Nicht alles Kraut ist grün
er schön staunen!«
»Überlegen Sie doch mal: Da ist ein Mann, der gar nicht weiß, was er mit seinem Geld anfangen soll. Er verbringt seine Tage damit, den Wirtschaftsteil der Zeitung zu lesen, die Börsenberichte zu studieren, seinen Maklern Weisungen zu geben. Er hat alles, was zu einem reichen Mann gehört — einschließlich einer unzufriedenen Ehefrau. Davor könnten Sie ihn retten.«
»Das ist richtig«, meinte sie amüsiert. »Ich habe sogar selbst schon daran gedacht. Angenommen, ich heirate ihn wirklich. Dann bin ich eine reiche Frau. Na und? Sehr bald würde er sich zum Frühstück hinter seiner Zeitung verschanzen und dann losbrausen, um sich mit seinen Börsenfritzen zu unterhalten. Ich würde dasitzen wie — nein, ich will nicht sagen wie ein Vogel im goldenen Käfig, denn dieses Klischee ist nun schon allzu abgegriffen, aber — na, Sie wissen schon, was ich meine.«
»Ja, ich weiß, was Sie meinen«, bestätigte ich. »Wie wär’s, wenn Sie Calhoun einfach vor die Alternative stellen, entweder auf Sie zu verzichten oder sich von seinem fetten Bankkonto zu trennen, in die Billinger Street zu ziehen und sich von der Schriftstellerei zu ernähren?«
Sie lachte auf. »Das wäre ein großer Witz. Sein Gesicht möchte ich sehen, wenn ich damit komme!«
»Und Hale?« fragte ich.
»Hale gehört zur Clique. Er ist ein guter Freund. Wenn ich auf den Stoff für einen Knüller stoße, wie den Knüller über Rauschgiftschmuggel, ist es für mich selbstverständlich, daß ich den Tip an Hale weitergebe und ihm nach Kräften helfe, das Material zusammenzubekommen.«
»Und was springt für Sie dabei heraus?«
»Das kommt darauf an, was der Artikel Cole einbringt. Er will midi mit einem bestimmten Prozentsatz beteiligen.«
»Und das Geld werden Sie nehmen?«
Sie sah mich erstaunt an. »Natürlich werde ich das Geld nehmen! Weshalb tue ich denn das sonst alles?«
»Beispielsweise aus Anhänglichkeit.«
»Seien Sie nicht albern«, fertigte sie mich ab. »Ich mag Cole, aber ich kann nicht von Luft und Liebe leben, ebensowenig wie er.«
»Sie sind also lediglich Geschäftspartner?«
Sie nickte.
»Und das Geschäft hat sich als ziemlich brisant erwiesen«, stellte ich fest. Wieder nickte sie.
Nach einer Weile sagte sie: »Ich werde nicht schlau aus Ihnen. Worauf wollen Sie eigentlich hinaus?«
»Ich bin Privatdetektiv«, erklärte ich. »Ich muß zu meinem Auftraggeber halten. Die Privilegien eines Anwalts gelten für mich zum größten Teil nicht. Ich darf zum Beispiel der Polizei keine Aussagen vorenthalten, wenn man diese Aussagen von mir fordert, und ich darf kein Beweismaterial unterschlagen, das möglicherweise zur Aufklärung eines von der Polizei untersuchten Falles beitragen könnte. Wenn ich das tue, bekomme ich Ärger.«
»Aber Sie verbergen mich.«
»Nein, das tue ich nicht«, gab ich zurück. »Ich bringe Sie nur vor allzu neugierigen Reportern in Sicherheit.«
»Reportern?«
»Ganz recht. Haben Sie die Abendzeitung gesehen?«
»Nein, noch nicht.«
»Die Abendzeitung beschäftigt sich sehr eingehend mit dem Millionär aus Los Angeles, der unter Mordverdacht verhaftet worden ist.«
»Aber er hat doch nichts über mich gesagt — oder?«
»Er hat nichts über Sie gesagt, aber Sie dürfen die Findigkeit der Herren von der Presse nicht unterschätzen.«
»Aber weshalb glauben Sie, daß sich die Reporter auf meine Spur setzen könnten, nur weil Milton Calhoun verhaftet ist?«
»Sie werden mit Calhouns Anwalt sprechen«, meinte ich. »Der wird sehr geheimnisvoll tun. Er wird keine Namen nennen, aber wie von ungefähr werden die Zeitungsleute mit der Nase auf Colburn Hale gestoßen werden und sich auf ihn stürzen.«
»Glauben Sie, er wird reden?«
»Glauben Sie, er wird schweigen?« konterte ich.
Sie überlegte. »Warum schaffen Sie dann ihn nicht fort?«
»Weil Hale als Zeuge geladen ist«, erklärte ich. »Die Polizei hätte es sicher gar nicht gern, wenn ein Privatdetektiv Hale verschwinden läßt. Auch Sie lasse ich ja nicht verschwinden. Ich bringe Sie nur an einen Ort, wo Sie Ihre Ruhe haben. Wegen Ihrer angegriffenen Nerven, versteht sich...«
»Meinetwegen. Lassen wir es bei dieser Version«, lachte sie.
Als wir in El Golfo ankamen, hatte ich Nanncie recht gut kennengelernt. Sie war ein nettes Mädchen, fand ich. Wie lange sie ihre augenblickliche Einstellung beibehalten würde, war nicht vorauszusehen. Irgendwann kam bestimmt ein Mann, der ihr Leben in andere Bahnen
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