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Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin

Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin

Titel: Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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ihrem Kopf ausschalten konnte, doch wieder einmal verzichtete sie ganz bewusst auf ihren Schutzschild.
    Gilgamesch, alterslos und immer derselbe.
    Gilgamesch, groß und stolz, ein Herrscher, gekleidet nach der Mode von einem Dutzend Jahrhunderten und genauso vieler Zivilisationen: sumerisch und akkadisch, babylonisch, ägyptisch, griechisch und römisch und schließlich in Fell und Leder wie die Gallier und die Bewohner Britanniens.
    Gilgamesch der Krieger, der Kelten und Wikinger, Rus und Hunnen gegen Menschen und Monster in die Schlacht führt.
    Gilgamesch der Lehrer in der schlichten weißen Robe eines Priesters mit Eichenlaub und Mistelzweig in den Händen.
    Sophie blinzelte und sagte in einem heiseren Flüsterton: »Du bist der Zeitenälteste!«
    Gilgamesch zog scharf die Luft ein. »Es ist lange her, seit mich jemand so genannt hat. Von wem hast du das?« Aus seiner Stimme war fast so etwas wie Angst herauszuhören.
    »Ich weiß es einfach.«
Josh lächelte. »Bist du so alt wie die Pyramiden?«
    »Älter, viel älter«, antwortete Gilgamesch wieder vergnügt.
    »Das Alter des Königs wird in Jahrtausenden gezählt und nicht in Jahrhunderten«, meldete sich Palamedes vom Fahrersitz.
    Sophie ging davon aus, dass Gilgamesch nicht viel größer war als Josh, aber seine vielen Kleiderschichten – ein Mantel über dem anderen, darunter diverse Fleecejacken, T-Shirts und Kapuzenshirts – ließen ihn kugelrund erscheinen, und mit dem ungepflegten Haar und dem zerzausten Bart sah er aus wie ein alter Mann. Als Sophie ihn näher betrachtete, stellte sie fest, dass er sie an ihren Vater erinnerte: die hohe Stirn, die lange gerade Nase und die strahlend blauen Augen in dem tief gebräunten Gesicht. Plötzlich fand sie auch, dass er ungefähr genauso alt aussah, nämlich Mitte vierzig.
    Sie fuhren an einem hell erleuchteten Geschäft vorbei. Gelbweißes Licht erhellte das Taxiinnere, und Sophie sah, dass das, was sie zunächst für Schmutz und Flecken auf dem Mantel des Königs gehalten hatte, seltsame Symbole und Textzeilen waren, die man anscheinend mit schwarzem Filzstift auf den Stoff geschrieben hatte. Sie erkannte Keilschriftzeichen und ägyptische Hieroglyphen, und was sie anfangs für Risse und Löcher im Stoff angesehen hatte, waren gezackte, aufgestickte Linien. Sie war sicher, dass sie im Arbeitszimmer ihrer Eltern Tontafeln gesehen hatte, auf denen ähnliche Zeichen eingeritzt waren.
    Sophie war sich bewusst, dass Gilgamesch sie und ihren Bruder beobachtete. Sein Blick ging zwischen ihren Gesichtern hin und her. Die Falten auf seiner Stirn und entlang der Nase wurden immer tiefer, je mehr er sich konzentrierte. Und noch bevor er den Mund aufmachte, wusste Sophie schon, was er sagen würde.
    »Ich kenne euch.«
    Sophie sah ihren Bruder an. Der Gehörnte Gott hatte genau dasselbe gesagt. Josh fing ihren Blick auf, presste die Lippen aufeinander und schüttelte leicht den Kopf. Es war eines der Zeichen, die sie seit ihrer Kindheit benutzten, und es bedeutete so viel wie »Sag nichts«. »Wo haben wir uns denn kennengelernt?«, fragte er.
    Gilgamesch stützte die Ellbogen auf die Knie und beugte sich vor. Er legte die Hände flach aufeinander, drückte die Zeigefinger an die Nasenflügel und betrachtete sie wieder eingehend. »Das ist lange her«, antwortete er schließlich. »Ich war damals noch jung, so jung.« Dann verschatteten sich seine Augen. »Nein, das stimmt nicht. Ich habe euch kämpfen und fallen sehen …« Seine Stimme brach und plötzlich glänzten Tränen in seinen Augen. Voller Schmerz fügte er hinzu: »Ich habe euch beide sterben sehen.«
    Sophie und Josh sahen sich erschrocken an, doch da rührte Flamel sich in seiner dunklen Ecke und schmetterte ihre Fragen ab. »Das Gedächtnis des Königs ist nicht mehr das beste«, sagte er rasch. »Ihr müsst nicht alles glauben, was er sagt.« So wie er es sagte, klang es wie eine Warnung.
    »Du hast uns sterben sehen?«, fragte Sophie dennoch nach. Gilgameschs Worte hatten ganz entfernte Erinnerungen in ihr geweckt, doch als sie versuchte, sie näher heranzuholen, verblassten sie noch weiter und entglitten ihr.
    »Der Himmel hat blutige Tränen geweint. Die Meere haben gebrodelt und die Erde wurde auseinandergerissen …«, flüsterte Gilgamesch.
    »Wann war das?«, fragte Josh rasch.
    »In jener Zeit vor der Zeit, in der Zeit, bevor die Geschichte begann.«
    »Man darf nichts, was der König sagt, für bare Münze nehmen«, erklärte Flamel laut in die

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