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Niceville

Niceville

Titel: Niceville Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Stroud
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lag größtenteils unter
der Erde.«
    »Und die Ziegel?«
    »Waren seit hundert Jahren nicht angerührt worden. Der Deckel war
fast ganz überwachsen.«
    »Ich habe gehört, dass ein paar Feuerwehrmänner nötig waren, um das
Ding zu öffnen, und dass sie Vorschlaghämmer benutzt haben.«
    Nick hörte noch immer das stählerne Klingen der Hämmer auf dem Stein
und die leisen Schreie, die bei jedem Schlag aus der Gruft drangen.
    »Ja. Die Gruft war verschlossen. Und nichts deutete darauf hin, dass
sie seit der Beisetzung des Sarges geöffnet worden war.«
    »Aber Rainey war da drinnen gefangen, oder?«
    »Ja.«
    »Und haben Sie je rausgekriegt, wie er da hineingekommen ist, ohne
dass an dem Grab irgendwas verändert worden ist? Ich meine, das ist doch
einfach … falsch ,
oder nicht?«
    Nick sagte nichts und wartete. Er dachte genau dasselbe. Die ganze
Sache war von Anfang an falsch gewesen.
    Doch Nick glaubte nicht, dass es wirklich ein da draußen gab. Eines Tages würde er eine Erklärung dafür finden. Jemand würde herausbekommen,
wie der Trick funktioniert hatte, und der Trick würde sie zu dem führen, der
ihn angewendet hatte.
    »Tja, wie auch immer … Das hat mir eine Scheißangst eingejagt«,
sagte Featherlight. »Da ist was wirklich Seltsames am Werk. Das finden Sie doch
auch, oder?«
    »Warum bin ich hier, Lemon?«
    Featherlight sah auf seine Hände.
    »Ich hätte schon vor einem Jahr mit Ihnen reden sollen. Aber ich
wollte nicht, dass Sie denken: Vielleicht er? Verstehen Sie?«
    »Sagen Sie mir, warum ich hier bin.«
    Featherlight dachte nach.
    »Haben Sie mal von einer Website namens ancestry.com gehört? Da kann man Ahnenforschung betreiben. Man meldet sich an, zahlt eine
Gebühr und hat Zugriff auf alle möglichen amtlichen Unterlagen – Militärakten,
Taufregister, Verzeichnisse von mormonischen Gemeinden und so weiter.«
    »Ich hab davon gehört.«
    »Bevor Rainey verschwand, vielleicht zwei Tage vorher, war ich bei
den Teagues. Wir haben am Pool gesessen und uns unterhalten. Rainey hat im Pool
gespielt. Miles bekam einen Anruf und musste noch mal ins Büro. Er fragte mich,
ob ich mitfahren wollte in die Stadt. Ich sah Sylvia an, und sie sagte, sie
fände es schön, wenn ich zum Essen bleiben würde. Miles war einverstanden und
ging. Als Rainey im Bett war, hat Sylvia ein Glas Wein getrunken und war ein
bisschen beschwipst, und da hat sie mich gefragt, wie viel ich von meinen
Vorfahren weiß. Von meinem Stamm.«
    »Den Seminolen?«, fragte Lacy.
    Er sah sie mit einem wehmütigen Lächeln an.
    »Alle hier denken, dass ich ein Seminole bin, aber das stimmt nicht.
Meine Vorfahren waren keine Seminolen, sondern Mayaimi. Nach uns ist Miami
benannt. Jedenfalls, sie fing mit diesem Stammeszeug an, aber bald waren wir
bei ihrer eigenen Familie. Sie hatte auf ancestry.com nach ihren Vorfahren geforscht.«
    »Und warum ist sie nicht einfach zum Stadtarchiv gegangen?«, fragte
Lacy interessiert. »Da sind alle Unterlagen über ihre Familie.«
    »Darum ging es ja gerade«, sagte Featherlight. »Sie wollte auf
keinen Fall, dass irgendjemand in der Stadt es erfährt.«
    »Und was war es«, fragte Nick, »das der Stadtarchivar nicht wissen
sollte?«
    »Das hab ich nie rausgefunden. Aber es war etwas, das ihr Sorgen
machte, als hätte sie Angst vor dem, was sie vielleicht finden würde. Sie hatte
die Vorstellung, dass es, was immer es auch war, irgendwo weit in der
Vergangenheit lag. Dass es hundert Jahre oder länger her war. Sie sagte, die
Unterlagen wären okay bis zum Ende des Bürgerkriegs, als hier im Süden alles
auseinanderfiel. Und 1935 hat das Rathaus gebrannt, und das Archiv ist zerstört
worden. Es war, als wäre sie etwas auf der Spur, das ihr sehr wichtig war und
ihr zugleich Angst machte. Ich hab es damals auf den Wein geschoben, aber dann
ist diese Sache passiert, und ich hab sie nie wiedergesehen. Und wo haben Sie
Rainey gefunden? In einem Grab. Gleich nachdem Sylvia in den Crater Sink
gesprungen ist. Als gäbe es da eine Verbindung.«
    »Verbindung?«, fragte Lacy. »Wie denn?«
    »Vielleicht war es ein Handel.«
    »Ein Handel?«
    »Vielleicht ist sie gesprungen, damit Rainey zurückkommen konnte.«
    »Herrgott, Lemon«, sagte Nick.
    »Zurück von wo?«, fragte Lacy.
    »Ich weiß es nicht. Von draußen. Vielleicht führt der Crater Sink
nach draußen, und Sylvia hat es gewusst.«
    »Wir wissen nicht, ob sie in den Crater Sink gesprungen ist«, sagte
Nick.
    »Aber da stand doch ihr Wagen, am Ende

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