Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer
unvermutet. Er saß immer noch auf seinem Thron und hatte den Älteren, der sich wie ein verwöhntes Kind benahm, fasziniert beobachtet. »Hört auf mit dem Unsinn. Wir sitzen doch im selben Boot.«
»Kein Humani droht mir!«, sagte Kukulkan.
»Und niemand – kein Älterer, kein Unsterblicher und kein Monster – droht mir «, rief Billy.
»Okay, dann sind wir uns jetzt einig, dass keiner von euch es gern hat, wenn man ihm droht.« Machiavelli schlug einen versöhnlichen Ton an. »Und dann können wir uns jetzt den aktuellen Dingen zuwenden. Mir scheint«, fuhr er rasch fort, wobei er seine beiden Gegenüber nacheinander anschaute und sie so zwang, sich auf ihn zu konzentrieren, »dass wir alle den einen oder anderen enttäuscht haben. Doch jetzt haben wir die Gelegenheit, das wiedergutzumachen.« Gelassen sah er die gefiederte Schlange an. »Wir sind dankbar – wir beide – noch am Leben zu sein. Wie wissen, dass wir versagt haben. Also lasst uns jetzt einen Weg finden, wie wir es wiedergutmachen können.«
»Ich hab nicht ver – «, begann Billy, doch ein Blick von dem Italiener brachte ihn zum Schweigen.
»Wir sind uns bewusst, dass unser Scheitern ein schlechtes Licht auf dich wirft.« Machiavelli nahm bewusst die Schuld auf sich, um Kukulkan zu besänftigen. »Doch wer außer uns weiß, dass Billy und ich gescheitert sind?« Der Italiener wusste, dass es eine Chance gab, heil aus der Situation herauszukommen, wenn es ihm nur gelang, den Älteren zum Nachdenken und Reden zu verleiten.
Kukulkan kehrte zu seinem geschwungenen steinernen Hocker zurück. »Du meinst Wesen des Älteren Geschlechts?«
Der Italiener nickte.
»Von denen niemand. Ich bin mir sicher, dass die Neuigkeit noch nicht einmal in die anderen Schattenreiche durchgesickert ist. Oder sagen wir: ziemlich sicher. Allerdings kann es in der Stadt Spione geben, von denen ich nichts weiß.«
Billy the Kid stellte sich wieder hinter Machiavelli. »Traut ihr Typen eigentlich niemandem?«
»Nein«, antwortete Kukulkan knapp.
»Wenn Billy und ich also noch einmal nach Alcatraz zurückgehen, die Monsterarmee wecken und auf die Stadt loslassen, würde unsere Mission als Erfolg gelten. Und niemand käme auf die Idee, etwas anders anzunehmen.«
Kukulkan nickte. »Das ist richtig.«
Machiavelli breitete die Arme aus. »Niemand bräuchte etwas von unserem Scheitern zu erfahren. Und dich würde niemand schief ansehen.«
»Ihr hattet auch den Auftrag, Perenelle zu töten, und sie ist entkommen«, erinnerte der Ältere ihn. »Wie willst du sie finden? «
»Da brauche ich nicht lange zu suchen.« Machiavellis Lächeln wurde eisig. »Ich kenne die Flamels. Ich habe sie jahrhundertelang genauestens beobachtet – vor allem die Frau.« Fast unbewusst rieb er sich die rechte Hand, auf der ein schwaches weißes Narbenmuster zu sehen war, eine Erinnerung an ihre letzte Begegnung. »Ich kann dir so gut wie garantieren, dass sie auf die Insel zurückkehren werden, um uns aufzuhalten. Das liegt in ihrer Natur und alle, Männer wie Frauen, sind Sklaven ihrer Natur.«
Kukulkans gefiederter Schwanz klopfte leicht auf den Boden, während er die Idee bedachte. »Glaubst du, dass du den Alchemysten und die Zauberin bezwingen kannst, wenn sie zur Insel zurückkehren?«
Machiavelli musste die Wangen zwischen die Zähne ziehen, um sich ein Lächeln zu verkneifen. Er wusste, dass er gewonnen hatte. »Die Flamels sind geschwächt und altern schnell. Auf der Insel wohnt eine Sphinx, die ihnen ihre Energie raubt, und einige der Kreaturen, die bereits wach sind, können uns unterstützen.« Er beugte sich vor und senkte seine Stimme, sodass Kukulkan sich ebenfalls vorbeugen musste. Es war ein Trick, den er vor einem halben Jahrtausend gelernt hatte. »Falls du uns in irgendeiner Form Hilfe anbieten könntest, würde sie natürlich dankbar angenommen.«
Kukulkan nickte. »Natürlich. Ja, ich kann euch helfen.« Sein Lächeln machte seine gespaltene schwarze Zunge sichtbar. Er fuhr sich mit den Fingern durch seinen weißen Bart und fügte hinzu: »Es gibt da ein paar Kreaturen, die ich rufen kann, damit sie euch beistehen.«
»Und was ist mit mir?« fragte Billy leise.
»Du begleitest den Italiener«, blaffte Kukulkan. »Vielleicht kann er dir Manieren beibringen.«
»Dann wirst du heute also keinen Versuch mehr unternehmen, mich umzubringen?«
»Billy!« Machiavelli blickte den Amerikaner, der Gefahr lief, Kukulkan erneut in Rage zu versetzen, drohend an.
»Heute
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