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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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venezianische Fuß langen Schiffsdeck voller Menschen und Kisten nicht allzu schwierig. Nicht allein, daß er Simon nicht mochte, er beneidete ihn auch aus tiefster Seele und wünschte, er könnte ihn beobachten, ohne selbst bemerkt zu werden. Er wußte, daß er seiner Dienstherrin nach der empfangenen Zurechtweisung sieben Tage ausgezeichnete Arbeit geliefert hatte, mußte sich aber zugleich eingestehen, daß er ein wenig zu früh am Morgen begonnen hatte, dies zu feiern. Deshalb hoffte er inständig, Felix und Claes würden nicht an Bord kommen. Eine Begegnung mit Astorre gar wäre vollends die Katastrophe. Vorsichtig schob er den Kopf vor, schüttelte ihn leicht und spähte über die Reling.
    Die Katastrophe nahte schon. Das Boot mit Tommaso war verschwunden, Felix’ Kopf jedoch, sein Hut geschmückt wie ein Dudelsack, war bereits zu sehen, wie er sich das Reep hinauf zum Flaggschiff bewegte. Dahinter kam Astorre mit flacher Mütze und elegantem Lederwams mit Keulenärmeln aus Brokat, und zuletzt folgte Claes in seiner Arbeitsmütze aus Filz und dem verschwitzten Kittel, dessen hängender Ausschnitt einen Teil seiner Brust enthüllte und den Ansatz des braunen Brusthaars, mit dem die Natur Claes zu Julius’ neidischer Bewunderung gesegnet hatte.
    Felix bemerkte seinen Erzieher, lächelte etwas erschrocken und strebte unter seinem Dudelsackhut den Verkäufern entgegen, die am lautesten schrien, während er mit Blicken nach dem Objekt seiner Begierde suchte. Astorre, der eine verlockende Beute in der Ferne im Auge hatte, übersah Julius. Und Claes, dem simple Mitteilungsfreude aus den klaren Augen leuchtete, sagte: »Felix möchte einen Affen kaufen. Die Herrin ist zu ihrer Versammlung gegangen.«
    »Ich habe Henning zu ihr geschickt.« Julius runzelte die Stirn, um einen festen Blick zu bewahren. »Du hattest recht. Der Ballast war Alaun aus Phokäa. Woher hast du das gewußt? Von dem Griechen, de’ Acciajuoli?«
    »Nein«, antwortete Claes. »Nach der Ladeliste kommt er von der Straße von Gibraltar, zu kastilischen Preisen. Monsignore de’ Acciajuoli würde das gewiß bestätigen. Das ist der Alaun, den die Venezianer gekauft haben. Der aus Phokäa wäre sehr viel teurer.«
    »Das stimmt«, sagte Julius. Sein Stirnrunzeln verstärkte sich. Alaun, dieser unschuldige weiße Stoff, der wie Steinsalz aus dem Boden gewonnen wurde, war für den Färber ein Arbeitsmittel von grundlegender Bedeutung, denn er band die Farbe an das Tuch. Claes wußte das natürlich. Trotzdem fragte sich Julius bisweilen, ob Claes selbst eigentlich verstand, was er sagte, wenn er diese Geschichten herumerzählte. Es war doch recht unwahrscheinlich, daß der Grieche ihm etwas verraten hatte. Claes bekam so manches einfach mit, weil er in einer Stadt, in der Handwerker nicht wahrgenommen wurden, viel herumkam.
    »Tja, dann sei mal schön vorsichtig«, sagte Julius. »Da drinnen ist nämlich unser schottischer Hundebesitzer Simon zusammen mit de’ Acciajuoli und dem Kommodore. Es wäre bestimmt besser, er sieht dich nicht. Außerdem -«
    »Gott schütze uns!« erwiderte Claes nur mäßig interessiert. »Da ist Hauptmann Lionetto mit seinen Freunden. Sie haben einen Mohren gekauft.«
    Jeder konnte sehen, daß sie den jungen Afrikaner nicht gekauft hatten, sondern ihn lediglich schrubbten und prüften, ob die Farbe abginge. Julius, der gelegentlich ein sehr feines Gespür bewies, sagte: »Einen Affen will er haben? Das wird sie nie erlauben.«
    »Der Preis wäre vermutlich ohnehin zu hoch«, meinte Claes zuversichtlich. Er beobachtete immer noch den Sklaven aus Guinea, der aufgehört hatte, an seiner Kette zu zerren, und sich nun auf dem Boden wälzte, während Lionetto ihm kräftig mit einem Deckschwabber zusetzte. »Wenn sie ihn verletzen, müssen sie ihn kaufen. Falls Felix statt seinem Affen nicht sowieso lieber einen Mohren will. Der Herrin könnte er gefallen.«
    Julius lachte, daß ihm die Tränen kamen. »Erzähl das mal Oudenin, dem Pfandleiher da drüben. Das wäre ihm sicher eine Hilfe bei seinen Bemühungen.« Alle wußten, daß Oudenin Felix ständig seine Tochter aufdrängte, es aber in Wirklichkeit auf das Bett der Witwe abgesehen hatte.
    Julius war überrascht, als Claes sofort bereitwillig seine Schürze niederlegte und ging. Ungläubig sah er zu, wie der Junge sich durch das Gewühl an Deck schlängelte, bis er den Pfandleiher erreicht hatte, sich neben ihm niedersetzte und in aller Unschuld ein Gespräch mit ihm anfing,

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