Nicholas Flamel Bd. 5 Der schwarze Hexenmeister
aus dem Codex herausgerissen hatte. Obwohl er dem Magier inzwischen vertraute – oder ihm zumindest weniger misstraute als Flamel –, sträubte sich etwas in ihm, Dee wissen zu lassen, dass er die Seiten hatte. Woher das kam, wusste er selbst nicht so genau.
»Alles ist auf dem Weg hierher«, sagte Virginia Dare leise. »Und ich meine wirklich alles . Die Cucubuths, die wir in London getroffen haben, sind nichts im Vergleich zu dem, was sich auf die Stadt hier zubewegt.« Sie drehte sich auf ihrem Sitz um, damit sie aus dem Rückfenster schauen konnte. Eine hohe Staubsäule stieg über San Francisco in den Himmel. »Die Behörden werden Untersuchungen anstellen. Zuerst ist deine Firma für das Chaos in Ojai verantwortlich und jetzt brennt deine Zentrale ab.« Noch während sie sprach, waren erneut Explosionsgeräusche zu hören, die wie entferntes Donnergrollen klangen. »Und das ist kein gewöhnliches Feuer. Ich bin sicher, sie kommen dahinter, dass du illegale Substanzen in dem Gebäude gelagert hast.«
Dee tat die Bemerkung als unwichtig ab. »Ein paar Chemikalien, die ich für Experimente brauche.«
» Gefährliche Chemikalien«, fuhr Virginia fort. »Außerdem hast du zwei Polizisten angegriffen. Die Behörden werden dich sehr genau unter die Lupe nehmen, Dr. John Dee. Wie viel können sie dir mit dieser Art von Untersuchung nachweisen?«
Dee zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Wenn sie tief genug graben, finden sie sicher was. In diesem digitalen Zeitalter kann nichts wirklich geheim bleiben.«
Virginia blies sacht über das Mundstück ihrer Flöte. Der Ton war schrill, unharmonisch. »Die Polizei von San Francisco wird das FBI einschalten. Die werden mit Scotland Yard in London sprechen, und wenn sie eine Verbindung zu den jüngsten verheerenden Ereignissen in Paris herstellen, kommt auch noch die französische Sicherheitsbehörde ins Spiel. Wenn die Polizei erst anfängt, dich auf den Filmen ihrer Überwachungskameras zu suchen, finden sie dich auch. Dann fangen sie an, Fragen zu stellen, und wollen garantiert wissen, wie du von Ojai nach Paris gekommen bist, ohne dass es Unterlagen über die Reise gibt, und wie du es dann geschafft hast, nach San Francisco zurückzukehren, obwohl du weder in ein Linienflugzeug noch einen Privatjet gestiegen bist.«
»Du brauchst deine Schadenfreude nicht gar so deutlich zu zeigen«, murmelte Dee.
»Und dann wollen wir auch die Älteren nicht vergessen. Ich kann mir vorstellen, dass genau in diesem Moment Ältere, Angehörige der nächsten Generation und jede Menge sonstige Kreaturen dem Gestank der Magie folgen und hierher unterwegs sind. Und garantiert wurde eine phänomenal hohe Belohnung auf dich ausgesetzt, egal ob sie dich tot oder lebendig herbeischaffen.«
»Lebendig«, ließ Dee sich unglücklich vernehmen. »Sie wollen mich lebendig.«
»Woher weißt du das?«
»Machiavelli hat es mir gesagt.«
»Machiavelli!«, wiederholten Virginia und Josh wie aus einem Mund.
»Er zählt nicht zu deinen Freunden, John«, erinnerte Virginia sich, »es sei denn, du hast deinem Herzen einen Stoß gegeben und deine Meinung über ihn hat sich um hundertachtzig Grad gewendet.«
»Er ist nicht mein Freund, aber auch nicht unbedingt mein Feind. Auch er hat seinen Meister des Älteren Geschlechts enttäuscht.« Er wies mit dem Daumen hinter sich. »Er ist übrigens nur ein paar Meilen von hier entfernt, auf Alcatraz mit Billy the Kid.«
»Billy the Kid?«, fragte Josh rasch dazwischen. » Der Billy the Kid? Der Gesetzlose?«
»Ja, ja«, blaffte Dee ungeduldig. »Der unsterbliche Billy the Kid.«
»Was treibt der denn hier?« Josh war einigermaßen verwirrt.
»Unfug«, antwortete Dee lächelnd.
»Wie kommen sie denn auf die Insel? Ich dachte, Alcatraz sei für die Öffentlichkeit gesperrt.«
»Stimmt«, bestätigte Dee. »Meine Firma, die Enoch Enterprises, ist jetzt Eigentümerin. Wir haben die Insel vom Staat gekauft und ihnen erzählt, dass wir ein Museum für lebendige Geschichte daraus machen wollen.«
Josh ging vom Gas, weil die Ampel vor ihm auf Rot schaltete. »Ich nehme mal an, das war gelogen«, warf er ein.
»Dr. John Dee ist außerstande, die Wahrheit zu sagen«, murmelte Virginia.
Der Unsterbliche ignorierte sie. »Meine Meister haben mir aufgetragen, an einem sicheren Ort möglichst dicht bei der Stadt jede Menge Ungeheuer und Monster zu versammeln. Das Inselgefängnis war ideal dafür. Und die Zellen standen auch schon bereit, um die Monster
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