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Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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aufgemotzten Humvee und hörte
Lady Gagas Poker
Face in Stadionlautstärke. Er donnerte mit beeindruckenden
hundertvierzig Stundenkilometern über die 336 – das war eine Abkürzung durch
die Belfair-Hügel –, unterwegs zu Heim und Herd, seinem verdammt großen Heim
und Herd, das in The Chase lag, nur ein paar Blocks von Delia Cottons altem
viktorianischem Haus entfernt, wo im selben Augenblick etwas Eigenartiges und
zutiefst Beunruhigendes geschah.
    Byron Deitz war überzeugt, dass er auch hundertachtzig hätte fahren
können, denn sämtliche Bullen in diesem Teil des Universums waren irgendwo
anders und suchten nach diesen Wichsern, die die First Third in Gracie ausgeraubt
und dann auf der 311 vier Bullen und einen Fernseh-Hubschrauber erledigt
hatten.
    Deitz musste zugeben, dass sie, wer immer sie waren, ziemlich viel
Mumm hatten. Was sie da abgezogen hatten, war verdammt unverfroren. Er hätte zu
gern die Gesichter der anderen Bullen gesehen, als der erste vierzig Gramm
Stahl und Blei in die Birne gekriegt hatte. Ach du Scheiße! war der Situation sicher nicht ganz gerecht geworden.
    Deitz war überzeugt, dass der Schütze in der Armee gewesen war oder
irgendwo sonst eine erstklassige Scharfschützenausbildung gehabt hatte.
    Kalt wie ein Stein.
    Und absolut rücksichtslos.
    Deitz würde sich geehrt fühlen, ihn bis zur Hinrichtungskammer zu
begleiten und ihm drei Fingerbreit Bourbon einzuschenken, bevor man ihn
festschnallte. Ein Teil von ihm hoffte, dass man die Burschen nicht schnappen
würde. Aber man würde sie schnappen.
    Mit Scheiße wie dieser kamen solche Kerle, selbst wenn sie
unverfroren, ja tollkühn waren, nie durch. Byron Deitz war Ex- FBI -Agent
und kannte sich da aus. Das »Ex« war nicht seine Idee gewesen, doch er hatte
sich schließlich einverstanden erklärt, denn als Alternative hätten ihm fünf
bis neun Jahre in Leavenworth gewinkt.
    Infolge einer Absprache mit der Staatsanwaltschaft war seine Akte
auf Anordnung eines Bundesrichters luftdicht verschlossen, und so blieb seine
Reputation relativ intakt – auch wenn die vier finster brütenden Männer, die
den Fehler begangen hatten, mit Byron Deitz Geschäfte zu machen, das anders
sahen. Sie saßen jetzt die fünf bis neun Jahre in Leavenworth ab, die Deitz
hätte kriegen sollen.
    Doch diese unschönen Dinge lagen nun im Nebel der Vergangenheit, er
sah sie nur noch im Rückspiegel, wie er gern sagte, und seine miesepetrigen
ehemaligen Komplizen waren bloß noch ein paar Rüttelschwellen auf der
vierspurigen Schnellstraße seiner Karriere. Alles in allem war das Leben an
diesem honiggelben Freitagnachmittag gut zu Byron Deitz.
    Das lag zum Teil daran, dass Deitz mit seiner Firma BD Securicom unanständig viel Geld verdiente. BD Securicom verkaufte Sicherheit und Spionageabwehr an mehrere Hightechfirmen,
die sich in einem nordwestlichen Vorort von Niceville angesiedelt hatten, einem
umzäunten und bewachten Viertel namens Quantum Park. Dort unterhielten sehr
unbekannte Zulieferfirmen diverse Forschungslaboratorien, die im Auftrag sehr
bekannter Firmen wie Lawrence Livermore, Motorola, General Dynamics, Raytheon, KBR ,
Northrop Grumman und Lockheed Martin arbeiteten.
    Das ausgedehnte Gelände wurde durch Wärmesensoren, Infrarotkameras,
Bewegungsmelder, eine Flugverbotszone und Störsender auf allen Abhörfrequenzen
geschützt; es war mit weiten Rasenflächen, importierten Sagopalmen, einem
Golfplatz und einem künstlichen See ausgestattet, auf dem einer Schar
Trompeterschwäne, deren Handschwingen fachmännisch amputiert worden waren,
nichts anderes übrig blieb, als elegant zwischen Koi und Seerosen
dahinzugleiten. Wie diese Gabunviper Byron Deitz es geschafft hatte, an einen
derart lukrativen Job zu kommen, war eine Frage, die seine Konkurrenten nicht
schlafen ließ.
    Doch irgendwie hatte er es geschafft, und nun jagte er durch die
flachen braunen Ausläufer der Belfair-Hügel heim zu seinem großen Haus in The
Chase, wo ihn seine nervöse, aber wunderschöne Frau und seine beiden nervösen
Kinder erwarteten, und gerade als er dachte, die Welt sei doch eigentlich sehr
gut eingerichtet, läutete sein Handy.
    Das Handy war mit dem OnStar-Bordcomputer des Humvees verbunden, so
dass der Anruf Lady Gaga mitten im Schrei verstummen ließ. Stattdessen ertönte
ein dezentes Glöckchen.
    Deitz warf einen Blick auf das Display des Computers – PHIL
HOLLIMAN  –, runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf und drückte
auf die ANNEHMEN -Taste
im

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