Nicholas' Geheimnis (German Edition)
Tränen hinunter und ging zur Tür.
»Guten Morgen, Miss.« Zena, das kleine Dienstmädchen, begrüßte Melanie mit einem Lächeln, auf das sie gern verzichtet hätte. »Soll ich das Frühstück hier servieren?«
»Nein, danke. Nur Kaffee, bitte.« Bei dem Gedanken an Essen drehte sich Melanies Magen um. »Ich werde ihn unten trinken.«
»Es ist ein schöner Tag heute.«
»Ja, wunderschön.« Melanie biss die Zähne zusammen, verließ ihr Zimmer und durchquerte die obere Halle.
Das Klirren von Porzellan und ein durchdringender Schrei ließen Melanie zusammenzucken. Sie lehnte sich an die Wand, drückte die Hand an die Stirn und stöhnte. Musste das Mädchen ausgerechnet heute Morgen tollpatschig sein?
Als das Schreien erneut begann, drehte sich Melanie um. Zena kniete mitten in den Scherben im Türrahmen eines anderen Zimmers.
»Was soll das, Zena?« Melanie beugte sich zu Zena hinunter, packte sie bei den Schultern und schüttelte sie. »Niemand wird Sie wegen ein paar zerbrochener Teller rauswerfen.«
Zena schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. Am ganzen Körper zitternd, zeigte sie auf das Bett, entwand sich dann Melanies Griff und floh.
Melanie warf einen Blick in den Raum. Der Boden schwankte unter ihren Füßen. Ein Albtraum folgte dem anderen.
Flimmerndes Sonnenlicht fiel auf Iona, die quer über dem Bett auf dem Rücken lag. Ihr Kopf hing über die Kante hinab, das Haar berührte fast den Boden.
Melanie schüttelte ihre Benommenheit ab und stürzte zu dem Bett. Mit zitternden Fingern tastete sie nach Ionas Halsschlagader. Ein schwaches Flattern war zu spüren. Melanie, die unwillkürlich die Luft angehalten hatte, atmete erleichtert auf. Instinktiv hob sie Ionas leblosen Körper aufs Bett zurück. Ihr Blick fiel auf die Spritze zwischen den zerknüllten Laken.
»Oh mein Gott!«
Das erklärte alles – Ionas Nervosität, den jähen Stimmungsumschwung, ihre Aggressivität. Oh Gott, dachte Melanie, sie hat sich den »goldenen Schuss« verpasst. Eine Überdosis! Was tue ich jetzt? Ich muss handeln, vielleicht ist es noch nicht zu spät …
»Melanie … Großer Gott!«
Melanie wandte den Kopf. Dorian stand blass und starr im Türrahmen.
»Sie ist nicht tot«, sagte Melanie rasch. »Ich glaube, sie hat eine Überdosis erwischt. Schnell, ruf den Arzt an! Wir brauchen eine Ambulanz. Sie muss ins Krankenhaus!«
»Sie ist nicht tot?« Dorians Stimme klang hohl. Er eilte zum Bett.
Jetzt war keine Zeit, auf Gefühle Rücksicht zu nehmen. »Es eilt, Dorian, schnell!« befahl Melanie. »Der Puls ist noch zu fühlen, aber äußerst schwach.«
»Was hat Iona diesmal angestellt?« kam Alex’ Stimme leicht gereizt von der Tür her. »Zena ist hysterisch und … um Himmels willen!«
»Einen Notarzt!« rief Melanie. Sie presste die Finger auf Ionas Puls, als hinge ihr Leben davon ab. »In Gottes Namen, beeilt euch doch!«
Alex stürzte in die Halle hinaus. Dorian blieb wie versteinert stehen.
»Ich habe eine Spritze gefunden«, erklärte Melanie so ruhig wie möglich. Sie wollte Dorian nicht unnötig wehtun. Er wandte den Blick von Iona und schaute jetzt Melanie aus leeren Augen an. »Sie hat sich den ›goldenen Schuss‹ verpasst. Sie ist drogenabhängig, Dorian. Du wusstest es, hab ich Recht?«
»Heroin.« Ein Schauer schien ihn zu durchlaufen. »Ich dachte, sie sei von der Nadel los. Bist du sicher, dass sie …«
»Sie ist nicht tot.« Melanie ergriff Dorians Hand. Sie spürte großes Mitleid mit Iona und auch mit Dorian. »Sie lebt, Dorian. Man wird alles tun, um sie am Leben zu erhalten.«
Einen Moment drückte Dorian Melanies Hand so stark, dass es schmerzte. »Iona …«, flüsterte er. »So schön … so verloren.«
»Noch ist sie nicht verloren«, widersprach Melanie energisch. »Ihr Leben liegt in Gottes Hand. Wir können nur hoffen und beten.«
Dorians Blick kehrte zu Melanie zurück. Noch nie hatte sie so leere, ausdruckslose Augen gesehen.
Eine Ewigkeit schien inzwischen vergangen zu sein, als Melanie dem Rettungshubschrauber nachsah, der Iona nach Athen bringen würde. Dorian und der Arzt begleiteten sie. Alex und Liz trafen eilige Vorbereitungen für den eigenen Flug nach Athen.
Noch immer barfuß und im Morgenmantel, blickte Melanie dem Helikopter nach, bis er außer Sicht war. Ihr Leben lang würde sie Dorians blasses, versteinertes Gesicht und Ionas leblose Schönheit nicht mehr vergessen. Sie schauderte und wandte sich vom Fenster ab. Alex stand im
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