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Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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eine schmale Gasse zwischen
niedrigen Lehmmauern gingen. Am anderen Ende der Gasse war ein Armeefahrzeug,
davor standen fünf Soldaten, die den Frauen entgegensahen. Und sie wirkten so
angespannt wie Dobermänner auf einem Schrottplatz.
    Es gab keinen Ton, nur die Bilder dieser drei von Kopf bis Fuß
schwarz gekleideten arabischen Frauen, die wie Zombies auf die Soldaten
zugingen. In die Gruppe am Ende der Gasse kam Bewegung, die Männer verteilten
sich, und einer trat mit erhobener Hand vor. Die Frauen setzten ihren Weg fort,
der Soldat rief ihnen etwas zu und brachte ein Gewehr in Anschlag. Das Bild
wackelte stark, als wäre derjenige, der den Film aufgenommen hatte, vor
irgendetwas erschrocken, und als man wieder etwas erkennen konnte, lagen die
drei Frauen auf dem Boden, und die Soldaten gingen langsam auf sie zu …
    Nein.
    Verdammt.
    Diese Website war einfach zu verrückt.
    Das Ganze sah aus wie eine Falle. Warum sonst hätte es irgendjemand
filmen sollen?
    Die Herkunft des Films war zweifelhaft, die Rechtschreibung des Textes
haarsträubend und der Betreiber der Website offenbar ein Wirrkopf. Die
Filmqualität war schlecht, und eine Quelle war nirgends angegeben.
    Es war wohl besser, diese Kavanaugh-Sache erst einmal ruhen zu
lassen, zumindest bis er seine Fertigkeiten vervollkommnet hatte. Wenn er einen
Fehler machte, würde die Sache, nach allem, was Bock über diesen Typen gehört
hatte, mit Tränen enden.
    Lieber klein anfangen.
    Während er einen Plan entwickelte, musste er sich von den
naheliegenden Opfern fernhalten: den verdammten Anwälten, dem scheinheiligen
Richter, der Quadratschlampe mitsamt der Tochter, die sie ihm untergejubelt
hatte.
    Seine Theorie lautete, dass niemand unschuldig war. Dass es im Leben
eines jeden Menschen ein Verbrechen, eine Sünde, etwas Widerwärtiges, Anstößiges
gab, das ihn der Schande preisgeben, ja sogar vernichten konnte.
    Es war eine interessante These, und es würde Spaß machen, ihre
Richtigkeit zu beweisen.
    Aber er musste raffiniert vorgehen.
    Er musste mit jemandem anfangen, der in keinerlei Verbindung zu ihm
stand.
    Er würde sich irgendeinen Menschen aussuchen, vollkommen
willkürlich, und dann würde er seine Hausaufgaben machen und alles
herausfinden, was herauszufinden war. Er würde um sein Opfer herumschleichen
wie ein Tiger im hohen Gras und einen Plan entwickeln, wie man ein Leben per
Fernbedienung ruinieren konnte.
    Er hatte bereits ein paar Kandidaten, Leute, deren schmutzige
Geheimnisse er im Zuge seiner Arbeit entdeckt hatte. Aber es war riskant, sich
auf sie zu konzentrieren, denn wenn es genug Fälle gab, konnte ein schlauer
Bulle den gemeinsamen Nenner finden.
    Nein, er musste den Zufall entscheiden lassen, musste vollkommen
anonym bleiben. Gnadenlos. Ein paar Probeläufe zum Aufwärmen, mit Leuten, die
man niemals mit ihm in Verbindung bringen konnte. Er würde dabei lernen und
seine Methoden perfektionieren. Auch wenn ihm dabei ein paar Anfängerfehler
unterliefen – und die unterliefen jedem –, würde man ihn nicht aufspüren
können.
    Aber wo sollte er anfangen?
    Er lehnte sich zurück und trank einen Schluck Stella Artois.
    Er brauchte ein Opfer, jemanden, den er nicht kannte und der dennoch
verwundbar war. Jemanden, der ein Geheimnis hatte. Er starrte auf den
Bildschirm, sein Rattenhirn bearbeitete das Problem.
    Was war die Verknüpfung zwischen Informationstechnologie und Leuten,
die ein Geheimnis hatten?
    Verbrecher.
    Einsicht ins Vorstrafenregister bekam man nur, wenn man Zugang zum
National Crime Information System hatte. Diesen Zugang hatte er aber nicht, und
er konnte ihn sich auch nicht ohne weiteres verschaffen.
    Und wie war es mit Personalakten?
    Schwierig, da heranzukommen, ohne eine Spur zu hinterlassen.
    Na, komm schon, Tony.
    Denk nach.
    Geheimnisse.
    Okay.
    Sextäter hatten Geheimnisse.
    Gab es eine Datenbank zur Erfassung von Sextätern?
    Wenige Tastenanschläge später hatte er sie gefunden. Wenn er sich
mit den Geschäftsbedingungen einverstanden erklärte, konnte er irgendeinen
Namen eingeben und erfahren, ob der Betreffende schon einmal irgendwo als
Sexualtäter aktenkundig geworden war.
    Er lehnte sich zurück und dachte angestrengt nach. Es hatte keinen
Sinn, wahllos irgendwelche Namen aus dem Telefonbuch von Niceville einzugeben
und auf einen Treffer zu hoffen. Nein, er musste am anderen Ende anfangen.
    Sexualtäter hielten sich gern in der Nähe von Kindern auf, nicht?
Wie viele Leute gab es in Niceville, die

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