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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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liebevollen Erwachsenen verwehrt würde. In aufgeklärteren Zeiten hätte man für Männer wie sie Verständnis gehabt, vielleicht hätte man sogar zu schätzen gewusst, dass sie Kindern bereits ein Vergnügen bereiteten, das ihnen die Gesellschaft momentan noch verweigern wollte.
    Natürlich hatte das mit der Wahrheit nichts zu tun. Die betroffenen Jungen machten nicht aus Liebe mit, sondern weil sie auf Liebe hofften. Creal wusste längst nicht mehr, worin der Unterschied zwischen Liebe und Macht bestand. Er hätte Oliver seine Verachtung kaum deutlicher zeigen können, als ihn seinen Freunden zur Verfügung zu stellen.
    Am darauffolgenden Nachmittag ging Oliver zu Nick.
    »Ich möchte mit euch abhauen«, sagte er.
    »Was?«, fragte Nick. Er hatte mit Oliver noch gar nicht darüber gesprochen.
    Oliver machte eine ungeduldige Bewegung mit der Hand. »Ich weiß, dass ihr abhauen wollt – alle wissen das. Ich will mit.«
    Hinter ihm stöhnte Davey. Er wusste schon, was kommen würde. »Verdammte Scheiße«, murrte er.
    Nick packte Oliver an der Schulter. »Willkommen an Bord«, sagte er und grinste vor Freude.
    Sobald Davey mit Nick allein war, knöpfte er ihn sich vor.
    »Der kommt nich mit.«
    »Ich bin ihm was schuldig«, sagte Nick stur.
    »Klasse, und was hab ich davon?«
    Nick zuckte die Achseln. »Wir brauchen Kippen.«
    »Ach! Super Idee! Genau. Blöd von mir. Ich geh einfach über die Straße und kauf ein paar Schachteln, nich? Schwachsinn. Außerdem gibt’s auf der Welt gar nich so viele Kippen, wie man braucht, damit Andrews und die anderen Oliver laufenlassen. Das glaubt doch niemand, dass der schneller is als die. Bei dem brauchste bloß in die Hände klatschen und der fällt um.« Davey senkte die Stimme. »Außerdem. Denk doch ma nach. Wieso hat’n der so schnell seine Meinung geändert?«
    Nick zog die Schultern hoch. Keiner von beiden wusste, was Oliver während des Sportfestes am Tag zuvor hatte aushalten müssen.
    »Der verpfeift uns«, sagte Davey. Nick sah mutlos zur Seite. »Wie kommste darauf?«, fragte er.
    »Na, der will sich wieder bei Creal einschleimen.«
    »Er ist ’n Kumpel«, sagte Nick. »Wie soll er uns vertrauen, wenn wir ihm nicht vertrauen?«
    »Jetzt hör doch mal auf«, sagte Davey. »Ich mein, erst red’ der zehn Tage lang nich mit uns und dann isser auf einmal dein bester Freund? Hör doch auf. Und wenn der uns verpfeift, was dann? Wo kommste dann hin? Zurück in die Zelle!«
    Nick zuckte zusammen und überlegte. »Ich behalte ihn im Auge«, sagte er.
    »Der Typ, ey, der guckt doch bloß, dass er mit’m Arsch an die Wand kommt«, sagte Davey.
    Mehr sagte er nicht, aber nur, weil das Ganze sowieso hypothetisch war. Sie hatten nichts zum Schmieren und keine Idee, wo sie etwas herbekommen sollten, und bevor das nicht geklärt war, konnten sie sich jeden Gedanken an Flucht abschminken.

18
  Oliver entscheidet sich
     
    Zwei Tage später stand zum ersten Mal seit beinahe zwei Wochen wieder Olivers Name auf der Liste.
    Oliver sah es – und geriet in Panik. Er kannte sich selbst gut genug, um zu wissen, was Sache war – jetzt musste er sich entscheiden. Davey, der neben ihm stand, blickte sofort durch.
    »Also, ihr seid wieder beste Kumpels, nich? Du und der liebe Tony?«
    »Lass ihn in Ruhe«, sagte Nick. Er zog Oliver am Ärmel und sagte leise: »Jetzt ist es so weit, oder?« Oliver blickte zu ihm hoch und brachte nicht einmal ein Nicken zu Stande.
    Davey stupste ihn von der anderen Seite an. »Farbe bekennen, Oliver«, sagte er.
    Oliver starrte auf seine Schuhe. Davey guckte Nick an und verzog das Gesicht.
    »Du kannst Creal Kippen klauen, Ollie, das weißt du doch«, sagte Nick. »Wenn er mit einem Jungen hinten ist. Er vertraut dir.«
    Bei dem Wort Vertrauen schnaubte Davey amüsiert, als wäre schon der Gedanke, jemand könnte Oliver vertrauen, lächerlich. Nick warf ihm einen bösen Blick zu.
    »Ollie, wenn du abhauen willst, dann ist das die Gelegenheit. Willst du nun mit? Was is?«
    »Ich will mit«, krächzte Oliver. Nick blickte Davey triumphierend an. »Aber …«
    »Was, aber …?«
    Oliver blickte ihn an und sagte nichts. Er hatte furchtbare Angst. Creal hatte ihn im Griff wie eine Marionette: Fühl dich schlecht, fühl dich gut, sei froh, sei traurig. Die Wechselbäder zwischen Furcht und Freude hatten Oliver zermürbt.
    »Du versuchst es, ja?«, bat ihn Nick und wünschte mit aller Kraft, dass er es täte.
    Oliver zog eine Grimasse. »Ich versuch’s«,

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