Niceville
obwohl er diesen halbgaren
Bart trägt.«
»Wenn du es sagst. Kanntest du einen der erschossenen Kollegen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nicht in dem Sinn, dass wir befreundet waren. Darcy Beaumont war
ein guter Freund von Kates Bruder Reed, und Goodhew hat uns mal bei einer Sache
mit ein paar Rockern geholfen. Aber darüber hinaus – nein. Und du?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich auch nicht.«
Dazu gab es nichts mehr zu sagen, und es war verdammt deprimierend,
daran zu denken, also ließen sie es.
»Und wo ist der Zeuge?«
»Er hat nebenan einen Klienten und wird gleich kommen.«
»Er dealt sogar jetzt noch?«
Lacy zog die Schultern hoch und sagte mit übertriebenem spanischem
Akzent: »Ich weiß nichts. Ich bin aus Barcelona.«
»Manuel aus Fawlty Towers.«
Das brachte ihm eine Belohnung in Form eines breiten Lächelns ein.
»Ich versuche, für Lemon eine bessere Beschäftigung zu finden.«
»Als da wäre?«
»Wenn er die Ecstasy-Sache hinter sich hat, könnte er vielleicht an
unserem Resozialisierungsprogramm teilnehmen. Er war mit einer
Aufklärungseinheit im Irak und hat gelernt, wie man Hubschrauber repariert. Ein
guter Flugzeugmechaniker kann mehr verdienen als wir beide zusammen.«
»Du investierst eine Menge Arbeit und Vertrauen in einen Dealer,
Lacy.«
»Die Hoffnung stirbt zuletzt.«
»Bei dir bestimmt.«
Das war eines der Dinge, die ihm an ihr so gut gefielen.
»Also, willst du mir eine kleine Einführung geben?«
Sie wollte. Lemon Featherlights Status als Informant für das
Drogendezernat von Niceville war den Beamten der DEA in
Cap City offenbar vollkommen egal gewesen, denn sie hatten ihn bei einer Aktion
festgenommen, die nach Lacy Steinerts Meinung aus purer Langeweile angesetzt
worden war.
Nick fand insgeheim, dass die DEA eine Behörde ohne jede Existenzberechtigung war. Er wollte gerade etwas
antworten, als im Korridor Schritte erklangen und ein hochgewachsener,
schlanker, braungebrannter Mann mit breiten Schultern in der Tür stand.
Nick erhob sich und wandte sich ihm zu, während Lemon Featherlight
auf der Schwelle verharrte.
Er trug eine gut sitzende marineblaue Hose, dunkelgrüne italienische
Lederslipper und ein weißes Hemd, dessen obere Knöpfe geöffnet waren, so dass
man seine muskulöse Brust sehen konnte. Er hatte ein fein geschnittenes Gesicht
und die gleichen chinesischen grünen Augen wie Lacy. Nick wurde mit einem Mal
bewusst, dass sie Geschwister hätten sein können.
Featherlights schwarzes, straff nach hinten gekämmtes und in der
Mitte gescheiteltes Haar war lang und glänzte wie das Gefieder eines Raben. Er
erwiderte Nicks Blick offen, aber nicht herausfordernd, und streckte ihm nach
kurzem Zögern die Hand entgegen.
Nick ergriff sie, eine feste, trockene Hand, und schüttelte sie
einmal. Er sah Featherlight an, mit seinem typischen Blick: sachlich, aber forschend,
ein kühles Licht in den grauen Augen.
»Detective Kavanaugh. Danke, dass Sie gekommen sind«, sagte
Featherlight in einem tiefen Flüstern mit dem leisen Anklang eines
Florida-Akzents. Lacy, die wusste, dass Nick noch anderes zu erledigen hatte,
kam gleich zur Sache.
»Ich habe Nick gesagt, in welcher Situation Sie sind. Er kann Ihnen
keine verbindlichen Zusagen machen, aber ich glaube, es ist am besten, wenn Sie
sich einfach setzen und ihm erzählen, was Sie wissen.«
Featherlight nahm einen Holzstuhl, stellte ihn an die Wand, um etwas
Abstand zu Lacy und Nick zu haben, und setzte sich.
»Wo soll ich anfangen?«
Nick lehnte mit verschränkten Armen neben der Tür an der Wand. »Sie
hatten mit den Teagues zu tun«, sagte er. »Erzählen Sie mir davon.«
Featherlight schwieg einen Augenblick und schien sich zu sammeln.
Dann sah er auf zu Nick.
»Die Sache ist: Sie war eine richtig nette Frau. Die Menschen stehen
auf alles Mögliche. Die Teagues standen auf Dreier. Alle beide. Mr Teague hat
am liebsten zugesehen.«
»In ihrem Haus in Garrison Hills?«
»Ja. Immer dort. War der einzige sichere Ort.«
»Wie haben sie Ihre Anwesenheit den Nachbarn erklärt?«
»Haben sie nicht«, sagte Featherlight. »Sie kennen Garrison Hills
und das große Haus der Teagues. Die Zufahrt ist lang, und an der Straße steht
eine dichte Reihe Zedern. Hinter dem Haus ist ein steiler Hang, und dahinter
kommen Wald und die Felsen am Fuß von Tallulah’s Wall. Es ist sehr abgelegen.
Sie hatten keine Angestellten, keine Diener oder Gärtner. Miles hat mich immer
mit dem Mercedes abgeholt und später wieder
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