Nicht mehr tun, was andere wollen
folgen, sowie die Suggestion. Den Wünschen einer anderen Person zu gehorchen, muss nämlich nicht bedeuten, dass man das alles nur spielt– auch wenn der Hypnotisierte in einem gewissen Sinne natürlich » mitspielen« muss. Es ist schwer, genau zu benennen, was mit dem Hypnotisierten geschieht. Man kann es nur erfahren, indem man Leute, die sich in Hypnose befunden haben, nach ihren Erlebnissen befragt. Da gibt es dann solche, die sich ganz im Ernst eingebildet haben, sie könnten fliegen, wenn der Hypnotiseur ihnen das sagte, aber auch solche, die der Ansicht waren, wohl eher aus Gruppenzwang gehandelt zu haben.
Doch selbst diejenigen, die angeben, dass sie » echt überzeugt« waren, berichteten, sie hätten gleichzeitig irgendwo doch noch gewusst, dass sie in Wirklichkeit natürlich nicht fliegen konnten.
Es sieht ganz so aus, als hätten manche Menschen eine so lebhafte Fantasie, dass sie sich für eine Weile in zwei Hälften teilen können: eine bewusste, die durchaus weiß, was eigentlich Sache ist, und eine, die nichts dagegen hat, eine Weile ihrer Fantasie zu folgen und sich auch von ihr überzeugen zu lassen. Eigentlich ist das auch gar nicht wichtig, solange der Hypnotiseur das beabsichtigte Resultat erzielt. Deswegen ist es auch nicht so relevant, welche der beiden Auffassungen über das Wesen der Hypnose letztlich den Streit gewinnen wird. Es reicht, wenn sie funktioniert und das Ergebnis dem entspricht, was Hypnotiseur und Patient angestrebt haben.
Kurz gefasst könnte man sagen, dass Hypnose eine Methode ist, Sie in einen so entspannten und bequemen Zustand zu versetzen, dass Ihre Fantasie freien Spielraum hat, um den Vorschlägen zu folgen, die ich Ihnen gebe. Das gilt sowohl für spektakuläre Taten auf der Bühne als auch für therapeutische Zusammenhänge. Diese Beschreibung erklärt, warum viele der Vorstellungen von Hypnose falsch sind: Sie können nicht in Trance fallen, wenn Sie das nicht wollen, denn Sie und Ihr Vorstellungsvermögen müssen die ganze Arbeit tun. Nicht der Hypnotiseur. Ebenso wenig sagen Sie unter Hypnose automatisch die Wahrheit – wenn Sie es nicht wollen. Oder glauben, dass Sie es tun werden. Unsere falschen Vorstellungen lassen sich übrigens auch prima vom Hypnotiseur ausnutzen. Denn wenn ein Patient glaubt, dass er schon in Hypnose fällt, wenn er dem Hypnotiseur nur in die Augen schaut, wird das auch geschehen, wenn er nur genug Fantasie hat. Und wenn er glaubt, dass er um jeden Preis die Wahrheit sagen wird, dann wird er sich tatsächlich dazu gezwungen fühlen.
Wie Sie vielleicht schon gelesen oder im Fernsehen gesehen haben, gibt es unzählige Fälle, in denen die Leute unter Hypnose Operationen an sich durchführen oder sich die Hände mit Nadeln durchstechen ließen oder steif zwischen zwei Stühlen lagen, während man Betonblöcke auf ihrem Bauch zertrümmerte. Doch in Wirklichkeit ist das alles auch so machbar, ohne Hypnose. Entspannung und eine gesenkte Pulsfrequenz reichen schon, um das Schmerzempfinden deutlich zu senken. Dazu muss man dann nur noch in Betracht ziehen, dass die Patienten eines Hypnosearztes wahrscheinlich schon vorher dachten, dass es funktionieren würde, und obendrein viel Fantasie hatten, so wie beim mentalen Training der Leistungssportler: » Wenn ich daran glaube, dann kann ich es.« Steif wie ein Brett kann mit den richtigen Anweisungen jeder werden, und dazu braucht es kein Pendel oder eine hin- und herschwingende Uhr.
In mehreren Experimenten ist es gelungen, hypnotisierte Personen so weit zu bringen, dass sie gewalttätige oder unmoralische Handlungen begingen, zu denen sie sich sonst nie hergegeben hätten: Sie feuerten eine geladene Waffe auf jemand ab, sie schütteten Säure über den Hypnotiseur, entblößten sich oder stahlen die Lösungen für Prüfungsaufgaben. Doch auch damit ist noch nichts bewiesen. Da die hypnotisierten Testpersonen immer wussten, dass sie an einem Experiment teilnahmen, wussten sie auch, dass jemand anders die Verantwortung für ihre Taten übernahm, was ihnen gestattete, sich böse zu verhalten.
Der Psychologe William Coe meinte einmal in einem Moment der Resignation, wenn man jemanden dazu bringen wolle, eine wirklich unsoziale Handlung zu begehen, müsse man ihn nur überzeugen, dass er an einem Experiment teilnehme.
Die meisten stellen sich unter Hypnose vor, dass sie bewusstlos oder in einen seltsamen, veränderten Bewusstseinszustand versetzt werden, aus dem sie vielleicht nie wieder
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