Nicholas Flamel Bd. 4 Der unheimliche Geisterrufer
etwas essen, wenn du möchtest, aber bis du fertig bist, ist es gut möglich, dass Prometheus seine Meinung geändert hat.« Er lächelte und fragte leichthin: »Also, Josh, Feuermagie oder Essen?«
»Was darf’s denn sein?«, fragte Perenelle, doch ihr Ton war vollkommen humorlos.
Josh blickte von der Zauberin zum Alchemysten. Irgendetwas war zwischen ihnen vorgefallen. Er hatte seine Eltern so erlebt, wenn sie sich stritten. Sie waren dann immer noch höflich zueinander, aber gereizt, und jeder, der ihnen in die Quere kam, bekam eins auf den Deckel. Er fragte sich, worüber die Unsterblichen sich gestritten hatten. Und ganz hinten in seinem Bewusstsein stand immer das Wissen, dass Perenelle sich unter ihrem Mädchennamen bei der Hexe hatte ausbilden lassen und verschwiegen hatte, dass sie mit dem Alchemysten verheiratet war.
»Feuermagie«, antwortete er leise.
Der Alchemyst nickte zustimmend. »Dann soll es Feuermagie sein.«
»Ich dachte, Prometheus hätte gesagt, er würde nie mehr jemanden ausbilden?«, fragte Sophie.
»Er hat sich eines Besseren besonnen«, erwiderte Perenelle und sah Sophie dabei an.
»Prometheus tut immer das Richtige«, sagte Sophie leise, und Josh stellte erschrocken fest, dass in ihren Worten ganz entfernt der Akzent der Hexe mitschwang. Dann wandte sie sich an ihren Bruder. »Bist du bereit?«
Er nickte. »Ich denke, ja …«
»Dann lass uns gehen.«
Der Alchemyst schüttelte den Kopf. »Prometheus möchte, dass nur Josh kommt.« Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Er sagte, dass er dich nie mehr sehen will.«
Sophie war überrascht. Dann überkam sie eine unendliche Traurigkeit.
»Ich glaube, du hast ihm Angst gemacht«, warf Perenelle ein.
Flamel sah Josh an. »Der Ältere hat sich bereit erklärt, dich auszubilden. Das ist eine große Ehre. Es ist lange her, seit Prometheus zum letzten Mal einen Schüler hatte.«
»Ich dachte, Saint-Germain hätte von ihm Feuermagie gelernt?«, sagte Josh.
Flamel lachte. Das Lachen kam aus der Tiefe seines Brustkorbs und klang nass und keuchend. »Saint-Germain hat ihm Feuer gestohlen . Egal, was du tust, versuche zu vermeiden, dass du seinen Namen nennst. Prometheus hasst ihn. Wenn ich es mir recht überlege, hassen die meisten Älteren Saint-Germain. Er hat ein Talent, wenn es darum geht, Leute zu verärgern.«
KAPITEL FÜNFUNDVIERZIG
S aint-Germain hob beide Hände und spreizte die Finger. Aus sämtlichen Fingerspitzen züngelten vielfarbige Flammen. In ihrem Licht nahm das Gesicht des Unsterblichen einen wilden Ausdruck an. »Drohe mir nicht, Grüner Mann«, zischte er. »Sonst brenne ich diesen Wald hier nieder.«
Tammuz wich zurück. Gespiegeltes Licht lief in Wellen über seine silberne Maske, sodass es aussah, als bewegten sich die eingravierten Blätter im Wind.
Die Dryaden sahen den Grünen Mann an, die Bogensehnen gespannt, Pfeile mit schwarzen Spitzen angelegt, und warteten auf seine Anweisungen.
Tammuz zögerte und sofort machte Saint-Germain einen Schritt auf ihn zu. Er hatte die Ärmel hochgeschoben, sodass seine Schmetterlings-Tattoos zu sehen waren. Im flackernden Licht der Flammen, die von seinen Fingerspitzen ausgingen, sah es aus, als schlügen sie sacht mit den Flügeln. »Ich bin hergekommen, um mit dir zu verhandeln, Fürst Tammuz, vielleicht sogar, um dich zu bitten. Ganz gewiss nicht, um dir zu drohen. Aber du weißt, wozu ich in der Lage bin, und ich rate dir, es nicht auf die Spitze zu treiben.« Er schwieg kurz und fügte dann mit einem eisigen Lächeln hinzu: »Denk daran, was 1908 in Russland mit deinem Wald passiert ist.«
»Geht – geht jetzt.« Der Grüne Mann wedelte mit dem Arm, worauf die Dryaden im Wald verschwanden und die Hamadryaden wieder mit den Bäumen verschmolzen.
Ptelea ging als Letzte. »Es tut mir leid, mein Fürst, ich wollte nicht – «
»Das hat nichts mit dir zu tun«, beruhigte Tammuz sie dröhnend. »Ich mache diese beiden dafür verantwortlich.« Er zeigte auf Shakespeare und Palamedes. »Und ganz besonders dich, Herr Ritter.«
Palamedes straffte die Schultern und seine grüne Aura flackerte kurz auf. »Wir sind hergekommen, um mit dir zu reden«, sagte er, »um das Ansinnen unseres Bruders zu unterstützen, weiter nichts. Und«, fügte er gedehnt hinzu, »ich habe erwartet, dass man uns zuhört, nicht dass man uns droht. Saint-Germain ist mein Freund – mehr als mein Freund, er ist mein Waffenbruder – und er steht unter meinem Schutz. Drohe ihm und du
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