Niccolòs Aufstieg
wichtig?«
»Gar nichts«, sagte Katelina. »Aber Marian de Charetty ist eine nette Frau. Sie kann nichts dafür.«
»Von wegen«, entgegnete Simon. »Sie hätte ihn nicht heiraten sollen. Willst du wissen, was ich gehört habe? Er ist nicht so dumm, wie man meinen würde.« Sein Glas war leer. Er füllte es auf.
»Wer?«
Ihre Begriffsstutzigkeit reizte ihn. »Claes natürlich. Die Charetty-Leute können einiges über seine Machenschaften in Mailand erzählen. Hast du die Geschichte von Jaak de Fleury gehört, dem Großonkel, der das Unternehmen an sich bringen wollte?«
Sie hatte sie gehört. Er wunderte sich manchmal, was alles sie über die Geschäfte der Charettys mitbekam, während sie von den seinen keine Ahnung hatte.
»Es wird gemunkelt, Claes habe de Fleury zugrunde gerichtet. Und ebenso diesen Söldnerhauptmann, diesen Lionetto, dem er irgendwie weisgemacht habe, de Fleury sei schuld an seinem Unglück. De Fleury verlor also nicht nur sein gesamtes Unternehmen, sondern auch noch sein Leben durch die Hand Lionettos, der ihm nach Brügge nachgereist ist. Ich glaube die Geschichte nicht«, sagte Simon, »aber sie tun es. Sie glauben auch, daß Claes - sie nennen ihn jetzt Nicholas - hinter dem Unfall mit der Kanone steckte, bei dem der König und mein Onkel umkamen. Sie behaupten, er wäre ein Spitzel der Anhänger Yorks, befördere geheime Nachrichten für den Dauphin und hätte durch Zauberei bewirkt, daß die Medici sich ohne Worte miteinander verständigen können. Alles Unsinn. Ich habe heute versucht, ihn herauszufordern, und du hast selbst gesehen, wie er sich verhalten hat.«
»Ich habe gesehen, daß er sich nicht schlagen wollte. Aber vielleicht …« Katelina brach ab.
Simon runzelte die Stirn. »Der Gedanke ist mir auch schon gekommen. Er hat seinen Großonkel nicht selbst getötet. Er hat es Lionetto tun lassen. Die Vorstellung, daß einer mir nicht offen entgegentritt, aber hinterrücks meinen Untergang plant, gefällt mir gar nicht.«
»Denk an deinen Vater«, sagte Katelina in merkwürdigem Ton. »Er ist auf die gleiche Art zu Fall gekommen.«
»Der dicke Jordan?« Er hätte gern gewußt, wie sie auf diesen Gedanken gekommen war. »Also den Untergang Jordan de Ribéracs kann Claes wohl kaum herbeigeführt haben. Es sei denn, er macht wirklich Geschäfte mit dem Dauphin.«
»Vielleicht tut er das.«
»Wenn ja, dann hat er mir einen Gefallen getan«, sagte Simon. »Und wenn er hinter dem Unfall mit der Kanone steckt, hat er mir sogar einen noch größeren getan. Weißt du, irgendwie ist das seltsam. Aber nein, das kann nicht sein.«
»Was meinst du?« Sie war grün im Gesicht, wie immer, wenn sie übermüdet war.
»Du hast dich übernommen«, sagte Simon. »Lassen wir diesen Unsinn. Ich hole deine Dienerin.«
Sie hielt ihn am Handgelenk fest. »Nein! Ich möchte es wissen. Was findest du so seltsam?«
Überrascht setzte er sich auf den anderen Stuhl und goß sich, und etwas verspätet auch ihr, noch Wein ein. Sie trank nicht. »Wenn er wirklich all diese Dinge ins Rollen gebracht hat, könnte man ja meinen, daß er sich Schritt für Schritt seiner ganzen Familie entledigt.«
»Seiner ganzen Familie?« wiederholte sie, und er wünschte, er wäre gegangen, als er es vorgehabt hatte.
»Nun, Jaak de Fleury war sein Großonkel. Die Frau, die er geheiratet hat, ist eine Verwandte, und er hat ihren Sohn sterben lassen.«
»Wirklich? Davon habe ich gar nichts gehört.« Sie sah verstört aus. »Wer noch? Ich dachte immer, Nicholas - Claes - hätte keine Familie.«
Nach einigen Bechern Wein auf nüchternen Magen fand er das komisch. »Also, de Fleury ist hinüber. Ebenso seine Frau Esota. Der alte Thibault, Jaaks Bruder, ist samt seiner Tochter, keine Ahnung, wie sie heißt, am Ende. Und der dicke Jordan, mein hochverehrter Vater, am Boden. Alan, mein Onkel, tot. Ich bin der einzige, dem er bis jetzt nichts anhaben konnte, wenn man einmal von Lucia absieht, und die sitzt ja in Portugal. Es ist erstaunlich. Mir hat er nicht schaden können. Im Gegenteil, er hat mir zu meinem Titel verholfen.«
Sie war so stur in ihrer Fragerei, man hätte meinen können, sie wäre betrunken. Nun, hoffentlich nicht, denn das würde dem Kind schaden. Verschwommen erinnerte er sich, daß sie keinen Tropfen getrunken hatte, »Ich wußte gar nicht, daß Nicholas Familie hat«, sagte sie wieder. »Ich dachte, seine Mutter wäre gestorben.«
Er fragte sich, woher sie das wußte. »Ja, natürlich ist das dumme
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