Nicholas Flame Bd. 1 Der Unsterbliche Alchemyst
Apfel beiseite und ließ seine Handflächen auf der Tischplatte ruhen. »Im Moment wissen weder Dee noch die Morrigan, wer ihr seid. Nur deshalb seid ihr und eure Eltern sicher.«
»Unsere Eltern ?«, fragte Sophie. Bei der Vorstellung, dass ihr Vater und ihre Mutter in Gefahr sein könnten, wurde ihr ganz übel. Josh war ebenfalls sichtlich bestürzt. Er presste die Lippen zu einer schmalen weißen Linie zusammen.
»Dee wird sehr sorgfältig vorgehen«, sagte Flamel. »Es geht um ein jahrtausendealtes Geheimnis, und da wird es ihm nicht genügen, euch umzubringen. Wenn er euch fände, würden alle, die ihr kennt oder mit denen ihr Kontakt hattet, einen Unfall haben. Ich vermute, dass selbst Bernices ›Kaffeetasse‹ nicht verschont bleiben würde. Vermutlich würde er sie bis auf die Grundmauern niederbrennen… einfach nur deshalb, weil du einmal dort gearbeitet hast. Vielleicht kommt Bernice bei dem Brand sogar ums Leben.«
Sophie war entsetzt. »Aber sie hat doch mit all dem überhaupt nichts zu tun!«
»Richtig, aber Dee weiß das nicht. Und es kümmert ihn auch nicht. Er hat zu lange mit den Dunklen zusammengearbeitet und sieht in den Humani inzwischen kaum mehr als Tiere.«
»Aber wir erzählen bestimmt niemandem, was wir gesehen haben …«, begann Josh. »Es würde uns ja ohnehin keiner glauben…«
»Und wenn wir es niemandem erzählen, wird es nie jemand erfahren«, ergänzte Sophie. »Wir werden nie ein Wort darüber verlieren. Dee wird uns nie finden.« Doch noch während sie das sagte, dämmerte ihr, dass es hoffnungslos war. Sie und Josh saßen wegen ihres Wissens um die Existenz des Codex genauso in der Falle wie seit Jahrhunderten Nicholas und Perenelle.
»Er würde euch finden«, sagte Flamel. Er wandte sich an Scathach: »Was meinst du, wie lange würden Dee oder seine Schergen brauchen, bis sie sie gefunden haben?«
»Nicht lange. Ein paar Stunden vielleicht. Die Ratten oder Vögel würden eure Spur aufnehmen und den Rest erledigt dann Dee.«
»Wer einmal mit Magie in Berührung kam, ist für immer verändert.« Flamel wedelte mit der rechten Hand und ein dünner blassgrüner Rauchfaden blieb in der Luft hängen. »Man erkennt euch am Geruch.« Er pustete den grünen Rauchfaden an, woraufhin der sich davonschlängelte und schließlich verschwand.
»Willst du damit sagen, dass wir riechen?«, fragte Josh.
Flamel nickte. »Ihr riecht nach schlafender Magie. Du hast eine Nase voll davon abbekommen, als Hekate euch berührt hat. Was habt ihr da gerochen?«
»Orangen«, erwiderte Josh,
»Vanille«, sagte Sophie.
»Und vorher, als Dee und ich miteinander gekämpft haben – wonach roch es da?«
»Pfefferminze und faule Eier«, antwortete Josh sofort.
»Jeder Magier hat seinen ganz eigenen Duft, fast wie ein magischer Fingerabdruck. Ihr müsst eure Sinne schärfen. Die Menschen nutzen sie nur zu einem ganz geringen Teil. Sie schauen kaum richtig hin, hören selten zu, riechen nichts und glauben, sie könnten nur mit der Haut spüren. Dafür reden sie. Und wie viel sie reden! Das ist ihr Ausgleich dafür, dass sie ihre Sinne nicht nutzen. Wenn ihr wieder in eurer Welt seid, werdet ihr erkennen können, ob Leute magische Energie besitzen, und sei es auch nur eine winzige Spur. Ihr werdet es riechen, vielleicht sogar schmecken, oder ihr seht es als Aura um ihre Körper.«
»Wie lang wird das anhalten?«, erkundigte sich Sophie neugierig. Sie nahm eine riesige Kirsche aus der Obstschale. »Geht es irgendwann wieder vorbei?«
Flamel schüttelte den Kopf. »Es geht nie vorbei. Im Gegenteil, es wird immer stärker. Wie schon gesagt: Von nun an wird nichts mehr so sein, wie es war.«
Josh lächelte müde. »Das hört sich aus deinem Mund wie etwas ganz Schlimmes an.« Er griff sich einen knackigen Apfel und biss hinein. Saft lief ihm übers Kinn und er wischte ihn mit dem Handrücken ab.
Flamel wollte etwas darauf erwidern, doch dann schaute er hoch und stand rasch auf. Auch Scathach erhob sich lautlos und geschmeidig. Sophie folgte ihrem Beispiel. Nur Josh blieb sitzen, bis seine Schwester ihm einen Schubs gab. Dann wandte sie sich der Göttin mit den drei Gesichtern zu.
Aber das war nicht Hekate.
Die Frau, die ihnen als Hekate vorgestellt worden war, war eine große, elegante Erscheinung mittleren Alters gewesen, mit stoppelkurzem weißem Haar und glatter, dunkler Haut. Diese Frau jetzt war älter, sehr viel älter. Eine Ähnlichkeit mit Hekate war da, woraus Sophie schloss, dass es sich
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