Nicht alles Kraut ist grün
sie ihrer Entrüstung ausreichend hatte Luft machen können.
8
Ich kriegte heraus, daß als bester Strafanwalt im Bezirk Anton Newberry galt. Er hatte seine Kanzlei in El Centro, der Bezirkshauptstadt.
Ich wurde ohne weiteres vorgelassen.
Er studierte meine Visitenkarte. »Cool & Lam. Privatdetektive, was?«
»Ja.«
»Und Sie sind Donald Lam?«
»Ganz recht.«
»Was kann ich für Sie tun, Mr. Lam?«
»Ein Klient von mir sitzt in Calexico im Gefängnis. Vermutlich werden sie ihn nach El Centro überführen.«
»Wie lautet die Anklage?«
»Mord.«
Newberry war ein drahtiger, rotgesichtiger Zeitgenosse Ende Vierzig oder Anfang Fünfzig mit hohen Wangenknochen, weit auseinanderstehenden Augen, hoher Stirn und einer zappelignervösen Art. »Wann ist er verhaftet worden?«
»Etwa vor einer Stunde.«
»Von wem?«
»Von einem hiesigen Polizeibeamten in Begleitung von Sergeant Frank Sellers von der Kriminalpolizei Los Angeles.«
»Was hat denn Sellers damit zu tun?«
»Er ist an dem Rauschgift-Aspekt interessiert. Ich glaube, er geht der Sache schon eine ganze Weile nach.
Das Mordopfer ist ein Rauschgiftschmuggler namens Eddie Sutton. Er wurde in der vergangenen Nacht oder heute in den frühen Morgenstunden getötet. Die Leiche wurde in Calexico in einem Hausboot gefunden, das auf einen Anhänger montiert ist.«
»Wie heißt unser Klient?«
»Milton Carling Calhoun.«
»Finanzkräftig?« fragte Newberry.
Ich zog zwei Hundert-Dollar-Scheine aus der Tasche. »Betrachten Sie das als Vorschußhonorar. Calhoun läßt Sie bitten, ihn zu besuchen. Er will die Honorarfrage mit Ihnen persönlich klären. Sehen Sie zu, daß er Ihnen die Wahrheit sagt. Ich hab’ das Gefühl, er wird versuchen, drumherum zu reden.«
Newberry legte die langen dünnen Finger nachdrücklich auf die Scheine. »Wie liegt denn der Fall nach seiner Version?«
»Mr. Calhoun ist ein vermögender Mann«, sagte ich. »Er ist verheiratet, aber die Ehe stimmt nicht mehr. Jetzt wollen sie sich scheiden lassen. Die Anwälte von ihm und von ihr haben schon mit dem Tauziehen ums Vermögen angefangen.«
»Wie hoch ist das?«
»Recht beträchtlich, würde ich sagen...«
Newberry faltete die beiden Hundert-Dollar-Scheine und steckte sie ein. Dann strich er gedankenvoll mit Daumen und Zeigefinger über sein Kinn. Seine Augen waren sehr wach und aufmerksam.
»Calhoun fürchtet die Publicity«, sagte ich. »Er fürchtet sie insbesondere in einer ganz bestimmten Richtung.«
Newberry grinste breit.
»Finden Sie das so komisch?«
»Wahnsinnig komisch. Da kommt ein Millionär aus Los Angeles nach Calexico. Er wird eingebuchtet, weil man ihn verdächtigt, einen Mord begangen zu haben. Aus Los Angeles rückt extra Verstärkung für die Lokalbehörden an. Und da möchte dieser Ahnungslose die Publicity bremsen!
Eins kann ich Ihnen garantieren: Unser Lokalblättchen wird heute abend mit fetten Balkenüberschriften erscheinen, und sämtliche Nachrichtenagenturen werden sich der Geschichte bemächtigen. So was Schönes passiert nicht alle Tage. Spätestens morgen früh taucht die Reportermeute aus Los Angeles hier auf und heult nach Interviews.«
Newberry schnappte sich das Telefon und sagte zu seiner Sekretärin: »Verbinden Sie mich mit dem Polizeichef von Calexico. Ich bleibe am Apparat.«
Ich hörte im Nebenzimmer die Drehscheibe surren.
Dann sagte Newberry: »Hallo, Chef, hier Anton Newberry, El Centro... Wie geht’s denn so?... Gut?... Na prima... Sie haben da einen Klienten von mir ins Kittchen gesteckt, einen gewissen Calhoun... Wie bitte? — Ach so, ja... Vielen Dank. Dann erwische ich ihn dort.«
Er horchte noch einen Augenblick, schüttelte den Kopf. »Dazu kann ich nichts sagen. Aber vielen Dank für die Information.«
Er legte auf und wandte sich an mich. »Der Mann ist vor einer Stunde hierhergebracht worden. Inzwischen dürfte er schon im Gefängnis sein. Am besten gehe ich mal rüber.«
»Gute Idee«, meinte ich.
»Sie sind amtlich zugelassener Privatdetektiv?«
»Ganz recht.«
»Wie weit kann ich auf Ihre Unterstützung rechnen?«
»Ich ermittle in dem Fall, aber auf meine Art.«
»Ich hätte es gern, wenn Sie nach meinen Weisungen arbeiten würden.«
»Kann ich mir lebhaft vorstellen. Aber wissen Sie — ich habe Erfahrungen in diesem Spiel, und die nutze ich gern aus.«
»Ich habe auch einige Erfahrungen.«
»Daran zweifle ich nicht. Und Ihr Erfahrungsschatz wird durch diesen Fall sicher noch angereichert
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