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Nicht die Bohne!

Nicht die Bohne!

Titel: Nicht die Bohne! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Steffan
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bitterböse kreischt, küsse ich Simon.
    » Du wirst alles kaputtmachen! «, heult die Vernunft, und ich stoße sie brutal in einen dunklen Winkel meines Gehirns, schlage die Tür hinter ihr zu und schließe ab.
    Ich will hier nichts kaputtmachen, ich will knutschen. Basta.
    Simon ist wie erstarrt. Ein paar lange Sekunden bewegt er sich nicht, dann erwidert er vorsichtig meinen Kuss. Ganz zart nur liegen unsere Lippen aufeinander, während Yann Tiersen uns mit »Sur le fil« auf dem Piano begleitet.
    Seine Finger streichen ganz unerwartet über meine Wange und schieben zärtlich ein paar verirrte Locken beiseite. Im nächsten Moment macht er einen tiefen Atemzug, ich spüre noch die heiße Bewegung seines Atems auf meinen Lippen, dann löst er sich von mir.
    Seine Augen schimmern feucht, und ich lehne rasch meine Stirn an seine Wange. Er legt die linke Hand auf seine Lippen – ob er den Kuss festhalten oder einfach nur verhindern will, dass wir das wieder tun, kann ich nicht sagen. Im nächsten Augenblick setzt er sich wieder aufrecht und schaltet den Automatikhebel auf »D«.
    Ganz langsam nähern wir uns dem Hof, Yann Tiersen spielt weiter Klavier, die Bohne boxt, und Simon streckt ganz unerwartet eine Hand aus, um meine Finger zu umfassen.
    Wir passieren die Toreinfahrt und befinden uns im totalen Chaos. Eine Herde Ziegen hüpft laut meckernd über den Hof, gefolgt von einer laut brüllenden Alina in einem optisch sehr interessanten Eskimo-Outfit. Es ist nicht klar, ob sie die Ziegen vor sich hertreibt oder sie verfolgt. Edgar, mit drei Schneeschiebern bewaffnet, rennt uns vors Auto, und Elena steht lautstark telefonierend mitten auf dem Hof. Während Simon den Wagen parkt, sprintet Harry mit vier Hasen auf dem Arm an uns vorbei.
    »Was ist denn hier los?«, frage ich verdutzt, während Simon aus dem Auto steigt. Ich folge ihm, aber es dauert eine Weile, bis ich begreife, welche Art Notstand tatsächlich ausgebrochen ist. Elena informiert uns im Telegrammstil: Das Dach über dem Stall steht aufgrund des vielen Schnees kurz vor dem Einsturz. Die Feuerwehr steckt im Stau in der Innenstadt fest. Edgar präpariert sich bereits für die Besteigung des so sanft in der Sonne glitzernden Daches, und Harry ist in Auflösung begriffen.
    »Die Deckenbalken biegen sich schon durch!«, ruft er panisch, als er erneut an uns vorbeieilt. So schnell ich kann, folge ich ihm.
    »Du gehst da nicht rein!«, ruft Simon mir energisch hinterher, und Alina, die Harry auf den Fersen ist, brüllt: »Auf keinen Fall!« Sie dreht sich um und fuchtelt mit dem Zeigefinger vor meinem Gesicht herum. Ich bleibe abrupt stehen.
    »Und du gehst da nicht rauf!«, faucht Simon Edgar an, der bereits die Leiter in der Hand hält. Edgar scheint ihn gar nicht zu hören, bis Simon ihn so durchdringend anbrüllt, wie es über eine Distanz von mehreren Metern nur möglich ist: »Edgar! DU GEHST DA NICHT RAUF !«
    Simon hat sich noch keinen Millimeter von der Stelle bewegt und steht immer noch in der offenen Wagentür. Dennoch gehorcht Edgar sofort und lässt die Leiter sinken. »Aber wir müssen etwas tun!«, ruft er verzweifelt.
    »Wenn deine achtzig Kilo am Ende die sind, die das Dach zum Einstürzen bringen, ist uns auch nicht geholfen. Hilf, die Tiere rauszuholen!«, antwortet Simon mit ruhiger Stimme. Dann zückt er sein Handy und setzt sich wieder in den Wagen. Ich höre, wie er völlig souverän irgendwelche Informationen weitergibt und nebenbei noch Elena zuruft: »Wenn die noch Hilfe brauchen, hilf ihnen. Sonst besorg mir die Unterlagen für den Ausbau von Edgars Wohnung. Da muss es auch Unterlagen über die Statik geben. Für das gesamte Dach.«
    »Ich gehe zu den Tieren«, sage ich und mache mich vorsichtig auf den Weg zur Weide, wo mir die meckernden Ziegen entgegenblicken. Wenn ich schon niemanden retten darf, kann ich wenigstens für etwas Ruhe und Zuversicht im neuen Quartier sorgen. Im selben Moment knallt etwas. Erschrocken fahre ich herum und sehe noch eine kleine Schneelawine vom Dach rutschen.
    »Kommt da raus!«, schreit Elena in höchster Aufregung, und im nächsten Moment höre ich aus weiter Ferne ein Martinshorn.
    Als Erster stürzt Edgar aus dem Stall, eine schnatternde Gans unterm Arm, zwei Hühner an den Füßen über der Schulter. Alina zerrt Hannelore die Kuh hinter sich her, die über diesen derben Umgang sichtbar verärgert ist, und zum Schluss folgt Harry, der die restliche Hühnersippe behutsam vor sich hertreibt. Elena

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