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Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer

Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer

Titel: Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Scott
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auf der Fahrt von London hierher unzählige Male durchgespielt, doch wie sein Gebieter reagieren würde, konnte er nicht vorhersagen. Im Lauf der Jahrhunderte, während derer er ihm gedient hatte, war er zu dem Schluss gekommen, dass sein Gebieter Eigenschaften besaß, die in dieser Kombination gefährlicher nicht sein konnten: Er war hochmütig und unberechenbar.
    »Es liegt nicht in meiner Natur, jemandem einen Gefallen zu tun.« Tammuz entfernte sich ein paar Schritte von der mit Schnitzereien verzierten Säule und blickte hinüber zu den anderen beiden Unsterblichen. Sie standen neben dem Baum, der die Hamadryadin verschlungen hatte. »Und du hast auch noch den Dichter mitgebracht.« Er beugte sich vor und stellte laut fest: »Ich kann ihn nicht ausstehen.«
    William Shakespeare trat auf den Älteren zu und verbeugte sich übertrieben elegant. »Wir hassen, was wir fürchten«, bemerkte er, und mit einem Seitenblick auf Palamedes fügte er hinzu: »Dem ist doch so, oder?«
    »Dann reize den allmächtigen Älteren nicht«, flüsterte der Ritter.
    »Verärgere mich nicht«, dröhnte Tammuz.
    Shakespeare lachte. »Du hast keine Macht über mich, Grüner Mann.«
    Tammuz wandte sich dem dritten Unsterblichen zu und eine tiefe Stille legte sich über den Hain. Als der Ältere das Wort wieder ergriff, war seine Stimme leise, fast sanft, wie der Wind, der durch Herbstlaub fährt. »So treffen wir uns also wieder, Saint-Germain.«
    Der Graf trat zwischen den Bäumen hervor und deutete eine Verbeugung an. »Lord Tammuz«, grüßte er.
    »Endlich! Jahrhunderte habe ich auf diesen Augenblick gewartet. Ich wusste, dass unsere Wege sich noch einmal kreuzen würden. Ich habe festgestellt, dass diese Welt tatsächlich sehr klein ist.« Tammuz’ Stimme wurde noch tiefer. Sie ließ die Luft erbeben und Blätter von den Zweigen fallen. »Francis, der Graf von Saint-Germain. Der Lügner. Der Dieb. Der Mörder! «
    Unzählige Dryaden erschienen plötzlich am Rand der Lichtung, Pfeil und Bogen schussbereit in den Händen. Auf den Baumstämmen erschienen Gesichter und eine nach der anderen stiegen die Hamadryaden aus den Bäumen, die die Lichtung säumten.
    Tammuz hob die Hand mit dem silbernem Handschuh und zeigte auf Saint-Germain. »Tötet ihn!«, brüllte er. »Tötet ihn auf der Stelle!«

KAPITEL VIERZIG
    B ei Einbruch der Nacht wurde es in der prähistorischen Landschaft laut. Man hörte Heulen und Kreischen, Schreien, Rufen und Bellen.
    »Jetzt weiß ich auch, warum die Tiere hier alle ausgestorben sind«, sagte Scathach. Sie saß im Schneidersitz im Eingang einer Höhle und hatte einen Berg Steine neben sich liegen. »Wahrscheinlich an Erschöpfung. Sie haben alle nicht genug Schlaf bekommen.«
    »Ich für meinen Teil könnte jetzt schlafen – wenn du mich lassen würdest«, grummelte Johanna. Die zierliche Französin lag hinter der Schattenhaften in der Höhle auf einem Bett aus Stroh und hatte sich mit Gras und Zweigen zugedeckt, die sie von den Bäumen geschnitten und miteinander verflochten hatte. Sie zog ihre blättrige Decke bis hinauf zum Kinn und schloss die Augen. »Ich schlafe jetzt«, verkündete sie und fast im selben Moment wurden ihre Atemzüge ruhig und gleichmäßig.
    Scathach griff nach hinten und rückte einen der Zweige auf der Schulter ihrer Freundin zurecht. Obwohl es stockdunkel war, klaubte sie einen riesigen schwarzen Käfer von einem Blatt und setzte ihn vor der Höhle auf den Boden. Er huschte davon, und sofort kam etwas, das aussah wie ein kleiner Fuchs, und stürzte sich auf ihn.
    Scathach schüttelte den Kopf. An diesem Ort und in dieser Zeit war man entweder Raubtier oder Beute.
    Als der Schattenhaften ein leichter Moschusgeruch in die Nase stieg, nahm sie einen Stein und warf ihn in die Nacht. Etwas jaulte und huschte durchs hohe Gras davon. »Die Direwölfe sind wieder da«, sagte sie leise. Hinter ihr schnarchte Johanna leise.
    Scathach lächelte. Dass Johanna vertrauensvoll und ohne Angst eingeschlafen war, freute sie ungemein. So ähnlich musste wohl das Urvertrauen sein, das ein Kind in seine Eltern hat. Dann schwand ihr Lächeln. Dieses Vertrauen in ihre eigenen Eltern hatte sie nie gehabt. Die beiden waren fast Fremde für sie gewesen, reserviert und unnahbar. Sie hatte sie zwar Vater und Mutter genannt, doch die Worte waren hohl und mit keinerlei Gefühl verbunden gewesen. Zu ihrer Großmutter und zu ihrem Onkel hatte sie eine enge Beziehung gehabt, doch am engsten war immer die zu

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