Niceville
beruflich mit Kindern zu tun hatten?
Wie viele Sozialarbeiter, Polizisten, Sportplatzaufseher, Trainer, Lehrer?
Aber die waren doch bestimmt bereits überprüft worden, oder? Als
städtischer Angestellter wusste er, dass jeder Angestellte im öffentlichen
Dienst und jeder, der eine Lizenz beantragte, um in Schulen, Krankenhäusern
oder Kirchengruppen mit Kindern zu arbeiten, auf etwaige dunkle Punkte
durchleuchtet wurde.
Aber wie gründlich?
Wie weit ging man dabei in der Vergangenheit zurück?
Wie sorgfältig war diese Überprüfung?
Es war einen Versuch wert, fand er.
Wie sich die Dinge für Merle Zane entwickeln
Merle rannte. Er rannte durch das Unterholz, sprang über
umgestürzte Bäume und duckte sich unter Ästen hindurch. Zweige schlugen ihm ins
Gesicht und rissen ihm die Hände auf. Er versuchte, so schnell wie möglich so
viel Distanz wie möglich zwischen sich und Charlie Danziger zu legen.
Nach ein paar hundert Metern hörte das dichte Unterholz auf, und der
Waldboden war dick mit trockenen Fichtennadeln bedeckt. Die Bäume standen in
viel größeren Abständen, und obwohl ein goldenes Zwielicht herrschte, stellte
er fest, dass er viel besser vorankam.
Ihm war dunkel bewusst, dass der Wald sich auf undefinierbare Weise
verändert hatte, und das warme Dämmerlicht, das durch die Wipfel sickerte,
zwischen den Baumstämmen schimmerte und auf dem rötlich-gelben Teppich aus
Fichtennadeln lag, gab Merle das Gefühl, in einem riesigen, stillen Tempel zu
sein.
Er sah verschwommen, und ihm war etwas schwindlig, aber alles in
allem fühlte er sich besser, als es mit einer Kugel im Rücken zu erwarten
gewesen wäre. Allerdings schöpfte er aus dieser Tatsache nicht sehr viel Trost.
Obwohl er zum ersten Mal angeschossen worden war, wusste er, dass er, sollte er
keine medizinische Hilfe finden, früher oder später in große Schwierigkeiten
geraten würde.
Die Wunde an der rechten Schulter war bloß ein Streifschuss. Er
fand, dass nur der Angeschossene selbst in diesem Zusammenhang das Wort »bloß«
gebrauchen durfte.
Sie sah zwar hässlich aus, blutete aber nicht stark – etwa wie eine
Nase, die einen ordentlichen Schlag abbekommen hatte –, und so machte er sich
darüber keine großen Sorgen. Was ihn beschäftigte, war die Kugel in seinem
Rücken.
Während der ersten Minuten hatte er nicht viel Schmerzen gespürt. Es
fühlte sich eher an, als hätte ihm jemand mit einem Baseballschläger auf den
Rücken geschlagen. Der Bereich rings um die Einschusswunde war taub geworden,
wie eingefroren.
Dann ließen Kälte und Taubheit nach, und die Schmerzen begannen. Sie
waren stark. Zehn Minuten nachdem sie eingesetzt hatten, saß er keuchend und
schwitzend auf dem Boden, die Beine ausgestreckt und den Rücken an einen Baum
gelehnt, und seine Welt war eine Welt voller Schmerzen.
Er sah auf zum Himmel, der rotgolden und blau durch die schwarzen
Zweige schimmerte. Das Frühjahr hatte gerade erst begonnen, und die Knospen
waren noch nicht aufgegangen. Dort oben glitzerten die ersten Sterne, und zarte
Wolkenfetzen trieben vor der Mondsichel dahin.
Er legte den Kopf an die raue Borke des Baumes, starrte in den
Abendhimmel und versuchte, den Schmerz mit Willenskraft zu überwinden, was, wie
sein Karatelehrer ihm gesagt hatte, ohne weiteres möglich war, wenn man sich
nur genug anstrengte und die mentale Kraft besaß, das Wesen des Schmerzes zu
durchdringen, der in Wirklichkeit nichts weiter als eine vom Körper produzierte
Illusion war und durch das energische Wirken eines wahrhaft transzendentalen
Geistes ganz leicht beherrscht und besiegt werden konnte. Wie sich
herausstellte, stimmte das nicht.
Byron Deitz hat ein Problem
Byron Deitz sah genau so aus, wie ein Mann mit einem
solchen Namen aussehen sollte: Er war ein massiv gebauter Kerl ohne Hals, aber
mit rasiertem Schädel, einem harten, unfreundlichen Gesicht und kleinen,
gemeinen schwarzen Augen.
Im Film hätte er einen der glatzköpfigen Bösen mit schwarzem
Ziegenbärtchen gespielt, der einen Stuhl aus Balsaholz auf den Kopf kriegt,
wenn die hinreißende junge Frau im knappen Bikini versucht, ihn davon
abzuhalten, den Helden mit dem langen blonden Haar zu vermöbeln.
Byron Deitz hätte diese Behandlung absolut verdient gehabt, denn er
war ein Mann, der eine Menge Zeit damit verbrachte, Leute und Dinge zu
betrachten, die ihm nicht gefielen, und sich zu überlegen, wie er sie aus dem
Weg räumen könnte.
Deitz saß in seinem leuchtend gelben
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