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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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er schnurstracks in die nächste Schenke verschwinden und Julius ihn dort später würde herausholen müssen. Im Moment war Julius noch mit ihrem Meister Henning in Sluis, wo das fachliche Interesse beider Männer einigen Fässern gelbem Wau, Färberwaid, rotem Kermes und mehreren Säcken mit Brasilholzblöcken galt und ihre begehrliche Neugier einem wertvollen Artikel, der Alaun hieß. Marian de Charetty selbst mußte zu einer Versammlung der Färberzunft und hoffte, daß Julius mit seinem Bericht dort zu ihr stoßen würde. Sie ließ Hennings Stellvertreter holen, übertrug ihm die Aufsicht über die Geschäfte und machte sich in Begleitung eines Dienstmädchens zu Fuß auf den Weg.
    Hennings Stellvertreter, ein fleißiger Walker namens Lippin, erinnerte sich, daß noch eine große Schere beim Schleifer abgeholt werden mußte, und da Claes gerade zur Stelle war, schickte er ihn los. Er dachte nicht daran, daß der Junge noch Hausarrest hatte, und bevor es ihm einfiel, war Claes in Holzschuhen und urinbespritzter Schürze schon auf und davon.
    Er fand Felix in einem verlassenen Kontor der Medici in dem hohen Konsulatsgebäude in der Nähe des Markts. Felix war nicht erfreut, ihn zu sehen. »Wer hat dir gesagt, daß ich hier bin?«
    »Winrik, der Geldwechsler«, antwortete Claes besänftigend. Winrik, der mit seinem Geldkasten auf den Straßen die Runde machte, war Flanderns beste Quelle für den neuesten Klatsch.
    Felix lachte spöttisch. »Und dafür hast du, hilfsbereit wie du bist, Winriks Rechnungen nachgeprüft und in seinem Kassenbuch einen Fehler entdeckt und mindestens drei weitere in seinem Hauptbuch. Dieser stinkende Handwerksbursche hier«, sagte er zu seinem einzigen Zuhörer, einem kleinen Lehrling, der gerade aus Florenz eingetroffen war, »dieser flämische Esel, rechnet zum reinen Vergnügen, so wie du und ich trinken oder furzen oder Geld ausgeben.«
    »Einer muß ja versuchen, es zu sparen, wenn du es ausgeben willst«, versetzte Claes. Sein Blick schweifte über die Päckchen und Briefmappen im Kontor. »Ich kann Euch auch Geld sparen«, sagte er zu dem kleinen Schreiberlehrling, der ihn, soweit ihm das bei seiner geringen Körpergröße möglich war, von oben bis unten musterte und dann zurücktrat, zuerst bis zu Felix, dann, als der Gestank der Schürze ihm folgte, weiter.
    »Da!« Claes’ große blaue Finger wanderten über ein Auftragsbuch. »Was ist das? Und das?«
    Der Junge zögerte.
    »Laß ihn«, sagte Felix verdrossen. »Kümmer dich nicht um ihn. Es ist eine Krankheit.« Er sah Claes an. »Wozu hast du Mutters Schere dabei?«
    »Sie war beim Schleifen«, erklärte Claes.
    »Erwartet sie dich dann nicht zurück?« Felix’ Ton erinnerte an seinen Vater.
    »Nein«, antwortete Claes unbeeindruckt. »Und worauf wartest du?«
    »Auf Tommasos Boot. Er fährt nach Sluis. Heute sind auf den Flandern-Galeeren die Privatverkäufe. Ich möchte einen Affen.«
    »Du willst wohl nach Löwen zurückgeschickt werden?« sagte Claes. »Sie merkt doch sofort, daß du nicht in der Stadt geblieben bist.«
    »Ich sage einfach, du hättest ihn für mich besorgt«, meinte Felix.
    Claes überlegte. »Du meinst, ich muß mitkommen nach Sluis?«
    »Ah, ja.« Erst jetzt bedachte Felix die praktischen Probleme, die unmittelbar bevorstanden. »Das heißt, wenn Tommaso seine Priester und Mönche loswerden kann. Er sucht gerade einen Tenor für die Medici-Kapelle in Italien aus.« Felix’ Gesicht hellte sich auf. »Fürchterlich, nicht?«
    Durch mehrere Türen hindurch drangen Geräusche, die schwach an Gesang erinnerten. Sie waren tatsächlich fürchterlich. Lachend sah Claes den kleinen Lehrling an. »Wie viele hat er sich schon angehört?«
    Der Kleine kehrte der Schürze den Rücken und richtete seine Antwort demonstrativ an den gutgekleideten jungen Mann mit Hut. »Das ist jetzt der dritte. Bruder Gilles ist beim Chor der Augustiner. Er ist ein Freund des Söldners Astorre, der bei Euch in Diensten ist. Der will übrigens auch nach Sluis mitfahren.«
    »Oh!« Felix drehte, wie er das gern tat, eine Locke um seinen Finger.
    »Er ist wohl streng, dieser Astorre?« sagte der Kleine. »Ihr wollt ihn nicht sehen, hm?«
    »Er ist nur ein Angestellter meiner Mutter«, versetzte Felix. »Ich fahre auf jeden Fall nach Sluis.«
    »Er könnte für dich einkaufen«, meinte Claes. »Affen. Umhänge aus Leopardenfell. Eine neue Feder vielleicht?«
    »Ich fahre nach Sluis«, wiederholte Felix. Der Gesang hatte

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