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Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer

Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer

Titel: Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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Augen blieben und beobachteten sie.
    Shakespeare und Saint-Germain sahen sich an, sagten aber nichts. Es bedurfte enormer Willensanstrengung, den Baum nicht anzustarren.
    »Eine deiner Schwestern?«, fragte Palamedes.
    »Balanos«, kam die Antwort.
    Wieder nickte Palamedes. Er wusste, dass Balanos die Hamadryadin der Eiche war, doch im Sherwood Forest hatte er sie noch nie gesehen.
    »Sind alle Baumgeister hier versammelt?«, fragte Shakespeare. »Dryaden, Hamadryaden, Waldnymphen …? Ich würde sie sehr gerne sehen.«
    »Sie sind alle hier«, wisperte Ptelea.
    »Weshalb?«, fragte Palamedes. So viel er wusste, waren Baumgeister Einzelgänger, die in abgelegenen Waldstücken auf der ganzen Welt lebten.
    Als Ptelea antwortete, schwang eine Spur von Erregung in ihrer Stimme mit. »Der Grüne Mann hat die letzten fünfhundert Jahre darauf verwandt, sein Lieblingsschattenreich, den Hain von Eridhu, neu zu erschaffen. Bald ist es fertig und dann führt er uns aus diesem stinkenden und vergifteten Ort hinaus in eine Welt der Bäume.«
    Palamedes sah Shakespeare an und hob fragend eine Augenbraue.
    »Und was wird aus dieser Welt ohne den Grünen Mann?«, erkundigte sich der Dichter.
    Die Hamadryadin wedelte geringschätzig mit den langen Armen. »Das interessiert uns nicht.« Es knackte, als sie den Kopf um 180 Grad drehte, und alle drei Unsterblichen blickten rasch weg. »Ich habe gehört, dass dieses Schattenreich bald wieder in die Hand seiner Gebieter des Älteren Geschlechts zurückfällt. Wir wollen uns nicht mehr hier aufhalten, wenn das geschieht.«
    »Wo hast du das gehört?«, fragte Palamedes.
    » Ich habe es ihnen gesagt.« Die Stimme war die eines Mannes, und sie war so tief, dass der Boden vibrierte, die Luft erbebte und alle Blätter zitterten.
    Ptelea zog ihren blättrigen Umhang enger um sich und trat zur Seite. Sie drückte sich an eine Ulme und versank darin. Einen Augenblick lang war ihr schönes Gesicht noch auf der Rinde zu erkennen, dann schloss sie die Augen und war verschwunden.
    Die Hamadryadin hatte die drei Unsterblichen auf eine Lichtung mitten im Wald geführt. Die umstehenden Bäume waren knorrig und uralt. Eichen und Kastanien, Ulmen, Eschen, Weißdorn und Apfelbäume umringten die Lichtung, und alle waren behängt mit Efeu. Um die Stämme scharten sich Stechpalmenbüsche mit reifen roten Beeren, die gar nicht in die Jahreszeit passten, und die weißen Perlen der Mistel schmückten die Äste. Auf einer Erhebung in der Mitte der Lichtung stand eine plumpe Säule aus weißem Stein. Jeder Zentimeter davon war mit einem Muster aus Spiralen und kunstvollen Windungen bedeckt.
    »Diese Welt geht ihrem Ende zu.« Einen Augenblick lang hätte man meinen können, die Stimme käme aus dem Stein. »Und ich will nicht, dass meine Geschöpfe sich hier aufhalten, wenn das geschieht.«
    »Du könntest bleiben und kämpfen«, sagte Palamedes. Er betrat die Lichtung und ging auf den Stein zu. »Das hast du früher auch getan.«
    »Und verloren«, dröhnte die Stimme.
    Die Gestalt, die hinter der Säule hervortrat, war groß und schlank und trug einen langen weißen Kapuzenumhang, der mit silbrigen Blättern besetzt war. Eine fantasievoll verzierte Maske bedeckte das ganze Gesicht. Sie trug die Züge eines jungen Mannes, der aus einem Gewirr von Blättern hervorschaut. Die Blätter standen von den Rändern der Maske noch weit nach hinten ab und ließen den Kopf der Gestalt riesig erscheinen. Jedes Blatt war bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, inklusive sämtlicher Adern, die es durchzogen.
    Palamedes trat vor, verneigte sich tief und ließ sich vor der Gestalt auf ein Knie nieder. »Tammuz, mein Gebieter.«
    Die Hand, die unter dem langen Ärmel erschien und sich auf die rechte Schulter des Ritters legte, steckte in einem silbernen Handschuh, der mit Beeren, Blättern und Ranken bestickt war. »Deine Anfrage kam unerwartet und ungelegen«, dröhnte die tiefe Stimme.
    Der sarazenische Ritter richtete sich geschmeidig auf. Er war eine Spur kleiner als sein Gebieter. Leuchtend grüne, braun gesprenkelte Augen blickten ihn durch die Augenlöcher der Maske an. Die Pupillen seines Gebieters waren schmale, liegende Ovale. Nicht zum ersten Mal fragte Palamedes sich, wie der Grüne Mann wohl aussah.
    »Was willst du?«, fragte Tammuz und die Blätter an den Bäumen ringsum zitterten bei seinen Worten.
    »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten«, antwortete Palamedes ohne Umschweife. Er hatte diese Unterhaltung

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