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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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verstanden, konnten sehr viel Geld verdienen - eine militärische Erfolgsserie, eine einzige spektakuläre Eroberung, eine Zeit der Plünderungen konnten der Bank, die das Vertrauen der Söldner genoß, ungeahnte Mengen Gold einbringen. Wenn es Astorre gelang, sich in Italien einen erstklassigen Vertrag zu sichern, und danach alles gutging, würde de Fleury einen stattlichen Gewinn einfahren. Julius selbst hatte sein Geld bei den Strozzi angelegt. Wie Marian de Charetty wußte! Es gab einfach keine Geheimnisse mehr heutzutage.
    Astorre nahm an diesem Morgen an allen Gesprächen teil. Im wesentlichen ging es um die Überprüfung und Ausstellung von Empfangsbescheinigungen für die von Brügge nach Genf gelieferten Waren. Dann folgte eine Inspektion der Güter, die sich auf dem Weg von Brügge nach Italien zu den Medici befanden. Die Wandteppiche wurden zur Begutachtung aufgeschnürt und ausgerollt, das ungemünzte Gold in Augenschein genommen. Bruder Gilles wurde herbeigerufen und vorgestellt, brauchte jedoch keine Probe seiner stimmlichen Qualitäten zu liefern. Schließlich wurden die vier in England gezogenen Hackneypferde, die für Messer Pierfrancesco bestimmt waren, aus den Stallungen in den Hof geführt.
    Jaak de Fleury hielt die ganze Zeit an seinem unerträglich arroganten Gehabe fest und verhielt sich gegen die Vertreter der Medici so schroff wie gegen die Abgesandten seiner entfernten Verwandten.
    Als Julius mit einem Bündel Papiere in der Hand, begleitet von Astorre und den anderen, in den Hof ging, wo die Pferde vorgeführt werden sollten, sah er, wie Claes aus dem Stall kam und den Stallburschen half. Er war nicht nur erleichtert, ihn auf freiem Fuß zu sehen, er war auch verwundert. Im Gegensatz zu Felix, der sich mit Stammbäumen auskannte wie kaum einer, waren Tiere Claes bisher fremd geblieben. Seine Begegnung mit ihnen beschränkte sich auf Zugochsen, auf den Hund, den er erschlagen hatte oder auch nicht, und auf die hartmäuligen Pferde, die ihn auf der Reise nach Genf regelmäßig abgeworfen hatten. Um so bemerkenswerter, daß er sich mit den Zuchtpferden der Medici angefreundet hatte, und sie sich offensichtlich auch mit ihm. In den Nächten, in denen er das Strohlager mit ihnen geteilt hatte, schien sich eine Art Kameradschaft entwickelt zu haben.
    Die Tiere und ihre Betreuer kamen jetzt vor den beiden Medici-Vertretern zu stehen, und Claes wollte sich gerade abwenden, als Sassetti sagte: »Nanu, irre ich mich, oder kenne ich diesen jungen Mann? Claikine?«
    Claes sah zu Sassetti hinüber. Das krause Haar, plattgedrückt vom drei Wochen lang getragenen Helm, war so dunkel wie der Rost auf seinem Kettenhemd, das Gesicht fleckig wie immer, und ein Auge zierte ein blauer Fleck. Er lächelte breit. »Messer Sassetti.«
    »Und Messer Nori«, sagte Sassetti, unbeeindruckt von den Wellen eisiger Gereiztheit, die ihm von de Fleury entgegenschlugen. »Du bist also Soldat geworden, wie ich sehe? Bei capitano Astorre? Auf dem Weg, dein Glück zu machen?« Sassetti wandte sich an Julius und Tobias. »Das lebhafteste Kind, das mir je untergekommen ist. Eine wahre Geißel Gottes. Aber ein guter Bote, der jeden Auftrag im Nu erledigt hat, volando, könnte man sagen. Wenn nur meine Kontorboten so flink wären wie du. Nun«, lächelnd entzog er Claes seine Aufmerksamkeit, »und hier haben wir die Pferde.«
    Er war zufrieden mit den Pferden. Nun brauchten sie nur noch, ehe sie alle zu Eis erstarrten, ins Haus zurückzukehren und die förmliche Übergabe der Briefschaften zu vollziehen. Julius befahl Loppe, die Mappe zu holen, öffnete sie, schlug das schwere Ölpapier auf und breitete den Inhalt auf Jaak de Fleurys Tisch aus, wo die harten wächsernen Siegel leuchteten wie Blumen.
    Zuerst suchte Julius die Medici-Sendungen heraus: das Siegel von Simone Nori aus London; den Umschlag von Angelo Tani aus Brügge und einen zweiten von Abel Kalthoff, dem Vertreter der Medici in Köln. Alle waren mit dem segno versehen, dem birnenförmigen, von einem Kruzifix gekrönten Zeichen mit den drei Münzen, das für die Bankgeschäfte der Medici stand. Alle waren unversehrt, verschnürt und versiegelt; und wären, selbst wenn dem nicht so gewesen wäre, ein Geheimnis geblieben. Denn keinem Bankier in Europa fiel es ein, einem Geschäftspartner wichtige Nachrichten unverschlüsselt zu übermitteln. Und der Medici-Code war der beste auf der Welt.
    Dennoch drehten Sassetti und sein Begleiter die Sendungen gutgelaunt hin und her,

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