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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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einen Hand den Sklaven Loppe, mit der anderen Claes’ Schulter aus dem Griff des Verwalters. »Macht Euch keine Sorgen wegen dieser Blödiane. Sie gehören zu uns und werden uns im Haus bedienen. Der da ist ein Sänger für Cosimo de’ Medici und kommt gleich um vor Kälte. Sollen wir den ganzen Tag hier stehen?«
    Jaak de Fleurys fein geschnittene Augen starrten den Hauptmann an. »Ihr wollt diese Wilden frei in meinem Haus herumlaufen lassen? Ich erwarte Entschädigung für allen Schaden, den sie anrichten.«
    »Die bekommt Ihr«, erwiderte Astorre. »Gehen wir jetzt hinein? Es gibt Geschäfte zu regeln.«
    »O ja, Geschäfte«, sagte Jaak de Fleury. »Weibergeschäfte noch dazu. Wie bezaubernd sie doch sind in ihrer Unschuld. Gott hat uns aufgetragen, sie zu beschützen, und das tun wir auch. Doch wer entschädigt uns für die Kosten? Der Erbe nicht. Der reizende junge Herr Felix mit seinen harmlosen Streichen. Euch werter Julius, können sie also nicht einmal mehr den Lohn zahlen? Nun müßt Ihr um Euren Lebensunterhalt kämpfen wie jene Rohlinge, die Ihr doch so sehr verachtet. Wie bedauerlich. Und wer ist dieser Mann?«
    Tobias ergriff selbst das Wort. »Ein Arzt. Tobias Beventini, Monsieur de Fleury.«
    Die Augen richteten sich direkt auf ihn. »Ein Verwandter?« fragte Jaak de Fleury. »Ein Verwandter von Jean-Mathieu Ferrari?«
    Niemand sonst hatte ihn das je gefragt. »Ein Neffe«, erwiderte Tobias. Er spürte, daß Julius ihn anstarrte.
    »In Pavia ausgebildet?«
    »Ja, Monsieur. Ich stehe bei Hauptmann Astorre unter Vertrag. Ich möchte Erfahrung auf dem Schlachtfeld sammeln.«
    »Euer Onkel würde das nicht gutheißen.«
    »Zum Glück ist das meine Angelegenheit und nicht seine. Im Moment sorge ich mich um den Mönch hier. Die kalte Luft könnte seiner Kehle schaden. Messer Cosimo wäre sicher enttäuscht.«
    »Das ist mir egal«, erwiderte Jaak de Fleury. »Die Medici sind meine Schuldner. Signor Nori ist verantwortlich für die Genfer Niederlassung der Medici. Signor Sassetti, der ehemalige Leiter, besucht ihn bisweilen. Der eine oder der andere wird sich bald melden wegen der Dokumente. Nori, der hat Geld wie Heu und ist immer leidend. Das wäre eine Goldgrube für Euch. Verkauft ihm eine Arznei. Er wird zahlen. Verkauft ihm eine Arznei gegen irgend etwas: Er ist überzeugt, jede Krankheit zu haben, die einen Namen trägt. Hier entlang. Meine Frau wird sich um Euch kümmern.«
    Damit ging er, gefolgt von Astorre und Julius. Von Madame de Fleury war nichts zu sehen. Einen Augenblick später betrat Tobias das Haus, er hatte Bruder Gilles am Ellbogen gefaßt und warf dem Engländer Thomas einen Blick zu. Dieser ging ihm nach, gefolgt von dem großen Afrikaner und Claes, die langsam hinterherkamen und ihre neue Umgebung betrachteten. Als sie eine Treppe entdeckten, steuerte Tobias darauf zu, doch eine rasche Bewegung ließ ihn innehalten. Claes hatte hinter einer Tür eine verängstigte Frau mittleren Alters hervorgezogen, die mit einer Hand ihre Schürze umklammert hielt.
    »Sie erkennt mich nicht«, erklärte Claes und grinste. »Claikine, Tasse. Erinnerst du dich an Claikine, zehn Jahre alt? Die gekochten Eier, die ich der Bruthenne untergeschoben habe?«
    »Claikine!« Das ungestalte teigige Gesicht zeigte Erstaunen, dann Wiedererkennen und schließlich Freude. »Claikine, wie groß du bist!«
    »Wie ein Baum. Das ist auch schon die ganze Geschichte meiner Erfolge. Und wie geht es dir, Tasse?« Sie ließ ihre Schürze los, und Claes faßte sie mit seinen beiden großen Händen unter den Achseln und wirbelte sie hoch in die Luft. Sie atmete keuchend und strahlte, und ihr Haar löste sich in grauen Strähnen aus ihrer Haube.
    Von der Tür her hörte man einen weiteren keuchenden Atemzug. Und gleich darauf einen spitzen Schrei. »Mord! Plünderung! Raub!« schrie Madame de Fleury.

KAPITEL 11
    Tobias wußte, noch ehe Esota de Fleury aus der Türnische ins Licht trat, daß es niemand anders sein konnte. Das Rascheln schweren Stoffs, der Schimmer eines edelsteinbesetzten Kragens, der Duft importierter Essenzen - das konnte nur Madame selbst sein oder eine Mätresse. Und niemand hatte etwas von einer Mätresse gesagt. Dann die nicht unmelodische Stimme, zitternd vor Angst: »Männer im Haus! O Tasse, Tasse, du bist ruiniert!«
    Aus Erfahrung wußte Tobias, wie dieses Anschwellen der Stimme einzuordnen war. »Setz die Frau ab«, befahl er Claes und spürte einen Anflug von ärztlichem Stolz, weil der Junge

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