Nicholas Flame Bd. 1 Der Unsterbliche Alchemyst
meinem Gatten eine Nachricht überbringen.«
KAPITEL SIEBZEHN
S ophie und Josh folgten Scathach durch Hekates Haus. Überall wurden sie daran erinnert, dass sie sich im Innern eines Baumes befanden: Alles – Fußböden, Wände und Decken – war aus Holz, und hier und da sprenkelten Zweige mit Knospen und junge Schösslinge mit grünen Blättern die Wände, als wachse das Holz noch immer.
Sophie blieb dicht bei ihrem Bruder und schaute sich um. Das Haus schien aus einer Reihe kreisförmiger Zimmer zu bestehen, die fast unmerklich ineinander übergingen. In einige konnten sie im Vorbeigehen einen Blick werfen. Fast alle Räume waren kahl und in den meisten ragte in der Mitte ein Baum mit roter Rinde aus dem Boden empor. In einem Raum, der etwas abseits lag und um etliches größer war als die übrigen, sahen sie mittendrin ein großes ovales Wasserbecken. Mit den üppigen, weiß blühenden Wasserlilien, die darin wuchsen, sah es aus wie ein riesiges Auge.
Im nächsten Raum hing der Baum mit der roten Rinde voller hölzerner Windspiele. Sie waren alle unterschiedlich: Bei einigen waren die Klangstäbe mit eingeritzten Symbolen verziert, andere waren ganz schmucklos. Die Windspiele hingen unbewegt von den Ästen, bis Sophie in den Raum schaute. Da fingen sie an, sich zu bewegen und leise und melodisch zu klingen. Sophie griff nach Joshs Arm, um ihn darauf aufmerksam zu machen, doch er schaute stur geradeaus, die Stirn in Falten gelegt.
»Wo sind die Leute, die hier wohnen?«, fragte er schließlich.
»Hier wohnt nur Hekate«, erklärte Scathach. »Die Wesen des Älteren Geschlechts sind gern allein.«
»Leben eigentlich noch viele von ihnen?«, wollte Sophie wissen.
Scathach blieb vor einer offenen Tür stehen und schaute über die Schulter. »Mehr als du denkst. Die meisten wollen mit den Humani nichts zu tun haben und verlassen ihre jeweiligen Schattenreiche nur selten. Auch die Dunklen unter ihnen, die zu den alten Ordnungen zurückkehren wollen, arbeiten an der Verwirklichung ihrer Ziele meist nur über Mittelsmänner wie Dee.«
»Und was ist mit dir?«, fragte Josh. »Willst du die alten Ordnungen auch wiederhaben?«
»Ich habe sie nie für besonders gut gehalten«, antwortete Scatty. »Vor allem nicht für die Humani.«
Sie fanden Nicholas Flamel draußen auf einer hölzernen Plattform, die auf einem Ast ruhte, der waagrecht aus dem Stamm wuchs und einen Durchmesser von mindestens drei Metern hatte. Die Astspitze war nach unten geneigt und bohrte sich neben einem halbmondförmigen Teich in den Boden. Als Sophie über den Ast ging und hinunterschaute, stellte sie verblüfft fest, dass zwischen den verschlungenen Wassergräsern in dem Teich winzige, fast menschliche Gesichter mit weit offenen Augen und Mündern zu ihr heraufschauten.
Auf der Plattform standen fünf hochlehnige Stühle um einen runden Tisch herum, der eingedeckt war mit wunderschön geschnitzten Holzschalen sowie hölzernen Bechern und Kelchen. Auf Platten waren warmes, in dicke Scheiben geschnittenes Brot und dicke Scheiben Hartkäse angerichtet und in der Mitte des Tisches standen zwei große Schalen mit Obst – Äpfel, Orangen und riesige Kirschen. Der Alchemyst schälte mit einem dreieckigen schwarzen Steintäfelchen, das aussah wie eine Pfeilspitze, sorgfältig einen smaragdgrünen Apfel. Sophie fiel auf, dass er die Schalen so hinlegte, dass sie Buchstaben ähnelten.
Scatty setzte sich neben ihn. »Kommt Hekate nicht?«, fragte sie, nahm ein Stück Apfelschale und kaute darauf herum.
»Ich glaube, sie zieht sich zum Abendessen um«, antwortete Flamel und ersetzte das Stück Schale durch ein neues. Er schaute Sophie und Josh an. »Setzt euch. Unsere Gastgeberin kommt bald, dann können wir essen. Ihr müsst erschöpft sein.«
»Ja, ich bin müde«, gab Sophie zu. Während sie das sagte, wurde ihr bewusst, wie ausgelaugt sie sich wirklich fühlte. Sie konnte kaum noch die Augen offen halten. Und ein wenig hatte sie auch Angst vor dieser Müdigkeit – seit sie wusste, dass es die Magie des Ortes war, die ihr die Energie raubte.
»Wann können wir nach Hause?«, fragte Josh. Er bemühte sich zu verbergen, dass auch er völlig erschöpft war. In Wahrheit taten ihm alle Knochen weh, und er hatte das Gefühl, eine Erkältung zu bekommen.
Nicholas Flamel schnitt den Apfel auf und steckte ein Stück davon in den Mund. »Das wird leider noch etwas dauern.«
»Warum?«
Flamel seufzte. Er legt die steinerne Pfeilspitze und den
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