Nicholas' Geheimnis (German Edition)
tun.«
Hilflos sah Nick zu, wie Stephanos Melanie unter seine Fittiche nahm wie eine Glucke ihr Küken.
»Trinken Sie ihn schwarz. Das bringt Farbe in Ihre Wangen zurück.«
Melanie nahm die Tasse entgegen. »Danke. Vielen Dank.«
Stephanos warf Nick einen langen, viel sagenden Blick zu und verschwand.
»Trink endlich!« befahl Nick, ärgerlich darüber, dass Stephanos Melanies Widerstand so leicht hatte überwinden können, während er selbst hilflos daneben stehen musste. »In der Tasse nützt er dir nichts.«
Weil sie wirklich eine Stärkung brauchte, trank Melanie schließlich. »Und was verlangst du sonst noch von mir?«
»Verdammt, Melanie, ich habe dich doch nicht hergebracht, um dich über Iona auszufragen!«
»Nein? Das überrascht mich.« Melanie setzte die leere Tasse ab und erhob sich. »Andererseits sollte mich eigentlich bei dir gar nichts mehr überraschen.«
»Du traust mir jede nur erdenkliche Niedertracht zu, wie?« Nick ging an die Bar. »Glaubst du, ich hätte Stevos umgebracht und in der Höhle liegen lassen, damit du ihn dort findest? Es würde mich nicht wundern.«
»Nein«, sagte Melanie ruhig. »Stevos ist von hinten erstochen worden.«
»Und?«
»Du lässt deine Gegner ins offene Messer rennen – Auge um Auge, Zahn um Zahn und von Angesicht zu Angesicht.«
Mit einem leeren Glas in der Hand wandte sich Nick von der Bar zu Melanie um. Seine Augen waren jetzt tiefschwarz. Kaum unterdrückte Leidenschaft spiegelte sich in ihnen. »Melanie, gestern Nacht …«
»Ich will nicht darüber reden, Nick.« Melanie sagte das so kalt und endgültig, dass es Nick wie ein Messer durchfuhr.
»Okay, vergessen wir es.« Nick füllte sein Glas. Er hatte gewusst, dass er einen Preis würde zahlen müssen, aber irgendwie hatte er gehofft, er würde nicht so hoch sein. »Möchtest du, dass ich dich um Verzeihung bitte?«
»Wofür?«
Nick lachte bitter auf und krampfte die Hand um sein Glas. »Mein Gott, ich muss mit Blindheit geschlagen sein! Sonst wäre mir längst klar, was für eine Eiseskälte sich hinter der schillernden Fassade verbirgt.«
»Und was verbirgt sich hinter deinem trügerischen Image, Nick?« fragte Melanie scharf. »Du sitzt hier in deinem Haus hoch oben über dem Meer und spielst dein tödliches Spiel, bei dem Menschen nichts weiter als Figuren auf einem Schachbrett für dich sind. Aber ich will nicht zu diesen Schachfiguren gehören! In Athen liegt eine halb tote Frau im Krankenhaus. Du hast sie auf dem Gewissen, sie und unzählige andere, die dem Rauschgift verfallen sind, das du an Bord deiner Yacht von der Türkei nach Lesbos schaffst – heimlich und lautlos wie ein Dieb in der Nacht.«
Sehr langsam und sehr vorsichtig setzte Nick sein Glas ab und drehte sich zu Melanie um. »Ich weiß, was ich bin.«
Melanie war den Tränen nahe. »Ich weiß es auch«, flüsterte sie. »Gott steh mir bei!« Sie drehte sich um und floh aus dem Haus. Nick hielt sie nicht zurück.
Stephanos kehrte in den Salon zurück. »Die Lady wirkte verstört«, bemerkte er ruhig.
Nick wandte ihm den Rücken zu und füllte sein Glas auf. »Das brauchst du mir nicht zu sagen. Ich bin weder taub noch blind.«
»Die beiden letzten Tage waren nicht leicht für sie«, fuhr Stephanos unbeirrt fort. »Hat sie Trost bei dir gesucht?«
Nick fuhr herum, hielt aber zurück, was ihm auf der Zunge lag. Stephanos beobachtete ihn schweigend. »Nein«, sagte Nick. »Sie würde lieber zu Grunde gehen, als noch einmal zu mir zu kommen.« Er bemühte sich, nicht die Beherrschung zu verlieren. »Es ist besser so. Sie darf mir jetzt nicht dazwischenfunken. Im Augenblick wäre sie nur im Weg.«
Stephanos strich über seinen martialischen Schnurrbart und pfiff leise durch die Zähne. »Vielleicht fliegt sie nach Amerika zurück.«
»Je eher, desto besser.« Nick leerte sein Glas.
Es klopfte.
Nick fluchte leise. »Sieh nach, wer, zum Teufel, es ist, und schaff ihn mir möglichst vom Hals.«
»Captain Tripolos«, meldete Stephanos einige Minuten später und verzog sich dann, nachdem er den Polizeichef ins Zimmer geführt hatte.
»Captain!« Mühsam unterdrückte Nick seinen Ärger. »Trinken Sie einen Kaffee mit mir?«
»Vielen Dank.« Seufzend und ächzend ließ sich Tripolos in einem Sessel nieder. »War das eben Miss James, die ich den Steilpfad hinunterlaufen sah?«
»Ja«, antwortete Nick knapp. »Sie ist gerade gegangen.«
Beide Männer betrachteten sich gegenseitig mit scheinbar eher oberflächlichem
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