Nicht alles Kraut ist grün
meinen, sie hatten nicht —«
»Natürlich haben sie den Anhänger durchsucht und den Boden um den Anhänger herum«, sagte ich. »Aber hinter der Straße liegt ein Luzernenfeld, von der Autobahn getrennt durch einen Graben mit schlammigem Boden. Wenn jemand versucht hätte, den Graben zu durchqueren, hätte das Spuren hinterlassen.
Die Polizei suchte die Umgebung ab, stellte fest, daß keine Spuren vorhanden waren, und folgerte mit messerscharfer Logik, daß niemand in dem Luzernenfeld gewesen war und sie es deshalb nicht weiter zu untersuchen brauchen.«
»Und?« drängte Calhoun.
»Man sollte nicht nur die nähere Umgebung absuchen«, dozierte ich, »sondern auch auf Stellen achten, die sich als Versteck, zum Beispiel für eine Waffe eignen, Stellen, in die man Gegenstände werfen kann.«
»Sie meinen — es ist eine Waffe gefunden worden?« fragte Calhoun.
»Jawohl, es ist eine Waffe gefunden worden. Ein Smith & Wesson Revolver, Kaliber .38, aus blauem Stahl. Ein teures Spielzeug. Die Polizei hat das Ding an sich genommen und sich natürlich sofort ans Telefon gehängt.
In wenigen Minuten werden sie mit Hilfe der Nummer des Revolvers ermittelt haben, von wem und wann er gekauft worden ist. Dann werden sie ihn auf Fingerabdrücke hin untersuchen. Wahrscheinlich werden sie damit wenig Glück haben. An einem Revolver haften Spuren schlecht.«
»Aber nach der Nummer können sie den Revolver identifizieren?«
»Allerdings. Für jede Waffe gibt es einen Verkaufsbeleg. Könnte es sich möglicherweise um Ihren Revolver handeln?«
Er schüttelte energisch den Kopf. »Das ist praktisch unmöglich. Ich weiß, wo die Waffe ist.«
»Wo?«
Er zögerte. »Daheim«, sagte er dann.
»Da müssen Sie sich schon was Besseres einfallen lassen«, fertigte ich ihn ab. »Sie sind nämlich ein schlechter Lügner, falls Sie das noch nicht wissen sollten.«
Er holte tief Luft. Dann erklärte er: »Also gut. Nanncie hat ihn.«
»Woher wissen Sie das?«
»Weil ich ihn ihr gegeben habe. Die Ärmste war in einer sehr unangenehmen Situation. Sie hatte Angst. Ich wußte ja nicht, daß sie einfach weglaufen würde. Ich habe damit gerechnet, daß sie bereit sein würde, sich der Gefahr zu stellen. Nanncie, habe ich zu ihr gesagt, wenn du schlafen gehst, schließ hinter dir ab und laß niemanden ein, wenn du nicht ganz genau weißt, wer es ist. Leg den Revolver unter das Kopfkissen. Wenn’s hart auf hart kommt, drückst du ab.«
»Und dann?« fragte ich.
»Dann habe ich ihr gezeigt, wie man mit dem Ding umgeht«, sagte Calhoun. »Es ist ein selbstspannender Revolver, und eine Frau muß manchmal ein bißchen üben, bis sie den Trick raushat.«
»Und Sie glauben, Nanncie hat den Revolver behalten?«
»Ich weiß es.«
»Halten Sie es für möglich«, fragte ich, »daß der Schuß dort im Hausboot von ihr abgegeben worden ist?«
»Das halte ich für ganz und gar unmöglich«, erklärte Calhoun.
Ich überlegte. »Vielleicht haben Sie recht«, sagte ich schließlich. »Ich gehe davon aus, daß sie kein Auto hatte. Es ist unwahrscheinlich, daß sie per Taxi den Rauschgiftwagen bis zum Tatort des Verbrechens verfolgt hat und die Mietkutsche warten ließ, während sie hineinging, einen Revolver zog und Eddie Sutton das Lebenslicht auspustete.«
»Das ist höherer Blödsinn«, protestierte Calhoun ungeduldig. »Nanncie würde doch nicht —«
Es klopfte energisch.
»Machen Sie auf«, sagte ich resigniert. »Das ist Sergeant Sellers.«
Calhoun öffnete.
Sellers warf mir einen unfreundlichen Blick zu. »Respekt, Respekt, halbe Portion! Sie haben keine Zeit verloren, Ihrem Klienten die Neuigkeit beizubiegen.«
»Ja, das habe ich«, bestätigte ich.
»Sie besitzen einen Smith & Wesson Revolver«, sagte Sellers zu Calhoun, »Kaliber .38, Lauf 1 ⅞ Zoll, Nummer eins-drei-drei-vier-sieben. Wo ist er?«
»Antworten Sie«, sagte ich zu Calhoun. »Er hat jetzt einen bestimmten Verdacht und stellt Ihnen eine spezielle, belastende Frage. Er hat Sie nicht über Ihre verfassungsmäßigen Rechte belehrt, und was Sie aussagen, kann nicht gegen Sie verwendet —«
Sergeant Sellers gab ein nicht salonfähiges Wort von sich und fischte die Miranda-Karte aus der Tasche.
Die Miranda-Karte ist ein neues Dokument, mit dem Polizeibeamte seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Fall Miranda ausgerüstet sind. Wenn ein Polizist eine Verhaftung vornimmt oder sobald die Fragen in einem Verhör nicht mehr allgemeiner Art sind, sondern auf
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