Niccolòs Aufstieg
ausgefragt. Ich habe ihnen von Lionetto und seinen Glasrubinen erzählt.«
»Und von de’ Acciajuoli?« fragte Julius.
Claes zog die Stirn kraus. »Nein. Die Medici haben ihre eigene Seidenmanufaktur. Habt Ihr das gewußt? Ich habe ihnen von Messer Arnolfini erzählt. Macht das was?«
»Nein. Das sind nur Geschäfte zwischen Arnolfini und dem Haus Fleury, das hat keine Bedeutung«, sagte Julius. »Charetty hat mit Seide nichts zu tun.«
»Das ist gut«, meinte Claes. »Nach dem, was sie über die Herrin gesagt haben.«
Julius fuhr in die Höhe. »Über die Demoiselle?« fragte er scharf.
»Über Frauen, die Geschäfte machen«, sagte Claes abwehrend. »Ihr habt Monsieur de Fleury ja gehört. Das Tuch, das sie schickt, gefällt ihnen nicht. Und sie behaupten, daß sie einen zu hohen Preis verlangt.«
Julius starrte ihn an. »So ein Unsinn! Wenn, dann bleiben wir unter dem Marktpreis.«
»Aber zu dem Preis wird es nicht verkauft«, behauptete Claes. »Und außerdem ist es stockig.«
»Was!«
»Vielleicht lagert Monsieur Jaak es in einem feuchten Keller«, meinte Claes. »Der, in dem ich gesessen habe, war faulig vor Feuchtigkeit. Vielleicht sollte ihm das jemand sagen.«
»Vielleicht«, stimmte Julius nachdenklich zu.
»Ihr habt mit ihm gesprochen. Hat er etwas davon erwähnt?«
»Nein. Vielleicht hätte ich sein Angebot annehmen sollen. Da scheint jemand ein schönes Stück Geld an Charetty zu verdienen.«
»Welches Angebot?«
»Er wollte mich in sein Unternehmen zurückholen«, sagte Julius kurz. »Nachdem er sich erkundigt hatte, ob die Herrin sich erneut zu verheiraten gedenke und ob Astorre oder ich beabsichtigten, ihr nächster Ehemann zu werden.«
»Der Hauptmann!« rief Claes aus.
»Ja. Gerechterweise muß ich allerdings sagen, daß Monsieur Jaak Astorre nicht unbedingt als Leiter des Hauses Charetty sehen wollte. Er war so gütig, mir zu erklären, daß ich für eine Frau dieses Kalibers genau den richtigen Gebieter abgeben würde. Als er dann sicher war, daß ich nichts Derartiges plane, bot er mir meinen alten Posten in seinem Unternehmen an - da ich ja jetzt wohl erkannt hätte, wie erbärmlich es sei, einer Frau am Rockzipfel zu hängen.«
Julius hielt inne. Normalerweise hätte er über so etwas nicht mit einem Jungen wie Claes gesprochen, aber er mußte es jemandem erzählen, und dieser war gerade zur Stelle. Claes war immer häufiger gerade zur Stelle. Nicht zum ersten Mal wünschte Julius, der Junge würde vernünftig werden, endlich ein bißchen Verantwortungsgefühl zeigen und sich eine gewisse Stellung erwerben, damit er auch als Mann mit ihm reden konnte.
»Es kommt wie immer drauf an, wie man es sieht«, meinte Claes. »Aber ich nehme an, Ihr habt abgelehnt.«
»Ja, und dann wollte er Loppe kaufen. Loppe!«
»Weil er eine so gute Stimme hat«, sagte Claes nickend.
»Loppe!« wiederholte Julius verdrossen. »Nicht den Mönch. Wie kommt Astorre eigentlich zu einem Mönch als Freund?«
»Ihr sprecht von Bruder Gilles«, sagte Claes freundlich. »Er hat gar keine besonders gute Stimme, aber er war der beste Tenor, den Tommaso für die Medici auftreiben konnte. Der mit der guten Tenorstimme, der die gregorianischen Gesänge so schön singt, ist Loppe, der Sklave aus Guinea. Der lernt alles. Er war bei einem Juden, dann bei einem Portugiesen, bei einem Katalanen, bei Oudenin und dann bei der Herrin und Euch. Fünf Sprachen und die gregorianischen Gesänge.«
Julius sah ihn an. »Hat Bruder Gilles sie ihm beigebracht?«
»Nein, er hat sie aufgeschnappt. Bruder Gilles war beeindruckt. Sie singen mehrstimmig.«
»Und Monsieur Jaak hat ihn gehört«, sagte Julius.
»Und will ihn natürlich kaufen. Er ist ein Vermögen wert. Habt Ihr ihn verkauft?« fragte Claes.
»Nein«, antwortete Julius. »Diesem Mann würde ich nicht mal einen Hund verkaufen. Aber wenn Loppe solchen Wert besitzt, was tun wir dann mit ihm? Er war Oudenins Geschenk an die Demoiselle.«
»Ich habe Messer Sassetti von ihm erzählt«, sagte Claes. »Er meinte, der Herzog von Mailand könnte interessiert sein. Oudenin hätte sicher nichts dagegen, und Loppe sagt, es würde ihm gefallen. Ich habe ihn gefragt. Astorre und Bruder Gilles wäre es nur recht. Wir bekommen dann vielleicht bessere Vertragsbedingungen.«
Manchmal war Claes wirklich erstaunlich. Julius betrachtete ihn.
»Immer vorausgesetzt, wir bringen ihn heil über die Alpen«, setzte Claes nachdenklich hinzu.
KAPITEL 12
Eine Überquerung der Alpen
Weitere Kostenlose Bücher