die Euch kennenlernen wollen.«
    Simon rührte sich nicht. Unverwandt starrte er den Kerl an, den er zuletzt in Lumpen vor seiner brennenden Färberei gesehen hatte. »Du wagst es, dich in dieser Gesellschaft zu zeigen? Du wagst es, dich wie ein Bürger zu kleiden, als wären deine stinkenden Kleider und deine Holzpantinen vergessen? Ich hätte Lust, dir einen Denkzettel zu verpassen.«
    »Das habt Ihr schon getan«, sagte der Kerl, dieser Claes. Sein Gesicht war bleich geworden. Mit Hilfe dieses Wichtigtuers Gruuthuse begann er, sich zurückzuziehen.
    Simon folgte ihm lässigen Schritts. »Glaubst du etwa, ich würde mich noch einmal mit dir schlagen? Kaum. Aber wenn einer das Schicksal herausfordert wie du, sollte er sich davor hüten, daß es zurückschlägt. Das kommt nämlich vor. Ein zweiter Brand bricht aus. Ein Geschäft platzt. Man verliert das Vertrauen in das Haus Charetty. Das könnte unangenehm werden. Wovon willst du leben, wenn die Geschäfte nicht mehr gehen? Du müßtest zurück an die Küpen. Und deine bejahrte Ehefrau mitnehmen.«
    »Kilmirren!« sagte Gruuthuse. »Das reicht. Señor João, ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr Euch Eures Freundes annehmen würdet.«
    Simon beachtete ihn gar nicht. »Was wirst du tun, Nicholas, wenn du ihrer überdrüssig bist und sie nicht mehr für dich aufkommen kann? Ihren Sohn hast du dir ja schnell genug vom Hals geschafft, wie ich höre. Aber das wirst du vielleicht noch bedauern. Ein junger Mann kann seine Eltern unterstützen, wenn er schwer genug arbeitet und fleißig geprügelt wird.«
    Seine Worte trafen. Der Kerl sah aus wie betäubt. »Verzeiht, Mijnheer«, sagte er zu Ludwig von Gruuthuse und wollte sich abwenden. Doch Simon packte ihn grob beim Arm und hoffte, er würde zuschlagen. Der Kerl versuchte einmal kurz, sich loszureißen, dann blieb er still stehen. Simons Hände waren das Schwert gewohnt. Wenn er wollte, konnte er zupacken, daß es Blutergüsse gab. Die Umstehenden drehten die Köpfe. Auch Katelina schaute. Simon hoffte, sie würde herüberkommen.
    »Laßt mich gehen«, sagte der Kerl.
    »Du hast mich nicht gehört«, sagte Simon.
    »Doch, ich habe Euch gehört«, entgegnete er. Ihr Gastgeber hatte aufgegeben und entfernte sich mit finsterer Miene. Einen Augenblick später ging auch Vasquez, so daß sie wie auf einer Insel zurückblieben.
    »Und du hast nichts zu sagen?« fragte Simon.
    »Hier nicht, nein«, antwortete der Kerl. »Wenn Ihr Eure Phantasie gebraucht, müßtet Ihr wissen, was ich denke.«
    »Ich weiß gar nicht, warum ich mir die Mühe mache«, sagte Simon, Er ließ den Arm des Kerls los. »Ah, da bist du ja. Komm und sieh dir diesen Auswurf an, der seine Herrin geheiratet hat und vor einem Edelmann nichts Besseres zu tun weiß, als dumm dazustehen und vor Angst zu zittern.«
    »Du meinst Claes?« fragte Katelina van Borselen. »Aber kein Mensch erwartet Mut von Claes, wenn er nicht dafür bezahlt wird.«
    Der Kerl und sie starrten einander an. Simon fand, er habe sie nie schöner gesehen als gerade jetzt in ihrer Verachtung. Die Smaragde, die er ihr geschenkt hatte, funkelten an ihrem Hals, und Gold blitzte am Rand ihres Hennin, dessen

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