Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer
Unsterblichkeit verliehen wurde, und zwar von Benzaiten, von der viele – einschließlich der Hexe – glauben, sie sei eine der berühmten Erstgewesenen. Niten war auch unter dem Namen Miyamoto Musashi bekannt.«
Sophie hielt kurz den Atem an. Die Namen Benzaiten und jetzt Miyamoto Musashi ließen Dutzende Bilder in ihrem Kopf entstehen. Sie blickte auf die sanften Bewegungen des Wassers und die Wellen zerflossen und zeigten das Bild von …
Niten in der fremdartigen Rüstung eines Samurai-Kriegers, wie er durch einen dichten Bambuswald hastet. Hunderte knurrender Ungeheuer mit Tierköpfen jagen hinter ihm her. Die Haut der meisten Kreaturen ist pink oder blau, aber einige sind auch leuchtend rot. Alle tragen ein Geweih und haben drei Augen, ein Maul voll gefährlicher Zähne und scharfe Krallen. Der Samurai hat den Rand des Bambuswaldes erreicht und bleibt schwankend am Rand einer steilen Klippe stehen. Weit unter sich sieht er die brodelnde See und gezackte Felsen. In jeder Hand ein Schwert, wirbelt er herum, um sich den Ungeheuern zu stellen. Unter wildem Geheul tauchen die hungrigen Bestien aus dem Wald auf und stürmen auf den Mann zu …
Da erscheint Benzaiten.
Sie steigt aus dem Meer hinter Niten auf. Überaus zart, wie hingehaucht und wunderschön, reitet sie auf einem gewaltigen Drachen mit pinkfarbenen Schuppen. Sie tippt dem Drachen mit einem kunstvoll gearbeiteten Fächer auf den Hinterkopf und die Kreatur breitet hauchzarte Flügel aus, öffnet das Maul und entblößt Hunderte spitzer Zähne und eine lange schwarze Zunge … Und die gehörnten Ungeheuer drehen sich um und fliehen in den Bambuswald.
Eines bleibt zurück. Eine riesige Kreatur mit blauer Haut und nach unten gebogenen Hauern. Sie hebt einen Bogen, der so groß ist wie sie selbst, und schießt einen langen Pfeil mit schwarzer Spitze auf die zierliche Ältere ab.
Nitens Schwert blitzt auf, ungeheuer schnell … und durchschneidet den Pfeil in der Luft.
Sophie schauderte und holte tief Luft. »Ja, Benzaiten hat ihm die Unsterblichkeit verliehen.«
»Wofür hielt die Hexe Benzaiten?«
»Für die Hexe ist sie eine der Erstgewesenen.«
»Siehst du?« Perenelle lächelte erfreut. »Du kannst einzelne Erinnerungen abrufen, wenn du sie brauchst. Du hast die Kontrolle über die Erinnerungen, nicht sie über dich.«
»Anscheinend sind es Namen, die Erinnerungen wecken. Als wir in Paris waren, hat Johanna mir irgendwie geholfen, während ich geschlafen habe. Nachdem die Hexe mir ihre Erinnerungen übertragen hatte, hatte ich das Gefühl, als würde mein Schädel explodieren. Die Geräusche in meinem Kopf waren unerträglich. Ständig hörte ich Stimmen, die in hundert verschiedenen Sprachen geredet haben, Liedfetzen und Töne, die so fremdartig waren, dass ich in Panik geraten bin. Nach ein paar Tagen begann ich dann zu verstehen, was sie sagten«, fügte sie ehrfürchtig hinzu. »Als Johanna fertig war, waren die Stimmen zwar immer noch da, aber sie waren nur noch ein entferntes Flüstern. Wenn ich mich jetzt auf einen Namen konzentriere, kommen die entsprechenden Erinnerungen dazu. Aber ich habe versucht, sie zu ignorieren.«
»Tu das nicht. Die Erinnerungen sind Wissen, und Wissen ist Macht. Es ist ein ganz besonderes Geschenk, das die Hexe dir gemacht hat.« Perenelles Blick verlor sich in der Ferne. »Wenn ich nur wüsste, weshalb sie es dir gemacht hat.«
» Weshalb? « Sophie verstand nicht.
»Sie muss in deiner Zukunft etwas gesehen haben, aus dem sie schließen konnte, dass du dieses Wissen einmal brauchen würdest. Sie hätte dich ohne Weiteres einfach in Luftmagie unterrichten können, ohne dir ihre Erinnerungen zu übertragen. «
Etwas beunruhigte Sophie an dieser Aussage, aber sie wusste nicht, warum und weshalb. Sie würde später mit Josh darüber reden; vielleicht konnte er ihr weiterhelfen. »Dann werden die Erinnerungen also nicht über mich bestimmen?«
»Nein.« Perenelle lächelte freundlich. »Du hast selbst keine Ahnung, wie stark du bist. Du hast eine entsetzliche Erweckung überlebt und bist innerhalb weniger Tage in drei Zweigen der Elementemagie ausgebildet worden.« Perenelle sprach leise und Sophie spürte die Traurigkeit, die in ihrer Stimme mitschwang. Sie fragte sich, ob die Frau wohl an die anderen Zwillinge dachte, die nicht überlebt hatten. »Du solltest wissen, dass das, was du erreicht hast, noch nie zuvor erreicht wurde. Noch gar nie.« Perenelle legte die Hand auf Sophies
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