Nicholas' Geheimnis (German Edition)
Salon.
»Liz«, begann Melanie, »ich weiß, es ist eine abgedroschene Phrase, aber wenn ich etwas für dich tun kann …«
Liz schüttelte den Kopf. Sie schaute Melanie an. »Ich kann es nicht fassen, ich begreife es nicht … Sie lag da wie eine Tote … Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich Iona nicht mag, aber jetzt …« Liz stand auf und ging zum Fenster. »Sie gehört zu Alex’ Familie, und ihm geht es sehr nahe. Er fühlt sich verantwortlich für alles, was ihr geschieht. Ich muss immer daran denken, wie abweisend ich mich ihr gegenüber verhalten habe.«
»Alex braucht dich jetzt.« Melanie erhob sich ebenfalls, trat zu Liz und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Du hast keinen Grund, dir Vorwürfe zu machen. Du hast dein Möglichstes getan. Sie hat es dir nicht leicht gemacht, Liz.«
»Du hast natürlich Recht«, seufzte Liz und brachte ein schwaches Lächeln zu Stande. »Es war kein angenehmer Urlaub für dich bis jetzt. Nein, widersprich nicht.« Sie drückte Melanies Hand. »Ich werde nachschauen, ob Alex mich braucht. Er wird jetzt einiges zu regeln haben.«
Melanie ging in ihr Zimmer, um sich anzuziehen. Während sie die Bluse zuknöpfte, schaute sie zur Balkontür über den Garten, das Meer und die Berge hinaus. Wie konnte in einer so schönen Umgebung nur so viel Hässliches in so kurzer Zeit geschehen?
Es klopfte leise an die Tür. »Herein.«
»Melanie, störe ich?«
»Oh, Alex.« Melanies Herz floss über vor Mitgefühl. Anspannung und Kummer hatten tiefe Spuren in seinem Gesicht hinterlassen. »Ich weiß, wie schrecklich das alles für euch ist. Ich möchte euch nicht auch noch zur Last fallen. Vielleicht sollte ich besser nach New York zurückfliegen.«
»Melanie …« Alex zögerte einen Moment und ergriff Melanies Hände. »Ich weiß, es ist eine Zumutung, aber es geht um Liz, nicht um mich. Bitte bleib hier, ihretwegen. Ihr deine Gesellschaft zu erhalten ist im Augenblick das Einzige, was ich für sie tun kann.«
Alex ließ Melanies Hände los und ging ruhelos im Zimmer auf und ab. »Wir müssen nach Athen fliegen. Ich weiß nicht, für wie lange – bis es Iona wieder besser geht, oder bis sie …« Er brachte die Worte nicht über die Lippen. »Ich werde einige Zeit bei meiner Familie bleiben müssen. Meine Tante wird mich brauchen. Liz wird hierher zurückfliegen. Es wäre eine große Beruhigung für mich, wenn du hier auf sie warten würdest.«
»Natürlich, Alex, das weißt du doch.«
Alex schaute Melanie mit dem Anflug eines dankbaren Lächelns an. »Du bist ein echter Freund, Melanie. Wir werden dich für mindestens einen Tag und eine Nacht allein lassen müssen. Danach schicke ich Liz zurück. Wenn du noch hier bist, wird sie das akzeptieren.«
Geistesabwesend nahm Alex Melanies Hand in seine. »Dorian wird wahrscheinlich in Athen bleiben wollen. Ich glaube, er … empfindet mehr für Iona, als ich dachte. Ich werde Nick bitten, sich während unserer Abwesenheit um dich zu kümmern.«
»Nein!« protestierte Melanie hastig. Sie biss sich gleich auf die Lippe. »Ich meine, das ist nicht nötig, Alex. Ich komme zurecht. Ich fühle mich nicht allein, schließlich ist das Personal im Haus. Wann startet eure Maschine?«
»In einer Stunde.«
»Alex, ich bin sicher, es war ein Unfall.«
»Hoffentlich kann ich meine Tante davon überzeugen.« Alex betrachtete einen Moment seine Hände. »Obwohl ich glaube …« Als er den Kopf wieder hob, waren seine Züge hart geworden. »Iona ist eine Geißel Gottes, ein Teufel in Menschengestalt. Ich sage dir das, weil ich mit niemandem sonst so offen reden kann. Nicht einmal mit Liz.« Alex’ Gesicht war eine grimmige Maske. »Ich hasse sie.« Er spie die Worte aus wie Gift. »Ihr Tod wäre ein Segen für jeden, der sie liebt.«
Nachdem Alex und Liz abgefahren waren, verließ Melanie die Villa. Sie musste hinaus an die frische Luft. Diesmal ging sie nicht an den Strand. Sie lief zu dem Kliff, dessen schroffe Schönheit sie von jeher fasziniert hatte.
Wie rein die Luft war! Melanie hatte kein bestimmtes Ziel. Sie stieg immer höher und höher, als könne sie so allem da unten entfliehen. Hier oben war es still, weit entfernt war das dumpfe Rollen der Brandung zu hören.
Auf dem Gipfel des Kliffs entdeckte sie zu ihrer Freude einen struppigen Ziegenbock mit schwarzen Augen. Er starrte sie eine Weile an und kaute unentwegt auf ein paar Grashalmen herum, die er zwischen den Steinen gefunden hatte. Als Melanie sich an ihn
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