Nicht ganz schlechte Menschen
und nur zwei Kerzen erhellten
die Wohnung, hatte Karl Lust, Ines zu küssen, einfach nur zu küssen, seine
Zunge an ihren Lippen entlang spazierenzuführen, und er nahm sich die Freiheit
heraus, sie an sich zu pressen, den Kopf in ihr Decolleté zu wühlen, wobei er
nicht physisch erregt war, nein, es ging ihm mehr um das Gefühl, für seine
Schläfen eine Art von Heimat zu finden, einen behüteten Andock- und Ruhepunkt.
Ines, ganz anders als Marie Dressler, konnte hervorragend küssen, und als sei
es das Selbstverständlichste der Welt, nahm sie Karls Penis, der irgendwie den
Weg vom Hosenstall an die Frischluft gefunden hatte, in den Mund, woraufhin er
binnen Sekunden ejakulierte.
Danke. Sagte Karl, weil ihm nichts Besseres einfiel.
Bitte. Sagte Ines. Gern geschehen.
Am
nächsten Morgen, als das Hochgefühl nachließ, schämte sich Karl nur noch
stärker dafür, tatenlos herumzusitzen, während an der Front gestorben
wurde, ob im Einzelfall sinnvoll oder nicht.
Viele Menschen, sinnierte er, betrachten das Leben nicht wie ein
exklusives Geschenk, wollen mehr, wie Kinder, die an jedem Tag des Jahres
Geburtstag oder Weihnachten feiern möchten. Bisher hatte Karl für ein solches
Denken nur Verachtung übriggehabt. Die Angst vergoldet mir jeden Tag, so muß man das auch einmal
betrachten , schrieb er in sein Notizbuch. Vielleicht bin ich gar kein Pazifist.
Sondern ein Feigling. Ich weiß es gar nicht. Am Leben zu hängen, kann doch
nicht feige genannt werden. Es für zu wenig zu verschwenden, sicher auch nicht.
Es
war noch einmal ein warmer heller Septembernachmittag. Max fuhr in den Norden
der Stadt, um sich das Hotel Monbijou anzusehen. Es gab dafür mehrere praktische Gründe. Vom Bois de
Boulogne war das Hotel leicht in zehn Minuten zu erreichen, und der Besitzer,
Pierre Irgendwas, hatte in der Nacht, als Ellie über ihn gestolpert war, einen
sympathischen, menschlichen Eindruck gemacht. Zudem kannte Max sonst keinen
Hotelbesitzer, vielleicht würde sich das kleine Unglück noch als Fügung erweisen.
An der Rezeption saß ein schon etwas älterer Mann mit
pockennarbigem, sonst blasiertem Gesicht, der ihm vorerst nicht weiterhelfen
konnte. Monsieur Geising sei beschäftigt und wünsche nicht gestört zu werden,
um was es denn gehe?
Das möchte ich mit Monsieur le Directeur persönlich besprechen. Dann
warte ich eben.
Das steht Ihnen frei.
Danke sehr.
Max wartete anderthalb Stunden. Bis Pierre Geising, hochroten
Kopfes, als sei er gerannt, ihm die Ehre erwies.
Ja bitte?
Mein Name ist Max Loewe. Sie werden sich vielleicht nicht an mich
erinnern …?
Das tue ich tatsächlich nicht.
Sie haben mir mal Ihre Karte gegeben, nach einem kleinen Mißgeschick
in der Rue Clovis, das ist schon einige Wochen her …
Nun erinnerte sich Geising. Zugleich schrillten all seine
Alarmglocken. Statt eine Antwort zu geben, vertraute er darauf, daß
interessiertes Schweigen nichts verderben konnte.
Erinnern Sie sich?
Grob. Worum geht es?
Ellie konnte jeden Moment die Treppe herabschreiten. Geising bat den
jungen Mann in sein Büro, bot ihm einen Aperitif an. Max sagte nicht nein.
Und? Geising war zu aufgeregt, um die Situation zu erfassen,
geschweige dennn, probat zu taxieren. Ellies Bruder schneite hier herein, zu
welchem Zweck? Wie hatte er sich genannt? Löwe. Nicht Jakobowski. Merkwürdig.
Sie haben mir freundlicherweise einmal Ihr Kärtchen überreicht.
Darauf stand, Sie seien Hotelier. Nun, darum geht es. Ich brauche ein Zimmer.
Hin und wieder.
Ach ja?
Nicht für mich. Eine hochgestellte Persönlichkeit hat häuslichen
Ärger und möchte ab und an ein Refugium finden. Ich bin, wenn Sie so wollen,
der Sekretär.
Soso?
Jene hochgestellte Persönlichkeit schlägt vor, Ihre Dienste in
Anspruch zu nehmen, ohne daß die Anspruchnahme Ihrer Dienste penibel
protokolliert würde. Verstehen Sie mich?
Voll und ganz. Er will sich nicht ins Gästebuch eintragen. Hören
Sie, Herr –
Loewe. Max Loewe.
Löwe also. Nun, das verstößt gegen polizeiliche Vorschriften, wie
Ihnen bekannt sein dürfte. Und woher soll ich wissen, wer mir da ins Haus
kommt. Und zu welchem Zweck. Denn das wollen Sie offenbar vor mir geheimhalten,
stimmt’s?
Max nickte. Es handle sich, deutete er an, um eine intime
Angelegenheit. Mit Diskretionsbedarf. Er, als Mann, würde sicher Verständnis
aufbringen. Max zwinkerte verschwörerisch. Sein Auftraggeber sei bereit, den
doppelten Preis für das Zimmer zu bezahlen.
Geising überlegte hin und
Weitere Kostenlose Bücher