Nicholas Flamel Bd. 5 Der schwarze Hexenmeister
gegenüberliegenden Kraterwand winkte Palamedes herüber. Als er sicher war, dass sie es gesehen hatte, öffnete und schloss er die rechte Faust dreimal.
»Fünfzehn«, rief Scathach zu Johanna hinauf. »Palamedes hat fünfzehn gezählt.«
»Und wie sieht jetzt unser Plan aus?«, wollte Johanna wissen.
»Kommt darauf an …«
»Worauf?«
»Zu wem sie zuerst kommen. Ich denke mal, sie kommen entweder zu Palamedes oder zu mir.«
»Und dann?«
Scathach entblößte beim Grinsen ihre Vampirzähne. »In unsere Zellen hinein oder hinaus kommt man nur mit einem Vimana. Also müssen wir eines kapern.«
»Ein super Plan«, sagte Johanna sarkastisch. »Nehmen wir mal an, du schaffst es, zwei Anpu zu überwältigen und das Vimana dabei noch in der Luft zu halten. Was ist dann mit den anderen vierzehn? Glaubst du, die fliegen einfach weiter?«
»Ich habe gesagt, es ist ein Plan. Dass es ein perfekter Plan ist, habe ich nie behauptet.«
»Ich glaube, dein Plan ändert sich gleich«, rief Johanna.
Ein weiteres Vimana war aufgetaucht. Es war größer als der Rest und sah von unten aus wie ein lang gestrecktes windschnittiges Dreieck. Seine Oberfläche reflektierte auf einer Seite den Abendhimmel und auf der anderen die rote Lava, weshalb es schwierig war, Details zu erkennen. Es schwebte über den kleineren runden Vimanas, ein schemenhaftes, bedrohliches Objekt in der Dunkelheit. Und dann gingen plötzlich seine Lichter an, rot, grün und blau strahlten sie an den Spitzen des Dreiecks.
»Ein Rukma Vimana«, brüllte Scathach in der Sprache ihrer Jugendzeit. »Ein Kampfvimana, zurück, ganz nach hinten in die Zellen!«
Im nächsten Moment senkte sich das dreieckige Vimana senkrecht in den Vulkankrater ab.
KAPITEL SIEBENUNDDREISSIG
M ars Ultor ging mit dem rasiermesserscharfen Kurzschwert auf Prometheus los. Schneller als das Auge die Bewegung wahrnehmen konnte, führte Niten einen Handkantenschlag gegen die Unterseite von Mars’ Handgelenk. Die Hand des Älteren krampfte und öffnete sich automatisch. Niten fing das herunterfallende Schwert auf und mit einem Mal war die Spitze auf Mars’ Kehle gerichtet.
Niten legte den Kopf schräg. »Es gab mal eine Zeit, da hätte ich mich dir nicht einmal nähern können. Du wirst alt.«
Mars bleckte die Zähne zu einem grausamen Grinsen. »Du bist schnell. Hab noch nie jemand Schnelleren gesehen.« Dann stöhnte er. Ein Wadenkrampf brachte ihn ins Wanken und er schlug der Länge nach hin.
Niten warf Prometheus das Kurzschwert zu, beugte sich hinunter und bot dem Älteren die Hand. »Es ist eine Ehre, gegen dich zu kämpfen.«
»Wir haben nicht gekämpft!« Mars war blitzschnell wieder auf den Beinen und rammte Niten den Kopf in den Magen. Der Schwertkämpfer klappte zusammen und fiel nach hinten. Mit einer Rolle rückwärts kam er wieder auf die Beine und ging in Kampfstellung.
»Aufhören! Sofort aufhören!« Tsagaglalal gab ihm im Vorbeigehen eine Kopfnuss, beugte sich dann zu Mars Ultor hinüber, zog ihn am Ohr und verdrehte es, bis er jaulte. »Und was dich betrifft – was habe ich dir zum Thema Kämpfen gesagt?«
Mars Ultor wurde so rot wie seine Aura. »Sorry, Mistress Tsagaglalal«, murmelte er.
Die alte Frau blickte Niten an und zeigte auf die Tür. »Rein mit dir.«
»Er hat angefangen«, begann Niten.
»Es ist mir egal, wer angefangen hat. Geht rein und wascht euch eure schmutzigen Hände. Du auch«, blaffte sie Prometheus an. »Und das kannst du mir geben«, forderte sie ihn auf und streckte die Hand nach dem Schwert aus.
Prometheus musste sich das Lachen verkneifen. Er drehte das Schwert so, dass sie es am Griff fassen konnte. »Jawohl, Ma’ am«, sagte er und deutete eine Verbeugung an.
»Und deck den Tisch im Garten. Wir haben Gäste zum Abendessen.« Damit drehte sie sich lächelnd zu Odin, Hel und Black Hawk um, die am Fuß der Treppe standen. »Ihr bleibt zum Abendessen.«
Keiner wagte zu widersprechen.
»Das war keine Bitte«, fügte sie hinzu.
KAPITEL ACHTUNDDREISSIG
P erenelle Flamel wandte sich vom Fenster ab und blickte ihren Mann an. »Du würdest mir nicht glauben, wenn ich dir sagen würde, was ich gerade gesehen habe«, begann sie in altem Französisch.
Nicholas Flamel stand vor dem Spiegel und rasierte sorgfältig seinen Dreitagebart ab. Er sah seine Frau im Spiegel an. »Du hast mich gerade von den Toten auferweckt. Ich glaube alles, was du sagst.«
Perenelle setzte sich ans Fußende eines Bettes, das so hoch war, dass ihre Füße
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